II, Theaterstücke 23, Der Schleier der Pierrette, Seite 141

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per ScHeier der ferrette
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Kom:

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Pantomime sind besser zur Geltung zu bringen, oder auch,! Die Musik selbst läßt sofort die
Stadttheater.
um die verblüffend wortgetreue Illustrierung der Vor= Chorwerken des Komponisten bei
„ Der Schleier der Pierrette", Pantomime in
gänge durch das Orchester schärfer hervortreten zu lassen. Gestaltung erkennen. Einschmeichel
Trei Bildern von Ernst v. Dohnänyi. Erstauffüh¬
Jedenfalls überrascht seine Musik zunächst durch ihre ge¬
tigem Gewande sind reichlich übe
ung.
„Die Kunst zu lieben“, komische Oper in
waltige dramatische Schlagkraft, welche man dem Kompo¬
verstreut die als gleichberechtigte
wel Akten von Fritz Volbach. Uraufführung.
nisten nach seinen bisherigen durchweg lyrisch=romantisch
bei geht Volbach den Gelegenheite
Zur Erstaufführung gelangten am Freitag zwei trotz
angelegten Werken nicht hätte zutrauen sollen. Um die ge¬
fertigkeit zu zeigen, nicht aus dem
nancher Aehnlichkeiten inhaltlich wie musikalisch grundver¬
wollte Wirkung zu erreichen, schreckt er vor keinem noch so
in dem Duett und Quartett des e
schiedene Werke zweier Komponisten, die damit zum ersten
gewagten Mittel harmonischer und orchestraler Art zurück.
Ensemble des zweiten Aktes. Auch
Male die Bühne beschreiten: „Der Schleier der Pierrette“
Dazu treten als Kontrastwirkung die köstlichsten Tänze, so
werden musikalisch ganz köstlich i
don Ernst v. Dohnänyi und „Die Kunst zu lieben“ von Fritz
ein wirklich idealer Wiener Walzer und als Verbeugung
aber gibt sich die Musik in den brei
Volbach.
vor der Heimat ein wilder ungarischer Stampfer. Diese
besszeuen. Infolge der feinen Ar
Die Handlung des ersten Stückes stammt von Artur
Vorzüge in Verbindung mit dem melodischen und rhythmi¬
gen melodischen Linien bleibt das
x. der sein Drama „Der Schleier der Beatrice“
schen Reichtum stempeln Dohnänyis Musik trotz handgreif¬
klar und läßt sich infolgedessen leich
#nderung von Ort und Zeit (Wien zu Beginn des
licher Anlehnungen an Wagner zu einer sehr wertvollen.
So haben wir ein textlich wie mu
9. Jahrhunderts) für den Komponisten eigens zurecht¬
Alles weist darauf hin, daß in dem Komponisten ein dra¬
loses, liebenswürdiges Werkchen v#
gestutzt hat. Der auf drei Akte verteitte Inhalt ist grausig
matisches Talent ersten Ranges steckt welches hoffentlich
Rücksicht auf seine der leichten Musi
genug. Ein junger Pierrot sitzt trübselig in seinem Zim¬
recht bald mit einem wirklichen Bühnenwerke vor die Oef¬
tretende Tendenz längere Lebensda
ner und denkt wehmütig an die liebliche Pierrette, welche
fentlichkeit tritt.
