II, Theaterstücke 23, Der Schleier der Pierrette, Seite 140

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Der Schleiender Pierrette
zeu der Vogel bringt auch dem Zoologischen Garten gesuktmm
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allen Dingen, den Stimmungsdualismus namentlich des zweiten; Bohnen blieb der Partie des Bombastus nichts schuldig. Werk
und dritten Bildes in künstlerischer Einheit zu fassen. Ihre Archi= und Aufführung wurden mit starkem Beifall entgegengenommen,jd
und zum Schluß wurde der Komponist wiederholt gerufen.
tektur ist entsprechend der Fülle der seelischen Vorgänge, die sie zu
schildern hat, reich, ohne überladen zu wirken. Von besonderer
G. L.
Wirkung ist die lebendige Kontrapunktik. — Die gut abgetönte
Tanzdichtungen von Rita Sacchetto. Im Kaisersdal ##r###
Aufführung brachte das Werk zu einer recht eindringlichen Wir¬
Städtischen Tonhalle entzückte gestern abend die bekannte Künst¬!
kung, wenngleich durch die Besetzung der Rolle der Pierrette durch
lerin durch ihre Tanzdarbietungen. „Psychologische Tau##lchtun¬
eine Dame vom Ballett im Gegensatz zu den übrigen Rollen, die
gen“ kündigte das Programm an; der Ausdruck stammt noch aus
den Kräften der Oper übertragen waren, ein Stildualismus in die
einer Zeit, wo Isidora Duncan und andere die Renaissance der
Darstellung getragen wurde: Martha Esche verkörperte die
Tanzkunst betrieben und in verzeihlichem Uebereifer selbst vor der
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Pierrette und ihren Seelenzustand eben mit den andeutenden
Maßlosigkeit überschwenglicher Sprachausdrücke nicht halt machten,
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darstellerischen Mitteln der Tanzkünstlerin, während die übrigen
um das Neue, Besondere, das sie boten oder zu bieten vorgaben,
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Mitwirkenden, von denen sich vor allen Dingen Konrad v. Zawi¬
dem Publikum recht deutlich klar zu machen. Heute, nachden wir
lowski als Arlechino und Julius Barré als Pierrot besondere
eine große Zahl solcher Reformtanzkünstlerinnen gesehen und erlebe be¬
Verdienste um die Aufführung erwarben, mit dem schwereren Rüst¬
haben, sind wir in der Lage, eine Bilanz zu ziehen. Der Vergle
zeug einer durchbildeten Schauspielkunst an ihre Aufgaben heran¬
der wirklichen Leistungen war nicht schwer; zwar traten Un
traten. Robert Leffler hatte das Werk sehr geschmackvoll und
zählige auf mit dem Vorgeben, noch tiefer in das große Geheimnis
mit feinem Stilgefühl inszeniert, und Alfred Fröhlich verhalf der
der Tanzkunst eingedrungen zu sein als alle anderen vorher, doch
Partitur in geistvoller Ausdeutung auch ihrer verborgensten Werte
mußten sie erkennen, daß das Publikum nach dem ersten Be¬
zu ihrem vollen Recht.
geisterungsrausch anfing, kritisch zu werden. Es nahm die voll¬
kommensten Darbietungen zum Maßstabe des übrigen, und nur
Der Pantomime folgte die Uraufführung der zweiaktigen
wenige, die bei großer Begabung fleißig gearbeitet hatten und
komischen Oper „Die Kunst zu lieben“ von Fritz Volbach.
positives Können besaßen, vermochten ein Interesse wachzurufen.
