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piel
zeit¬
was
Jaul
der
telle.
erste,
der
#te
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Trauung eine Generalvollmacht erteilt, etw
Worten: „Was immer du dir zuschulden kon
wirst, mein gutes Kind — es ist dir im vor.
ziehen.“ Ein weiblicher Idealzustand, den vielle
nächste Lustspiel von Hermann Bahr heraufführen hil
Aber die Schüsse des Grafen Mielzynski durcht.
diese papierene Entwicklung auf eine grausame Weise.
Graf ist ein gebildeter Mann und hat als solcher w
auch die moderne Literatur verfolgt. Er hat viel in Ber.
gelebt und somit reichlich Gelegenheit gehabt, die Stück.
des Wieners Hermann Bahr auf dem Theater zu sehen.
Vielleicht hat unter diesen „Der Meister", in dem Bahr
den alltäglichen Fall zum erstenmal mit einer souveränen
Geringschätzung behandelt, sogar einen bleibenden Ein¬
druck auf den schöngeistigen Grafen gemacht. Und
trotz¬
dem? Ja, trotzdem. Der Weg des getäuschten Ehe¬
mannes, als er in jener Schreckensnacht dem Ehedieb
klopfenden Herzens nachschlich, hat ihn vermutlich nicht
durch die Bibliothek geführt, und der Waffenkasten, aus
dem er im Vorbeigehen das Gewehr herauslangte, befand
sich wahrscheinlich in einem anderen Trakt des gräflichen
Schlosses. Und so mag es sich erklären, daß ihn im
gegebenen Augenblicke trotz aller Errungenschaften der
modernen Literatur die Leidenschaft übermannte. Er hätte
sicherlich, bei ruhiger Ueberlegung, sich nicht für berechtigt
gehalten, zu richten, und er hat doch gerichtet. Er hat für
schlimmste Barbarei gehalten, was er getan hat, und er
hat es doch getan. Warum? Wieso? Auf welchem
psychologischen Wege? Ein anderer Wiener Dichter,
Schnitzler, läßt ihn uns in seiner Tragikomödie „Das
weite Land“ zumindest ahnen. Auch der Held dieses
Stückes, der Fabrikant Hofreiter, ist in dem alltäglichen
Falle; auch er verzeiht als ein gebildeter, aufgeklärter,
moderner Mensch, und fordert, zehn Minuten später, den
Liebhaber zum tödlichen Duell. „Man will doch nicht der
Hopf sein,“ sagt er, diesen Widerspruch begründend. Auch
Graf Mielzynski wollte nicht der Hopf sein; darum hat
er, vernünftiger Einsicht zu Trotz, die verfehlto Rechnung
seiner Ehe so rasch und gründlich richtiggestellt.
2, — #7. Raoul, Auernheimer.
Lusschnitt aus:
vom:
21 M Mor Hontags Zoitung
Cheater, Klusin, Kunft und Aiteratur.
Graz, 21. Juni.
(Schnitzler und Sudermann.) Der Wiener
und-Bekliuer Erotiker trafen sich in der Nachsaison
dieser Woche. Jener der größere Dichter, dieser der
stärkere Theatraliker. Schnitzler ist vielmehr Bühnen¬
Novellist als Dramatiker. Ein Meister der Stim¬
mungen, während Sudermann der Meister der Si¬
tuationen. Melancholisch verträumte Wienerluft bei
Schnitzler, nervös erregte Berliner Athmosphäre bei
Sudermann. Beide nicht rein ausgeprägt, Schnitzler
nicht der echte Österreicher, wie Grillparzer oder
Schönherr, Sudermann nicht der echte Norddeutsche
gleich Wildenbruch oder Hauptmann. Ein kosmopoli¬
tischer Zug entfremdet beide dem echten Volksboden,
prägt ihrer Dichtung das Merkmal der Dekadenz
auf. Schnitzlers „Weites Land“ mit seiner Über¬
schätzung englischer-Kuktur und Mode läßt dies ge¬
rade im Schicksalsjahr 1915 besonders stark empfin¬
den. Aber auch aus anderen Gründen war die Wahl
dieser Tragikomödie nicht die glücklichste. Nur die
individuellste Besetzung, wie sie damals die Pre¬
miere des Burgtheaters hatte, könnte alle Feinheiten
der Dichtung herausholen, für die man überdies noch
eigens empfindsame Nerven haben müßte, nicht die
von den Kriegsereignissen aufgewühlten der Gegen¬
wart. Uns war diese Gesellschaft, die sich im „Weiten
Land“ auf der Bühne umhertrieb, herzlich gleich¬
gültig, ihr endloses Herumreden langweilte beinahe.
