W
t
24. basLand
box 29/6
16
andres gewesen wäre, hätte er sich nicht zu erschießen
brauchen. Außer (lauernd) es ist doch mehr gewesen —
und Du hast ihn
— in Gnaden entlassen.
Und der Herr Hofreiter, der bei dem Begräbnis seines
Freundes Korsakow sehr ergriffen war (was durchaus
zu dem Charakter dieses brutalen Augenblicksmenschen
paßt, was jedoch abermals vom Wege der Erkenntnis
abführt), bekommt die Antwort: Korsakow hat an Genia
einen Abschiedsbrief geschrieben: Er sehe ein, daß sie
recht tue, wenn sie ihrem Gatten die Treue halte; er
könne aber nicht ohne sie leben, darum mache er seinem
Leben ein Ende. Ganz beiläufig erfahren wir, daß
Hofreiter seine Frau und Korsakow am Abend vorher,
als sie in einer Allee auf= und abgingen, beobachtet hat.
Durch alle diese zarten Andeutungen kommen wir sicher
nicht weiter als Doktor Mauer, nämlich höchstens zu
der „Aberzeugung, daß Korsakow von der Vorsehung
bestimmt war, gleichsam als Opfer zu fallen“, als Opfer
für Genia Hofreiter und ihr Glück; denn der Tod des
Korsakow wird Hofreiter die Augen geöffnet haben über
die Gefahren, die seinem Eheleben aus seinen Liebeleien
erwachsen können, und er wird vielleicht reumütig zu
seiner Gattin zurückkehren. Vielleicht.
Hofreiter muß sich noch über mancherlei klar werden;
er will deshalb verreisen, in die Dolomiten, mit seinem
Freunde Doktor Mauer, und voraussichtlich werden wir
noch andern alten Bekannten auf dieser Reise begegnen.
Genia begreift nicht recht, wo noch eine Anklarheit stecken
sollte
aber man geht oftmals eine Straße ent¬
lang, ahnungslos, und plötzlich biegt man um eine Ecke
Friedrich Hofreiter versteht schon Anklarheiten
zu schaffen und dann im Trüben zu fischen.
17
Friedrich. Aber ich hab halt den Eindruck, als wenn
Du den Selbstmord von Korsakow gegen mich irgendwie
ausspieltest ... Innerlich natürlich ... Und das
das macht mich halt ... ein bissel nervös..
Genia. Friedrich! Ja, bist Du denn ...
Ich spiele den
Selbstmord ... Nein
— ist es möglich! ... Das!..
Friedrich. Ich sag ja schon, Du kannst nichts dafür.
Du meinst es nicht so. Du bist gewiß nicht stolz darauf,
daß er Deinetwegen ... daß Du ihn sozusagen in den
Tod — Du bildest Dir gewiß nichts ein, auf Deine
Standhaftigkeit, das weiß ich ja alles ...
Genia. Nun also, wenn Du das weißt ..
Friedrich. Ja, aber daß es überhaupt geschehen ist ...
Genia. Was, was?
Friedrich. Daß er sich hat umbringen müssen ... das
ist das Furchtbare ... darüber kann ich nicht weg.
Genia. Was ... das . .. (Greift sich an den Kopf.)
Friedrich. Na ja, bedenk' doch nur, man kann's drehn
und wenden, wie man's will...: Daß der arme
Korsakow jetzt unter der Erde liegt und verwest ...
die Arsache davon bist ja doch Dul ... Natürlich ...
unschuldig — in doppeltem Sinn. — Ein andrer als
ich würde vielleicht vor Dir auf den Knien liegen, Dich
anbeten — wie eine Heilige — gerade deswegen! ...
Ich bin halt nicht so... Mir bist Du gerade da¬
durch . . . gleichsam fremder geworden.
Genia. Friedrich!! ... Fremder . .. Friedrich! —
Friedrich. Ja, wenn er Dir zuwider gewesen wäre
ja, dann, dann wär es die natürlichste Sache von der
Welt. Aber nein, ich weiß ja, er hat Dir sogar sehr
gut gefallen... Man kann schon sagen, Du warst ein
bissel verliebt in ihn. Oder — wenn ich's... um
Dich verdient hätte... wenn Du mir gegenüber zu der
sogenannten Treue verpflichtet gewesen wärst ... Aber
ich hab doch wirklich kein Recht gehabt ... na.
davon müssen wir doch nicht erst reden. — Also ich
frag mich halt immer und immer wieder: Warum hat
er sterben müssen?
t
24. basLand
box 29/6
16
andres gewesen wäre, hätte er sich nicht zu erschießen
brauchen. Außer (lauernd) es ist doch mehr gewesen —
und Du hast ihn
— in Gnaden entlassen.
