II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 819

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24. Das „Lite Land
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auf eine minder umständliche Weise und mit Hintansetzung
die dichterisch wertvollste des im Grunde rohen Stückes. Es, eilt herbei und
aller in solchen Fällen üblichen, überhaupt aller Formen.
ist geschehen, und Szuvorin trägt der Gefallenen, der in
weil ihm nichts
Im übrigen benimmt sich Boris Bjerossow ungefähr ebenso
seine Arme Gefallenen, seine Hand an. Aber Zina weist ihn
Füßen hat sien
wie der Wiener Fabrikant Hofreiter und wie sich jeder der¬
mit Entsetzen zurück: Boris verlassen? Mit einem anderen
Boris selbstherrli
artige Mann in derartiger Lage zu benehmen pflegt. Er ist
Manne leben? Sie hann es sich nicht einmal vorstellen.
Mein Recht hat
rasend vor Eifersucht, da er, im vierten Akt, aus dem Munde
Denn sie liebt Boris noch immer, trotz alledem.
„ „Auch
volles Verständn
Zinas und in Gegenwart Szuvorins erfährt, daß er „es“ ist.
gestern, als ich bei=Ihnen war, war ich nur bei ihm.“
Und,
er noch hinzu, wo
Vergebens sagt ihm der herveigerufene Freund, Larissas noch
den Gedanken des Zusammenlebens ablehnend:
„Ich
mein starker, i
immer ahnungsloser Gatte, daß er selbst schuld ist, vergebens
würde Sie hassen, weil Sie nicht — er sind!" Boris
Schluß entschied
sagt er sich das selber. „Das bleibt sich gleich! Das bleibt
nimmt dieses ihm verhängte Schicksal mit ebensoviel Demut
aufführung und
sich ganz gleich!“ argumentiert er, in einem nicht eben vor¬
hin, als der andere sich mit Brutalität gegen das seine auf¬
sittlichen Skrupe
bildlichen Deutsch, mit der Brutautät der Leidenschaft: „Ich
lehnt. Es ist ein Brackenburg=Schicksal, das Schicksal eines
zeugendes, weil
bin, wie die Natur mich geschaffen, wie die Gesellschaft mich
Brackenburg, der erhört wird.
Uebrigens wird
erzogen hat. Ein Kind unserer Zeit, ohne Glauben an irgend¬
Eine feinere Szene ist ferner der Auftritt zwischen
batschews Schauf
etwas und dauernd nach neuen Genüssen verlangend.
Nikolaj, dem betrogenen Gatten Larissas, und Bjerossow.
ganze romantisch
und da ihm der Freund, der ein Philosoph ist, sanfte Vor¬
Nikolaj hat einen anonymen Brief bekommen, in dem er auf
sitteterer Form,
stellungen macht, daß er doch auch manchmal . ., brüllt er,
das stadtbekannte Verhältnis seiner Frau mit seinem
Freilich, Werthe
ohne ihn ausreden zu lassen: „Das ist etwas anderes. Was
Freunde Boris aufmerksam gemacht wird. Der gute Nikolaj
vention und Leid
einem anderen gehört, kann ich mir nehmen, das ist doch nur
kann und will es trotzdem nicht glauben. Zwei so hoch¬
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kein Werther is
natürlich. Aber mein Eigentum soll man respektieren!“
stehende Menschen!.. sagt er. Dennoch quält ihn die
und mag zeitgen
Wenige Minuten später schießt er denn auch denjenigen, der
Eifersucht und er stellt Boris mit sanften Worten zur Rede,
Unter dem G
sich an seinem „Eigenkam“ vergriffen hat, einfach nieder,
der entrüstet tut und bereitwillig sein Ehrenwort gibt. Aber
Artzibatschews D
ohne Duell, ohne Herausforderung, nach dem Gesetz der un¬
indem er lügt, salviert er sich gleichzeitig in der Richtung zur
zähmten Menschen.“ Das ist russisch.
Stimmungskomp
Wahrheit. Es ist nicht wahr, natürlich, aber schließlich,
den Crotik inner
Russisch ist auch die Figur des jungen Offiziers. Im
wenn es wahr wäre? Ich begreife nicht, warum du das eine
Hälfte, und in
zweiten Akt, während der Arzt seine zynische Theorie
solch fürchterliche Schlechtigkeit nennst. Es wäre doch keine
werdenden Schwi
entwickelt, hat er schweigend zugehört, ohne ein einziges Wort
Todsünde und auch nicht naturwidrig.“ Und er nimmt wieder
und der nachfolge
zur Unterhaltung beizutragen. Und erst später, da ihn Zina
die Gelegenheit wahr, um sein immer bereites Evangelium
Schulbaura
zur Rede stellt und seine briefliche Werbung mild zurückweist,
der Leidenschaft zu verkünden. „Die Leidenschaft ist da, sie
heraus und sorgt
sagt er, zu seiner Entschuldigung: „Ich liebe Sie; liebe
regt sich, sie verlangt ihr Recht; entgegen allen Gesetzen,
für ein hinreißen
Sie, seitdem Sie ein kleines Mädchen waren. Sie waren das
die zu ihrer Ausrottung bestimmt sind. Ja, die Leidenschaft
des Hauptdarstell
erste Weib, das eine lantere Leidenschaft in mir geweckt hat.
selbst ist das einzige Gesetz des Menschen, der zum Handeln
glücklichste unt
Seitdem lebe ich nur für Sie, ausschließlich für Sie. Es gibt
bestimmt ist, der Taten vollbringen soll — des Mannes. Sie
diesem Punkte v
auch solche Männer . . .“ Dann, im, vierten Akt, nächdem
ist der Quell seines Kraftrausches, seines Willens.
mehr, als der gu
sich in der Zwischenzeit sein Liebesschicksal auf eine über¬ So denkt im Grunde auch Zina, wenn sie in der letzten Szene
geleugnet werden,
raschende Weise erfüllt hat, hat er eine zweite Szene mit Zina, zu ihrem Mann zurückkehrt. Sie bat den Schuß gehört, sie=L und vierten Akt¬