Wir brauchen jetzt starke Entladungen, wie Sudermann
sie bietet, oder — was noch dankbarer empfunden
wird, Humor.
„Sodoms Ende“ das grelle Sittenstück des Ber¬
liner Tiergarten=Viertels, Sudermanns vielumstrit¬
tener zweiter Theatererfolg, fesselte wieder ein aus¬
verkauftes Haus. Trotzdem Brückner nicht mehr
der Willi Janikow ist, der er — war. Die 25 Jahre
glaubt man ihm nicht mehr, auch nicht das genial
Verbummelte dieses Scheusals. Frau Schürmann
als Adah, eine blendende Erscheinung, müßte noch
mehr blasiierten Esprit, mehr vampyrartige Leiden¬
schaft entwickeln. Fräulein Schütter wirkte über¬
raschend gut, entzückend war Frau Imle als Klär¬
chen, eine Gestalt voll der kindlichsten Unschuld.
Kneidingers alter Janikow, Großmanns
Professor, Labatts Kramer, Fräulein Schweick¬
hardts besorgte kummervolle Mutter, v. Pindos
Beraun, Kainz, Staud als zynischer Literat
und Kritiker vervollständigten bestens das gut zu¬
sammengespielte Ensemble. Die Regie hätte übrigens
bei Janikows Wohnung für einen Schnee=Prospekt
sorgen können.
—30.
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was
Jaul
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Trauung eine Generalvollmacht erteilt, etw
Worten: „Was immer du dir zuschulden kon
wirst, mein gutes Kind — es ist dir im vor.
ziehen.“ Ein weiblicher Idealzustand, den vielle
nächste Lustspiel von Hermann Bahr heraufführen hil
Aber die Schüsse des Grafen Mielzynski durcht.
diese papierene Entwicklung auf eine grausame Weise.
Graf ist ein gebildeter Mann und hat als solcher w
auch die moderne Literatur verfolgt. Er hat viel in Ber.
gelebt und somit reichlich Gelegenheit gehabt, die Stück.
des Wieners Hermann Bahr auf dem Theater zu sehen.
Vielleicht hat unter diesen „Der Meister", in dem Bahr
den alltäglichen Fall zum erstenmal mit einer souveränen
Geringschätzung behandelt, sogar einen bleibenden Ein¬
druck auf den schöngeistigen Grafen gemacht. Und
trotz¬
dem? Ja, trotzdem. Der Weg des getäuschten Ehe¬
mannes, als er in jener Schreckensnacht dem Ehedieb
klopfenden Herzens nachschlich, hat ihn vermutlich nicht
durch die Bibliothek geführt, und der Waffenkasten, aus
dem er im Vorbeigehen das Gewehr herauslangte, befand
sich wahrscheinlich in einem anderen Trakt des gräflichen
Schlosses. Und so mag es sich erklären, daß ihn im
gegebenen Augenblicke trotz aller Errungenschaften der
modernen Literatur die Leidenschaft übermannte. Er hätte
sicherlich, bei ruhiger Ueberlegung, sich nicht für berechtigt
gehalten, zu richten, und er hat doch gerichtet. Er hat für
schlimmste Barbarei gehalten, was er getan hat, und er
hat es doch getan. Warum? Wieso? Auf welchem
psychologischen Wege? Ein anderer Wiener Dichter,
Schnitzler, läßt ihn uns in seiner Tragikomödie „Das
weite Land“ zumindest ahnen. Auch der Held dieses
Stückes, der Fabrikant Hofreiter, ist in dem alltäglichen
Falle; auch er verzeiht als ein gebildeter, aufgeklärter,
moderner Mensch, und fordert, zehn Minuten später, den
Liebhaber zum tödlichen Duell. „Man will doch nicht der
Hopf sein,“ sagt er, diesen Widerspruch begründend. Auch
Graf Mielzynski wollte nicht der Hopf sein; darum hat
er, vernünftiger Einsicht zu Trotz, die verfehlto Rechnung
seiner Ehe so rasch und gründlich richtiggestellt.
