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d
23. Der Schleier# pierrette
Telephes 12.891.
„ODSERTER
I. Boterr. bebördl. kanz. Unternchmen für Zeitunge-Ansechaltte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Chrtsttt
Oent, Kopenhagen, London, Madrid, Malland, Minneapolts,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petens¬
berg, Toronto.
Ausschaltt
Kölnische Zeftung
B
Theater und Musik.
G Düsseldorf. Im Stadttheater gab es am Freitag eine Urauf¬
führung des musikalischen Lustspiels in zwei Aufzügen Die Kunst zu
lieben von Fritz Volbach. Die vom Komponisten selbst nach einer
Idee des Fiorentino gedichtete Handlung spielt im 17. Jahrhundert
zu Bologna. Professor Niccolo will seine Nichte Giulietta heiraten;
diese aber liebt nicht den Vormund, sondern den jungen Studenten
Lorenzo. Als der Professor, heimkehrend, den Liebhaber zu Hause
überrascht, meldet sich dieser kurz entschlossen als Schüler an, wobei er
es versteht, des Gelehrten Zutrauen durch Schmeichelei zu erwerben.
Niccolo empfiehlt ihm das Studium des Ovid, besonders dessen
Buches: Die Kunst, zu lieben; ein Thema, das Lehrer und Schüler
mit Eifer erörtern. Als aber Lorenzo die Theorie des Ovid in einer
lauen Sommernacht in lauschiger Laube des Gartens mit der kleinen
Giulietta in die Praxis umsetzt und erprobt, müssen gerade singend
vorbeiziehende Studenten den Alten wecken. Er überrascht das
Pärchen und schlägt Alarm; die Bürger, die Studenten eilen herbei
und es entwickelt sich die nicht ganz unbekannte Prügelszene, wobei
Lorenzo einen schweren Stand gegenüber dem wütenden Pedell hat.
Aber seine Behauptung, daß der Professor ihm selbst die Kunst zu
lieben nach Ovid zum Studium empfahl, entwaffnet den Nebenbuhler
und gewinnt ihm die Braut. Eine leichtflüssige, sehr melodiöse Musik
überläßt der gut geführten Gesangsstimme das erste Wort, während
das feinsinnig und humorvoll behandelte Orchester nur die Situationen
und auftretenden Personen charakterisiert. Das Ständchen, der
Studentenchor, Lorenzos „Wenn zarte Zephir' leise“ werden sich bald
volkstümlicher Beliebtheit erfreuen. Die Aufführung war vorzüglich.
Gustav Waschow, Robert Hutt, Hermine Fröhlich=Förster boten in den
Hauptrollen des Niccolo, Lorenzo, der Giulietta Ausgezeichnetes.
Fröhlichs Orchester, der Chor unterstützten und hoben den ausnehmend
guten Gesamteindruck der Premiere. Der Komponist wurde lebhaft
gerufen. Vor diesem Werke gab man noch zum ersten Male für hier
die reizvoll vertonte Pantomime Der Schleier der Piecrette von
Ernst v. Dohnanyi. Die vonSaunerdirtuos an¬
schaulich gestaltete stumme Handlung erführ durch Rovert Leffler eine
plastische, stimmungsvolle Vorführung, an welcher sich J. Barré
(Pierrot), Martha Esche (Pierrette), K. v. Zawilowski (Arlechino),
sowie sämtliche Vertreter der kleinern Rollen mit viel Hingabe und bei
gutem Gelingen der ungewohnten Aufgabe beteiligten. Das Orchester
spielte die scharf charakterisierende, eindrucksvolle Musik sehr schön.
Auch dieses Stück fand eine begeisterte Aufnahme vor fast ausver¬
kauftem Hause.
eet eses a— NNNKA-AAEF.LY —
5
box 27
Telephon 12.801.
„ODSERVER
1. osterr. benerdl. kenz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschaltte
Wien, I., Conoordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christlania,
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolls,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisce, Stockholm, St. Petess¬
burg, Torente.