Für „die Kunst zu lieben“ besteht
soeben dem finstern Arlechino gezwungen die Hand
ge¬
Von ganz anderem Holze ist Volbachs „Kunst zu
allem darin, daß sich ein passendes
leicht hat. Aber vom Hochzeitsmahl eilt sie zum Geliebten
lieben“ deren Inhalt kurz angeführt sei: Der auf sein
den Abend zu füllen. Auf die Dau
und verbringt mit ihm einige süße Stunden, in deren
Wissen nicht wenig eingebildete Professor Niccolo — die
Gegensätze der nicht einmal äußer
Verlauf sie gemeinschaftlich zu sterben beschließen. Während
Handlung spielt zu Bologna im 17. Jahrhundert — möchte
Werke von Volbach und Dohnányi
Pierrot das Gift hinunterstürzt ist bei Pierrette der Le¬
seine Nichte Giulietta heiraten und hütet sie daher ängstlich
Die Aufführung beider Neuheite
denstrieb stärker. Entsetzt von dem Anblice des Toten, eilt
vor der Zudringlichkeit der Studenten, die ihn überdies
besonderen Schwierigkeiten des „E
sie unter Zurücklassung ihres Brautschleiers davon. In¬
durch ihren Gesang in seinen Arbeiten stören. Der Student
die Worte durch eindrucksvolleres
zwischen ist sie von der Hochzeitsgesellschaft und Arlechino
Lorenzo, der längst den Weg zum Herzen Giuliettas ge¬
ders aber durch gesteigertes Miene
schon vermißt worden. Als sie endlich wiederkehrt, er¬
funden hat, weiß sich Eingang in Niccolos Wohnung zu
den glücklich überwunden. Hier v#
scheint ihr im Festsaale der tote Pierrot dreimal. Dem
verschaffen und besänftigt den Zorn des Professors, indem
[Julius Barré (Pierrot),
zifersüchtigen Bräutigam ist ihre Verstörung nicht entgan¬
er sich den Anschein eines wissensdurstigen Schülers gibt. rette), Konrad v. Zawilows
gen, trotzdem sie sich bemüht, recht harmlos zu erscheinen.
Niccolo führt ihn denn auch sofort in seines Lieblings=[Bedau (Pierrettens Vater) und
Als er schließlich das Fehlen des Schleiers bemerkt zwingt
dichters Ovid „Kunst zu lieben“ mit solcher Gründlichkeit
rettens Mutter), sowie Eugen
er sie, ihn in das Zimmer des Toten zu führen. Hier wird
ein, daß die Praxis hinter der Theorie bald nicht mehr zu¬
noit, Auguste Reibold
ihm der Sachverhalt klar. Aus Rache schließt er Pierrette
rückbleibt. Als er Lorenzo in einer Sommernacht mit Giu¬
kleineren Nebenrollen. Aehnlich
nit der Leiche ein, die er erst in die Ecke des Sofas gesetzt
lietia erwischt hat, muß er schließlich den ob des Lärms
„Kunst zu lieben“ Hier wären ei
hat. Vor Entsetzen wird Pierrette wahnsinnig und tanzt
herbeigeeilten Bürgern und Studenten eingestehen, daß
zu erwähnen der humorvolle Nicco
sich in schrecklicher Raserei zu Tode.
sein Schüler Ovids Lehre nur zu gut begriffen habe und
schow. der listige Lorenzo von R
Zu verwundern ist nur, daß Schnitzler aus diesem In¬
fügt sich in den Verlust seiner Nichte, mit Rücksicht auf die
zende Giulietta von Hermine
galt eine Pantomime und nicht ein Drama gemacht hat.
Wissenschaft, die immer Sieger bleiben muß.
und die wackere Barbara von Ma
Die Handlung, welche im Urbilde, dem „Schleier der Bea¬
Dieser für zwei Akte etwas dürftige Inhalt verarbeitet
Chor sang überraschend gut und wir
trice“, wegen der unklaren Beweggründe der aus Laune
das nicht gerade neue Motiv des von dem jungen Lieb¬
Auffihrungen noch mehr Fühlung
handelnden Personen schon so schwer verständlich ist, würde
haber an der Nase herumgeführten alten Narren mit so
bekonmen. Alfred Fröhlich l
dadurch an Deutlichkeit entschieden gewonnen haben, und
köstlicher Verquickung der Ovid=Episode, daß die humor¬
züglich eingespielten Orchester Be
hamit wäre gleichzeitig das besonders peinigende Gefühl,
volle Handlung sich ganz von selbst ergibt. Da Volbach den
gleicke gilt auch von der Spielleit
stumme Menschen leiden zu sehen, vermieden worden. Viel¬
reizvoll dahinfließenden Tert selbst gedichtet hat, so ist die
lers. Das beifallsfreudige Publik#
leicht hat Dohnányi selbst den Dichter dazu veranlaßt, um Uebereinstimmung des letzteren mit der Musik so glücklich, als sis beide nebst Volbach auf der
die Tönze. welche ja die wichtigsten Bestandteile einer daß das ganze wie aus einem Guß dasteht.
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