Und der Herr Hofreiter, der bei dem Begräbnis seines
Freundes Korsakow sehr ergriffen war (was durchaus
zu dem Charakter dieses brutalen Augenblicksmenschen
paßt, was jedoch abermals vom Wege der Erkenntnis
abführt), bekommt die Antwort: Korsakow hat an Genia
einen Abschiedsbrief geschrieben: Er sehe ein, daß sie
recht tue, wenn sie ihrem Gatten die Treue halte; er
könne aber nicht ohne sie leben, darum mache er seinem
Leben ein Ende. Ganz beiläufig erfahren wir, daß
Hofreiter seine Frau und Korsakow am Abend vorher,
als sie in einer Allee auf= und abgingen, beobachtet hat.
Durch alle diese zarten Andeutungen kommen wir sicher
nicht weiter als Doktor Mauer, nämlich höchstens zu
der „Aberzeugung, daß Korsakow von der Vorsehung
bestimmt war, gleichsam als Opfer zu fallen“, als Opfer
für Genia Hofreiter und ihr Glück; denn der Tod des
Korsakow wird Hofreiter die Augen geöffnet haben über
die Gefahren, die seinem Eheleben aus seinen Liebeleien
erwachsen können, und er wird vielleicht reumütig zu
seiner Gattin zurückkehren. Vielleicht.
Hofreiter muß sich noch über mancherlei klar werden;
er will deshalb verreisen, in die Dolomiten, mit seinem
Freunde Doktor Mauer, und voraussichtlich werden wir
noch andern alten Bekannten auf dieser Reise begegnen.
Genia begreift nicht recht, wo noch eine Anklarheit stecken
sollte
aber man geht oftmals eine Straße ent¬
lang, ahnungslos, und plötzlich biegt man um eine Ecke
Friedrich Hofreiter versteht schon Anklarheiten
zu schaffen und dann im Trüben zu fischen.
17
Friedrich. Aber ich hab halt den Eindruck, als wenn
Du den Selbstmord von Korsakow gegen mich irgendwie
ausspieltest ... Innerlich natürlich ... Und das
das macht mich halt ... ein bissel nervös..
Genia. Friedrich! Ja, bist Du denn ...
Ich spiele den
Selbstmord ... Nein
— ist es möglich! ... Das!..
Friedrich. Ich sag ja schon, Du kannst nichts dafür.
Du meinst es nicht so. Du bist gewiß nicht stolz darauf,
daß er Deinetwegen ... daß Du ihn sozusagen in den
Tod — Du bildest Dir gewiß nichts ein, auf Deine
Standhaftigkeit, das weiß ich ja alles ...
Genia. Nun also, wenn Du das weißt ..
Friedrich. Ja, aber daß es überhaupt geschehen ist ...
Genia. Was, was?
Friedrich. Daß er sich hat umbringen müssen ... das
ist das Furchtbare ... darüber kann ich nicht weg.
Genia. Was ... das . .. (Greift sich an den Kopf.)
Friedrich. Na ja, bedenk' doch nur, man kann's drehn
und wenden, wie man's will...: Daß der arme
Korsakow jetzt unter der Erde liegt und verwest ...
die Arsache davon bist ja doch Dul ... Natürlich ...
unschuldig — in doppeltem Sinn. — Ein andrer als
ich würde vielleicht vor Dir auf den Knien liegen, Dich
anbeten — wie eine Heilige — gerade deswegen! ...
Ich bin halt nicht so... Mir bist Du gerade da¬
durch . . . gleichsam fremder geworden.
Genia. Friedrich!! ... Fremder . .. Friedrich! —
Friedrich. Ja, wenn er Dir zuwider gewesen wäre
ja, dann, dann wär es die natürlichste Sache von der
Welt. Aber nein, ich weiß ja, er hat Dir sogar sehr
gut gefallen... Man kann schon sagen, Du warst ein
bissel verliebt in ihn. Oder — wenn ich's... um
Dich verdient hätte... wenn Du mir gegenüber zu der
sogenannten Treue verpflichtet gewesen wärst ... Aber
ich hab doch wirklich kein Recht gehabt ... na.
davon müssen wir doch nicht erst reden. — Also ich
frag mich halt immer und immer wieder: Warum hat
er sterben müssen?