##
(Uueßenangabe ehse Seude
Ausschnltt augerliner Börsen Zeitung, Berliu
1 1I. 1910 Morgenausgabe
vam:
Die Uraufführung der zweiaktigen Oper
„Die Kunst zu lieben“, Text und Musik von
Volbach, fand vorgestern im Düsseldorfer Stadt¬
theater statt. Es ist das erste dramatische Werk
des bekannten Tonkünstlers, der sich den Text nach
einer Idee des Fiorentino selbst geschrieben hat. Die
Handlung spielt in Bologna um 1550. Der bejahrte
und vor Gelehrtendünkel aufgeblasene Universitäts¬
professor Niccolo will durchaus seine Nichte Ginlietta
heiraten, die jedoch den Studenten Lorenzo liebt.
Bei einem Stelldichein gestört erklärt Lorenzo dem
Niccolo auf die Frage, was er in seinem Hause
zu suchen habe, daß er — wie Almaviva im Bar¬
bier — gekommen sei, um sein Schüler zu werden.
Der geschmeichelte Professor bringt ihm sogleich
Ovids „Kunst zu lieben“ bei, die der Schüler schnell
begreift. In der Nacht darauf bringt er seiner Ge¬
liebten ein Ständchen, wird aber dabei vom Professor
ertappt, der die Nachbarn zur Hülfe herbeiruft,
um den Studenten zu verprügeln. Auf das
„Burschen heraus!“ Lorenzos eilen die Studenten
herbei. Es entsteht eine allgemeine Holzerei,
die durch das Dazwischentreten des Universitäts¬
pedells beendet wird. Lorenzo soll in den
Karzer abgeführt werden, da erklärt er ganz harmlos,
er habe nur die Lehren der ars amandi befolgt, die
Niccolo selbst ihm gegeben, und wiederholt parodierend
dessen Privatissimum unter dem allgemeinen Gelächter
der Nachbaren und Studenten. Da Niccolo weder 2#
sich selber noch den Ovid Lügen strafen mag, so
Das zum Teil in
segnet er den Liebesbund.
Versen, zum Teil in Prosa geschriebene Textbuch
erhebt sich nirgends über die herkömmlichen
Librettophrasen, bei den Studentenliedern würde
sich Scheffel im Grabe umdrehen. Volbachs Musik.
zeigt einen Komponisten von gediegenem musikalischen
Wissen und vollendeter Beherrschung der orchestralen
Technik, zudem hat er Geschmack genug, sich von An¬
lehnungen frei zu halten. Jedoch erdrückt seine kom¬
plizierte polyphone Musik, die den Singstimmen
gegenüber viel zu selbstherrlich auftritt, fast den
harmlos heiteren Stoff, der nach liedartigen Melo¬
dien geradezu schreit. Aber Lieder sind nun einmal
bei den Komponisten nicht mehr modern. Personen
und Situationen sind markant charakterisiert, davon#
hat aber das Publikum weniger als der Fachmusiker,
Waschow, Hutt und Frau Förster in den Hauptrollen
halfen dem Werkchen zu einem hübschen Erfolge; den
anwesende Komponist wurde wiederholt gerufen.
Voran ging der Oper die dreiteilige Pantomime
„Der Schleier der Pierette“ von Artur
Schnitzle#usik von Ernst von Dohnanyi. Pierrot
rerke lieben einander, sie soll aber den reichen
Arlequino heiraten. Sie kommt im Brautschmuck in die
Wohnung des Geliebten, der sich schon verlassen glaubt,
und schlägt ihm vor, durch Gist zu sterben. Während
er das Gift trinkt, schreckt sie im letzten Augenblick
zurück; er stirbt und sie begibt sich wieder ins Eltern¬
haus, wo das Hochzeitsfest noch im Gang ist. Hier¬
will sie sich durch Tanz betäuben, aber immer wieder
ersgkeint ihr der tote Geliebte. Von magischer Ge¬
mlt angezögen folgt sie ihm, ihr nach Arlequino.
