II, Theaterstücke 23, Der Schleier der Pierrette, Seite 54

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(Quellenangabe ohne Gewähr)
Ausschnitt aus:
TIN
vom
E10r.
Bühne und Welt.
670
Im Königlichen Opernhause hatte die
Dohnaupis Musik zu diesen aufregenden
Pantomime „Der Schleier der Pierrette“
Szenen muß als hochbedeutend bezeichnet werden.
von Authur Schnf
Der. Musik von Ernst
und wenn sich auch mäannigfache Anklänge an
von DehUraufführung
Wagner („Malküre“), Richard Strauß und
glänzenden Erfolg. Das Werk stellt ohne
andere moderne Komponisten finden, so weist
Zweifel eine sehr wertvolle Bereicherung einer
Dohnanpis Tonsprache doch Leidenschaft und
Kunstgattung dar, die seii André Wormsers
echte Empfindung auf, und die Sicherheit, mit
reizendem „Enfant prodignee brach gelegen
der es ihm gelingt, die Sitnation musikalisch zu
hat. Daß die menschliche Gebärdensprache in
untermalen, zeigt überall die Hand des Meisters.
hohem Grade geeignet ist, feelische Vorgänge
Die Art, wie er seine Themen, dem jeweiligen
auch ohne das gesprochene Wort zu überzen¬
pfechischen Vorgange folgend, umgestaltet, karikiert
gendem Ausdrucke zu bringen, zeigt auch „Der
und ins Bizarre umkehrt, muß schlechterdings
Schleier der Pierrette“ zur Evidenz, besonders,
vollendet genannt werden. Um Höhepunkte
wenn eine so außerordentlich charakteristische
hervorzubeben, möchte ich vor allem den reizenden,
und eindringliche Musik wie die Ernst von Dohnä¬
graziösen Canz der beiden Liebespaare im An¬
nvis das Darzustellende nicht nur illnstriert,
fang, dann die von Wärme und Glut über¬
sondern mit der nur der Conkunst eigenen
quellende Liebes= und Abschiedsszene im ersten
Fähigkeit, Gefühlsleben zu schildern, plastisch zu
Bild, den elektrisierenden Walzer und das aller¬
gestalten hilft.
liebste Mennett der Hochzeitsgäste anführen.
Schnitzler hat den Stoff seinem Schauspiel
Alles in allrn können wir Dohnanpi, dessen In¬
„Der Schleier der Beatriee“ entnommen, die
strumentierungskunst bewundernswert ist, als
Handlung aber aus der Nenaissancezeit nach
hervorragenden Bahnenkomponisten begrüßen
on=Wien verlegt. Die Pantomime gliedert sich
und noch Großes von ihm erwarten.
in drei dramatisch bewegte, durch starke Kon¬
Die musikalische Aufführung unter Schuch
traste wirkende Bilder, deren erstes Pierrots
war über jedes Lob erhaben. Die königliche
Zimmer darstellt Dieser ist in heftiger Ge¬
Kapelle spielte hinreißend schön. Fäulein
mütsbewegung darüber, daß die von ihm ge¬
Tervani, durch ihre Carmen, Dalila usw. schon
liebte Pierrette einem andern angetrant werden
als rassige Darstellerin bekannt, gab die Pierrette
soll. Zwei befreundete Liebespaare suchen
ganz ausgezeichnet. Nicht minder vorzüglich
Pierrot durch Canz und Scherz auf andere Ge¬
waren die Herren Soot (Pierrot) und Trede
danken zu bringen. Vergebens. Endlich er
(Arlekino), und auch die kleinen Rollen waren
scheint Pierrette selbst in Brantkranz und Schleier.
mit den Herren Nebuschka, Dietze, Kröller
Sie will mit dem Geliebten vereint durch Gift
und den Damen von Chavanne, Heß und
sterben. Doch zuvor feiern sie unter leidenschaft¬
Laditz gut besetzt. Ballettmeister Berger
Ichen Umarmungen ein Abschiedsfest. Dann
hatte die Pantomime ausgezeichnet einstudiert
segen beide die Gläser an die Lippen und sehen
und mit vielem Geschmack in Szene gesetzt,
#ander lange in die Augen. Dierrot leert
Professor Lôon Fanto entzückende Kostüme
den Giftbecher, Pierrette fehlt im letzten Mlo¬
komponiert. So wirkten alle Faktoren zusammen,
ment der Mut. Entsetzt stürzt sie aus dem
um eine Aufführung ersten Ranges zustande zu
Zimmer des Toten, ihren Schleier zurück¬
bringen.
Jassend.
Die Musik leitet ohne Pause über zu einem
Aeld heiteren Lebensgenusses. Eine bunte Hoch¬
zeitsgesellschaft bewegt sich in einem hell er¬
leuchteten Festsaale. Die Jugend tanzt nach
den Klängen eines feurigen Wiener Walzers,
Telephon 12.691.
die Alten sehen vergnügt zu. Nur Arlekmno,
Dierrettens Bröwigam, zeigt Anruhe und Auf¬
regung. Umsonst suchen Pierrettens Eltern
UBÖERVER
ihn über das Ausbleiben der Braut zu bein¬
higen. Rasend vor Eifersucht und Wut zer¬
I. Saterr. behördl. konz. Unternehmen Tür Zeitungs-Ausschalfte
trümmert Arlekino Tische und Stühle und sogar
Wien, I., Concordiaplatz 4.
die Instrumente der Musikanten, da endlich er¬
Vertretungen
scheint Pierrette, zerstört und ohne Schleier.
Während sie mit ihrem Bräntigam tanzt, er¬
In Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania.
scheint ihr Dierrots Geist dreimal, zuletzt mit
Oenf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolts,
dem Schleier winkend. Pierrette eilt der Er¬
New-Vork, Paris. Rom, Sar Francisco, Stockholm. St. Petere¬
scheinung nach, Arlekino folgt ihr bis in Pierrots
burg, Toronto.
Zimmer. Dort ist der Schleier, dort erblickt
Quelleab. Cmn.
Arleimno den toten Nebenbuhler, die Situation
Ausschnitt aus
ist ihm klur: er ist betrogen. Arlekino kommt
120
auf die teuflische Idee, den Leichnam auf das
Sofa neben dem Tisch zu schleifen und Pierrette
vom:
W ·6 1 s91
zu zwingen, dort mit ihm zu trinken. Diese
stößt ihn mit Abscheu zurück, Arlekino verläßt
Theater, Kunz und Musik.
sie und schließt sie mit dem toten Dierrot ein.
Pierrette fällt vor Grauen in Wahnsinn. Sie
1— Die mit großem Interesse erwartete Urauf¬
beginnt die Leiche zu umtanzen, tanzt immer
führung der Pantemime „Der Schleier der
schneller und so lange, Lis sie entfeelt zu Pierrots
Pierette“, Handlung von Arthur Schnitzler,
Füßen sinkt.
Musik von Ernst v. Dohnanyi,h

Samstag in der Berliner königlichen Hofoper statt¬
gefunden und einen großen Erfolg erzielt. Sowohl
der poetische Inhalt als auch die Musik, wie nicht
minder die glänzende Ausstattung und vorzügliche
Darstellung des Werkes verhalfen demselben zu einer
äußerst lebhaften und warmen Aufnahme. Am Schluß
wurden der Dirigent Ernst v. Schuch und der Kom¬
ponist Dohnanyi immer wieder hervorgerufen.