II, Theaterstücke 23, Der Schleier der Pierrette, Seite 114

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Imsin in Szene gehen.
Prager Uraufführungen. Aus Prag wird uns geschrieben:
Von zwei Kraufführungen auf österreichischem Boden ist zu berichten.
Des Kaisers achtzigstes Wiegenfest hat unser Neues Deutsches
Theater durch die Aufführung zweier Werke gefeiert, die, trotzdem
oder gerade weil sie musikalischen Wert haben, bisher so gut wie
ganz unbeachtet geblieben sind. Und doch verdient der Komponist
der Pantomime „Der Schleier der Pierrette“ Ernst von
Dohnanyi, der gegenwärtig in Berlin an der kgl. Hochschule für
Musik als Professor wirkt, auch als schaffender Musiker ganz ernst
genommen zu werden. Artur Schnitzler hat ihm den Stoff
natischen Steigerungen
st eine
geliefert.
Handlung. Pierrot liept==Pierrette und findet Gegen¬
reiche
liebe bei ihr. Aber das Verhängnis will es, daß Pierrette
Arleguino heiraten muß. Von der Hochzeitstafel stiehlt sie sich zu
Pierrot, um mit ihm noch eine Stunde der Liebe zu verleben und
dann gemeinsam mit ihm den Giftbecher zu leeren. Aber im letzten
Augenblick verläßt sie der Mut, Pierrot allein wird das Opfer seiner
Liebe. Pierrette entflieht und vergißt in der Wohnung des toten
Geliebren ihren Schleier. Beim Hochzeitsfefte hat man indes ihr
Verschwinden bemerkt. Vergebens sucht man sie überall.
während die Gäste zum Tanze antreten, erscheint sie wieder im
Saale, noch ganz verstört durch die Erinnerung an ihr jüngstes Er¬
lebnis. Von schrecklicher Eifersucht erfaßt, verlangt Arlequino zu
wissen wo sie gewesen sei, wo sie ihren Schleier gelassen habe. Der
Gewait sich fügend geht Pierrette mit Arlequino den Schleier suchen.
Ste finden ihn in Pierrots Zimmer. Jetzt wird Arlequino alles
klar. Furchtbar, so schwört er, soll seine Rache an Pierrot werden.
Den aber findet er nur als Leiche. Also Nache an Pierrette! Er
schleppt den toten Pierrot zum Diwan an den Tisch und zwingt
Pierrette, bei ihrem toten Buhlen zu bleiben, und sperrt sie ein.
Pierrette verfällt in Wahnsinn. Aus dieser hier nur ganz gradlinig
gezeichneten Handlung ist zu ersehen, welch wirksamer Stoff dem
Komponisten zur Verfägung stand, und es spricht deutlich für Doh¬
nanyis kompositorische Begabung, daß es ihm gelungen ist, diesem
Stoff so außerordentlich viel charakteristische Musik abzugewinnen.
Den Komponisten kennt man bislang meist nur
als
bedeutenden Pianisten und Schöpfer
von
Kammermustken.
Durch seinen „Schleier der Pierrette“, hat
er sich neuer¬
dings
bemerkenswerter Weise hervorgetan, denn seine
Musik ist flüssig, melodienreich und entbehrt nicht der drama¬
tischen Ausdruckskraft. Der Walzer zwischen dem ersten und zweiten
Bilde der allerdings aus dem Geist der Biedermeierzeit etwas her¬
ausfällt, ist an sich ein Kabinettstück, aber auch sonst ließe sich manche
geschlossene Nummer anführen, die den Musiker Dohnauyi in helles
Licht setzt. Die Aufführung, von Kurt Stern sehr gefällig inszeniert
und von Paul Ottenheimer mit sicherem Stilgefühl dirigiert,
stellte die verwendeten Opernkräfte vor ungewöhnliche Aufgaben.
Da es sich aber zurzeit zufällig trifft, daß unsere ersten Sänger
zugleich auch gute Schauspieier sind, so schlug das Experiment ein, und
Fräulein Nigrini und die Herren Waschmann und Winkelmann
holten sich laute Auerkennung. Den Beschluß des Abends machte Wolf
Ferraris entzückender Einakter „Susannens Geheimnis.“ Golis.
ciani hat nach dem Französischen eine hübsche Geschichte erfunden, die meir
breitem Bebagen eine Eifersuchtsszene vorführt. Der Graf hält
seine ihm jnng angetraute Gattin für untreu. Kein Wunder, denn
in ihrem Boudoir wird seine feine Nase immer vom Duft der Ziga¬
retten gekitzelt die kein anderer als nur ein Nebenbuhler hier ge¬
raucht haben kann. Aber endlich stellt sich heraus, daß die Gattin
selbst die Schwäche des Zigarettenrauchens hat, die sie ängstlich vor
dem gestreugen Herrn und Meister verbirgt. Beschämt bittet der
Graf um Verzeihung und wird nun selbst Raucher. Wolf=Ferraris
Musik, die aus kleinsten musikalischen Motiven alle Szenen in ein¬
heitlicher Geschlossenheit aufbaut, gehört zu dem Liebenswürdigsten
und Anmutigsten, das auf dem Gebiete des musikalischen Lustspiels
in der letzten Zeit bekannt geworden ist.
n so verwunderlicher,
daß dieses Werkchen, das jedem Spielplan zur Zierde gereichen muß,
sonst noch nirgends herumgekommen ist.