Zo kommen sie in Pierrots Wohnung. Hier schließt
sie der betrogene Arlequino ein, die Todesangst
macht sie wahnsinnig und sie endet durch Herzschlag
nach einem rasenden Tanze. Zu dieser Handlung hat der
berühmte Pianist eine phantastische geniale Musik ge¬
schrieben, die man fast als eine sinfonische Dichtung
bezeichnen kann. Vor allem sind packende Rhythmen
und originelle Harmonien zu rühmen; namentlich ist
in dieser Hinsicht eine Schnellpolka auf den von g
d
23. Der Schleier# pierrette
Telephes 12.891.
„ODSERTER
I. Boterr. bebördl. kanz. Unternchmen für Zeitunge-Ansechaltte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Chrtsttt
Oent, Kopenhagen, London, Madrid, Malland, Minneapolts,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petens¬
berg, Toronto.
Ausschaltt
Kölnische Zeftung
B
Theater und Musik.
G Düsseldorf. Im Stadttheater gab es am Freitag eine Urauf¬
führung des musikalischen Lustspiels in zwei Aufzügen Die Kunst zu
lieben von Fritz Volbach. Die vom Komponisten selbst nach einer
Idee des Fiorentino gedichtete Handlung spielt im 17. Jahrhundert
zu Bologna. Professor Niccolo will seine Nichte Giulietta heiraten;
diese aber liebt nicht den Vormund, sondern den jungen Studenten
Lorenzo. Als der Professor, heimkehrend, den Liebhaber zu Hause
überrascht, meldet sich dieser kurz entschlossen als Schüler an, wobei er
es versteht, des Gelehrten Zutrauen durch Schmeichelei zu erwerben.
Niccolo empfiehlt ihm das Studium des Ovid, besonders dessen
Buches: Die Kunst, zu lieben; ein Thema, das Lehrer und Schüler
mit Eifer erörtern. Als aber Lorenzo die Theorie des Ovid in einer
lauen Sommernacht in lauschiger Laube des Gartens mit der kleinen
Giulietta in die Praxis umsetzt und erprobt, müssen gerade singend
vorbeiziehende Studenten den Alten wecken. Er überrascht das
Pärchen und schlägt Alarm; die Bürger, die Studenten eilen herbei
und es entwickelt sich die nicht ganz unbekannte Prügelszene, wobei
Lorenzo einen schweren Stand gegenüber dem wütenden Pedell hat.
Aber seine Behauptung, daß der Professor ihm selbst die Kunst zu
lieben nach Ovid zum Studium empfahl, entwaffnet den Nebenbuhler
und gewinnt ihm die Braut. Eine leichtflüssige, sehr melodiöse Musik
überläßt der gut geführten Gesangsstimme das erste Wort, während
das feinsinnig und humorvoll behandelte Orchester nur die Situationen
und auftretenden Personen charakterisiert. Das Ständchen, der
Studentenchor, Lorenzos „Wenn zarte Zephir' leise“ werden sich bald
volkstümlicher Beliebtheit erfreuen. Die Aufführung war vorzüglich.
Gustav Waschow, Robert Hutt, Hermine Fröhlich=Förster boten in den
Hauptrollen des Niccolo, Lorenzo, der Giulietta Ausgezeichnetes.
Fröhlichs Orchester, der Chor unterstützten und hoben den ausnehmend
guten Gesamteindruck der Premiere. Der Komponist wurde lebhaft
gerufen. Vor diesem Werke gab man noch zum ersten Male für hier
die reizvoll vertonte Pantomime Der Schleier der Piecrette von
Ernst v. Dohnanyi. Die vonSaunerdirtuos an¬
schaulich gestaltete stumme Handlung erführ durch Rovert Leffler eine
plastische, stimmungsvolle Vorführung, an welcher sich J. Barré
(Pierrot), Martha Esche (Pierrette), K. v. Zawilowski (Arlechino),
sowie sämtliche Vertreter der kleinern Rollen mit viel Hingabe und bei
gutem Gelingen der ungewohnten Aufgabe beteiligten. Das Orchester
spielte die scharf charakterisierende, eindrucksvolle Musik sehr schön.
Auch dieses Stück fand eine begeisterte Aufnahme vor fast ausver¬
kauftem Hause.
eet eses a— NNNKA-AAEF.LY —
5
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Telephon 12.801.