Das Werkchen basiert auf einem harmlosen, aber immerhin durch
Wirklich gehalten haben sich auf die Dauer nur einzelne, die auch
die künstlerische Behandlung recht lustig wirkenden Einfall. Zu
meist von vornherein an der Spitze der neuen Bewegung standen.
dem berühmten Professor Niccolo von der Universität in Bologna
Ihnen gehört nach wie vor das Herz derer, die in der Tanzkunst als
kommt der Student Lorenzo, angeblich um der Weisheit des Pro¬
höchster Manifestation aller ästhetischen Werte des rhythmisch beweg¬
fessors auf den Grund zu hören, in Wirklichkeit aber, um Giulietta,
ten menschlichen Körpers eine der ursprünglichsten Kunstformen über¬
der schönen Nichte des Professors, nahe zu sein. Während der
haupt erblicken; und so fand sich auch gestern abend eine zahlreiches!
Professor Ovids „Die Kunst zu lieben“ doziert, kommen Lorenzo
Gemeinde zu den Darbietungen von Rita Sacchetto ein. Sie be¬
und Ginlietta aus der Theorie dieses interessanten Themas ganz
darf keiner Uebertreibungen des gewohnten Programmstils, denn
herzhaft in die Praxis hinein, so daß der Professor, der selbst ein
ihre Leistungen sind die besten Grundlagen ihres Ruhmes, die
Auge auf seine Nichte geworfen hat, schließlich mit langer Nase
überzeugenden Verkünderinnen ihrer künstlerischen Berechtigung
abziehen muß. Fritz Volbach hat diese von ihm selbst nach einer
und Vollwertigkeit. Gerade da, wo alles Nebensächliche wegfällt,
Ider des Fiorentino entworfene Handlung in eine adäquate Musik
in den eigentlichen Tänzen, beweist sie ihre ganze entzückende An¬
von harmloser Lustigkeit gestellt, die auf das schwerere Rüstzeug
komplizierten modernen musikalischen Satzes fast vollständig ver= mut, ihre kraftvolle, edle Grazie, ihr rhythmisches und musikalisches
Empfinden aufs glänzendste. Hier ist alles vollrassiges Tempera¬
zichtet. Aber die Musik ist frisch und natürlich, und der melodische
ment, das sich in einem stets noblen Ebenmaß betätigt, das impul¬
Quell sprudelt munter und ungezwungen. Nirgends ist ein Mi߬
sive Energie mit feinster Delikatesse zu vereinigen weiß. Eine ent¬
verhältnis zwischen Handlung und Partitur, und das ist es, was
zückende, anmutige Erscheinung von glücklichsten Proportionen, aus¬
das harmlose Werkchen zu einem wesensechten Kunstwerk stempelt,
drucksvollem, von jeder Uebertreibung freiem Mienenspiel, fesselt
das gewiß seinen Weg über die weltbedeutenden Bretter finden
sie allein schon durch ihren persönlichen Reiz, der mit der Wirkung
wird. — Die Aufführung war allerliebst. Alfred Fröhlich dirigierte
ihrer künstlerischen Produktionen zu einer einheitlichen Wahr¬
auch hier mit Umsicht und Geschmack, und die von Robert Leffler
nehmung verschmilzt. Rita Sacchetto ist in Düsseldorf nicht mehr
gut durchbildete Handlung war in einen überaus geschmackvollen
fremd. Ihr diesmaliges Auftreten brachte einige neue Seiten
szenischen Rahmen gestellt worden. Gustav Waschow gab den
ihrer Kunst. Gleich der Anfang zeigte sie in einer entzückenden
eitlen und dupierten Professor gesanglich und darstellerisch recht
Pantomime, die sie in einem weißen Kostüm aus der Zeit der
wirkungsvoll mit diskreter Komik. Ganz brillant war auch Robert
Kaiserin Eugenie aufs liebenswürdigste zur Ausführung brachte.
Hutt als Lorenzo, den er ebenso hübsch sang und spielte, wie er den
Ein Glanzstück des Abends war die Tarantella, bei der sie
humoristischen Grundton zu treffen wußte. Hermine Fröhlich¬
Förster war eine anmutige und schalkhafte Ginlietta, und Michaell suggestiv zwingende Kraft des Ausdrucks, der Bewegung mit höchster