Bronislaw Hubermann ist unter die Erfinder gegangen:
er hat sich — just während der Flitterwochen, die
mit seiner
jungen Frau, der reichbegabten Wiener Darstellerin Galafres, per
lebt —
einen pneumatischen Geigenkastenüberzug patt
tieren lassen. Wie die „Leipz. N. Nachr.“ melden, veröffentlicht ##s
englische Patentamt soeben die Patenterteilung als No. 16 996.
Die Erfindung ist ebenso einfach wie einleuchtend: über den Geigen¬
kasten wird eine doppelte Gummihaut gezogen. An der Seite ist
eine entilklappe angebracht; mit ihr
wird Luft zwischen die
„Doppelhaut“ eingepumpt. Das Ventil schließt sich selbsttätig. Die
Luft verleiht dem Überzeug die größte Elastizität und schützt das
kostbare Handgerät des Künstlers gegen Stoß, Druck, Schlag und
konstige Reise= oder Transportunfälle.
Der Rubiusteinpreis und die jüdischen Künstler. Der
Direktor des Petersburger Konservatoriums erhielt vom russischen
Ministerium des Innern die Mitteilung, daß jüdischen Tonsetzern
und Klavierspielern, die sich etwa am 5. internationalen Rubinstein¬
preis beteiligen wollen, der Aufenthalt in Petersburg ver¬
boten werden würde. (Der Wettbewerb um den Rubinsteinpreis,
einen großen Doppelpreis von insgesamt 10000 Mk., der alle fünf
Jahre an je einen Komponisten und einen Pianisten verlieben
wird, kommt diesmal in Pertersburg zum Austrag. Die Bestimmung
der russtschen Behörde birgt eine um so größere Härte in sich,
der Stifter des Preises, der berühmte Klaviervirtnose Anton Ruhjh¬
stein, jüdischer Abkunft war. Red.)
Nachbruck nur mit Quellenangabe gestattet. kennen gelernt hat. Es ist
allerliebster Melodik in seinem
Nie
Melodien haben alle Qualitätz
Keuilleton.
zu werden. Erfreulicherweise ha#
Glenss
7
und Jakobson zwei geschickte Lib
Textbuch bringt eine wirklich an
Prager Brief.
es auch an effektvollen szenische
Wenn es noch des Beweises V'dafür bedurft hätte,
gelt: Lord Halifax hat im Obe
daß wir auf dem besten Wege sind, eine führende
nahme einer Bill durchgesetzt, d
Theaterstadt zu werden, so ist er nunmehr erbracht
chen kompromittiert, verpflichtet,
worden: Man beginnt zu Prager Premieren zu pil¬
er durch einen launigen Zufall
gern, und Wien holt sich von uns seine Operetten¬
der anmutigen Wirtstochter Ba
Novitäten. Das heißt, vorläufig darf man nur in
als Erster die Härte seines G
der Einzahl sprechen: von Nedbals Operette „Die
kommt. Trotzdem er die hübsche
keusche Baibara“ („Cudná Barbora“), deren
ist der Lord von dieser Zwangs
Uraufführung in der verflossenen Woche an derentzückt, und es bedarf erst eine
jüngsten unserer großen Bühnen, dem Wein= der Eisersucht, um ihn mit L#
berger böhmischen Stadttheater, mitzusammenzuführen. Da sich zu
Allen äußeren Zeichen eines ansehnlichen Bühnen¬
partien noch eine Reihe weiterer,
eräignisses vor sich gegangen ist. Es gab ein schon
barer Figuren gesellt und der po
Wochen vorher ausverkauftes, überaus festliches Haus,
auf einem vornehmeren Schwat
am Dirigentenpulte hatte sich der Komponist einge¬
dem Werke wohl überall ein gle
sunden, man sah erwartungsvolle Theatergewaltige
nachhaltiger Erfolg beschieden
und Verleger Wiener und Berliner Kritiker. Also
der Prager Bühne geworden ist
ein richtiges Premierenbild, die richtige Premieren¬
Von den weiteren Ereignissen
stimmung — und schließlich denn auch eine richtige,
saison sei vor allem zweier Nov
sehr laute und ehrliche Premierenbegeisterung. Denn
beiden Landesbühnen fast gleichze
Nedbal hat sich nun auch in seiner Operette „Die
gelangten und die auch Wien i
keusche Barbara“ wieder als der ideenreiche und ge¬
zeit kennen lernen soll. Es sind
schmackvolle Musiker von starter Eigenart erwiesen, als
Ballettpantomime „Der Schl
den man ihn bereits in seinen Balltitpantomimen
rette“ und Wolf=Ferraris e
„Der faule Hans" und „Von Märchen zu MärchenF'isannens Geheimnis“.