2, — #7. Raoul, Auernheimer.
Lusschnitt aus:
vom:
21 M Mor Hontags Zoitung
Cheater, Klusin, Kunft und Aiteratur.
Graz, 21. Juni.
(Schnitzler und Sudermann.) Der Wiener
und-Bekliuer Erotiker trafen sich in der Nachsaison
dieser Woche. Jener der größere Dichter, dieser der
stärkere Theatraliker. Schnitzler ist vielmehr Bühnen¬
Novellist als Dramatiker. Ein Meister der Stim¬
mungen, während Sudermann der Meister der Si¬
tuationen. Melancholisch verträumte Wienerluft bei
Schnitzler, nervös erregte Berliner Athmosphäre bei
Sudermann. Beide nicht rein ausgeprägt, Schnitzler
nicht der echte Österreicher, wie Grillparzer oder
Schönherr, Sudermann nicht der echte Norddeutsche
gleich Wildenbruch oder Hauptmann. Ein kosmopoli¬
tischer Zug entfremdet beide dem echten Volksboden,
prägt ihrer Dichtung das Merkmal der Dekadenz
auf. Schnitzlers „Weites Land“ mit seiner Über¬
schätzung englischer-Kuktur und Mode läßt dies ge¬
rade im Schicksalsjahr 1915 besonders stark empfin¬
den. Aber auch aus anderen Gründen war die Wahl
dieser Tragikomödie nicht die glücklichste. Nur die
individuellste Besetzung, wie sie damals die Pre¬
miere des Burgtheaters hatte, könnte alle Feinheiten
der Dichtung herausholen, für die man überdies noch
eigens empfindsame Nerven haben müßte, nicht die
von den Kriegsereignissen aufgewühlten der Gegen¬
wart. Uns war diese Gesellschaft, die sich im „Weiten
Land“ auf der Bühne umhertrieb, herzlich gleich¬
gültig, ihr endloses Herumreden langweilte beinahe.
Wir brauchen jetzt starke Entladungen, wie Sudermann
sie bietet, oder — was noch dankbarer empfunden
wird, Humor.
„Sodoms Ende“ das grelle Sittenstück des Ber¬
liner Tiergarten=Viertels, Sudermanns vielumstrit¬
tener zweiter Theatererfolg, fesselte wieder ein aus¬
verkauftes Haus. Trotzdem Brückner nicht mehr
der Willi Janikow ist, der er — war. Die 25 Jahre
glaubt man ihm nicht mehr, auch nicht das genial
Verbummelte dieses Scheusals. Frau Schürmann
als Adah, eine blendende Erscheinung, müßte noch
mehr blasiierten Esprit, mehr vampyrartige Leiden¬
schaft entwickeln. Fräulein Schütter wirkte über¬
raschend gut, entzückend war Frau Imle als Klär¬
chen, eine Gestalt voll der kindlichsten Unschuld.
Kneidingers alter Janikow, Großmanns
Professor, Labatts Kramer, Fräulein Schweick¬
hardts besorgte kummervolle Mutter, v. Pindos
Beraun, Kainz, Staud als zynischer Literat
und Kritiker vervollständigten bestens das gut zu¬
sammengespielte Ensemble. Die Regie hätte übrigens
bei Janikows Wohnung für einen Schnee=Prospekt
sorgen können.
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