II, Theaterstücke 23, Der Schleier der Pierrette, Seite 17

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Wien, I., Concordiaplatz 4.
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in Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
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burg, Toronto.
(Gselieangete chse Gewähr.
Ausschnitt aus:
vom
2

Der Schleier der Pierrette.
Pantomime von Artur Scchnitzter M#sik von
Ernst v. Dohnänyi. Uraufführung im Kgl.
Opernhaus zu Dresden.
R. Aus Dresden, 23. Jan., schreibt man
uns: Des Dichters und des Komponisten Namen
bürgte für einen Erfolg und hatte für ein ausver¬
kauftes Haus gesorgt. Der Beifall war stürmisch
Wohl 15mal hob und senkte sich am Schlusse der
Vorhang. Der Komponist, die Darsteller und
Jeneralmusikdirektor v. Schuch mußten sich immer
vieder dem Publikum zeigen. Wir halten die Musik
ür eine starke Talentprobe.
Ein selbständiges
Neisterwerk wollte uns schließlich der Komponist
jar nicht geben.
Die Handlung, der Motive des Trauerspiels
„Der Schleier der Beatrice", das der Dichter vor
Jahren verfaßte, zugrunde liegen, ist
Vielleicht ist
ließend und packend.
das Grausigste, was in der kgl. Hofopei
je zur Darstellung gekommen ist. Immer klingt aber
im tiefsten Schmerze das Lied der Sühne und Ver¬
geltung und führt über das Häßliche und Schaurige
zu dem ästhetischen Genuß des Tragischen. Eine
Ballade ohne Worte, vertont, in der der Dichter den
Grundton anschlägt und der Tonpoet die Stim¬
mung aufnimmt und seiner Empfindung zu einer
Schwingungsweite verhilft, in der sie sich ausleben
kann. Er nimmt den Gedanken auf und gibt ihm
erst sein Leben. Handlung und Ton fließen in¬
einander, ein Verschmolzensein, in dem der Gedanke
an Intensität gewinnt und nachdrücklich zu uns
spricht. Darin liegt der Reiz, das Geheimnts dieses
großen Erfolges. Der Tonpoet hat seinen Dichter
gefunden.
box 27/5

Die Musik hat Geist und Gefühlswert, sie ist
schmiegsam, graziös, voller Leidenschaft, um dann
wieder in tiefe Wehmut zu versinken. Sie durch¬
sättigt die Handlung mit feinen Stimmungswerten
und mit geistvollen Details. Der erfahrene Tech¬
Es
niker zeigt Erfindungsgabe und Farbensinn.
kommt zu prächtigen Klangwirkungen. Klare
melodische Linien bauen die Gegensätze auf. Die
Regie setzte die szenischen Ereignisse in eine Summe
feiner Stimmungswerte um.
Das Orchester unter v. Schuchs Leitung schwelgte
in edlem Wohlklang. Der Wechsel und die Gegen¬
sätze von den allerfeinsten dynamischen und rhyth¬
mischen Schattierungen, das tiefe Erfassen aller
Nüancierungen und dann wieder die intuitive Art
riß fort. Der geniale Dirigent hatte einen Sonder¬
erfolg und wurde stürmisch gerufen.
Man hatte mit großer Sorgfalt das Werk ein¬
studiert. Die Darsteller, vor allem Frl. Tervani
als Pierrette und Herr Soot als Pierrot, fanden sich
überraschend gut in den Stil der Pantomime. Nach
der vorzüglichen Wiedergabe des Werkes zweifle ich
nicht, daß das Werk sich längere Zeit im Spielplan
der deutschen Bühnen halten wird.