„ODSERVER
1. osterr. benerdl. kenz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschaltte
Wien, I., Conoordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christlania,
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolls,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisce, Stockholm, St. Petess¬
burg, Torente.
##
(Uueßenangabe ehse Seude
Ausschnltt augerliner Börsen Zeitung, Berliu
1 1I. 1910 Morgenausgabe
vam:
Die Uraufführung der zweiaktigen Oper
„Die Kunst zu lieben“, Text und Musik von
Volbach, fand vorgestern im Düsseldorfer Stadt¬
theater statt. Es ist das erste dramatische Werk
des bekannten Tonkünstlers, der sich den Text nach
einer Idee des Fiorentino selbst geschrieben hat. Die
Handlung spielt in Bologna um 1550. Der bejahrte
und vor Gelehrtendünkel aufgeblasene Universitäts¬
professor Niccolo will durchaus seine Nichte Ginlietta
heiraten, die jedoch den Studenten Lorenzo liebt.
Bei einem Stelldichein gestört erklärt Lorenzo dem
Niccolo auf die Frage, was er in seinem Hause
zu suchen habe, daß er — wie Almaviva im Bar¬
bier — gekommen sei, um sein Schüler zu werden.
Der geschmeichelte Professor bringt ihm sogleich
Ovids „Kunst zu lieben“ bei, die der Schüler schnell
begreift. In der Nacht darauf bringt er seiner Ge¬
liebten ein Ständchen, wird aber dabei vom Professor
ertappt, der die Nachbarn zur Hülfe herbeiruft,
um den Studenten zu verprügeln. Auf das
„Burschen heraus!“ Lorenzos eilen die Studenten
herbei. Es entsteht eine allgemeine Holzerei,
die durch das Dazwischentreten des Universitäts¬
pedells beendet wird. Lorenzo soll in den
Karzer abgeführt werden, da erklärt er ganz harmlos,
er habe nur die Lehren der ars amandi befolgt, die
Niccolo selbst ihm gegeben, und wiederholt parodierend
dessen Privatissimum unter dem allgemeinen Gelächter
der Nachbaren und Studenten. Da Niccolo weder 2#
sich selber noch den Ovid Lügen strafen mag, so
Das zum Teil in
segnet er den Liebesbund.
Versen, zum Teil in Prosa geschriebene Textbuch
erhebt sich nirgends über die herkömmlichen
Librettophrasen, bei den Studentenliedern würde
sich Scheffel im Grabe umdrehen. Volbachs Musik.
zeigt einen Komponisten von gediegenem musikalischen
Wissen und vollendeter Beherrschung der orchestralen
Technik, zudem hat er Geschmack genug, sich von An¬
lehnungen frei zu halten. Jedoch erdrückt seine kom¬
plizierte polyphone Musik, die den Singstimmen
gegenüber viel zu selbstherrlich auftritt, fast den
harmlos heiteren Stoff, der nach liedartigen Melo¬
dien geradezu schreit. Aber Lieder sind nun einmal
bei den Komponisten nicht mehr modern. Personen
und Situationen sind markant charakterisiert, davon#
hat aber das Publikum weniger als der Fachmusiker,
Waschow, Hutt und Frau Förster in den Hauptrollen
halfen dem Werkchen zu einem hübschen Erfolge; den
anwesende Komponist wurde wiederholt gerufen.
Voran ging der Oper die dreiteilige Pantomime
„Der Schleier der Pierette“ von Artur
Schnitzle#usik von Ernst von Dohnanyi. Pierrot
rerke lieben einander, sie soll aber den reichen
Arlequino heiraten. Sie kommt im Brautschmuck in die
Wohnung des Geliebten, der sich schon verlassen glaubt,
und schlägt ihm vor, durch Gist zu sterben. Während
er das Gift trinkt, schreckt sie im letzten Augenblick
zurück; er stirbt und sie begibt sich wieder ins Eltern¬
haus, wo das Hochzeitsfest noch im Gang ist. Hier¬
will sie sich durch Tanz betäuben, aber immer wieder
ersgkeint ihr der tote Geliebte. Von magischer Ge¬
mlt angezögen folgt sie ihm, ihr nach Arlequino.
Zo kommen sie in Pierrots Wohnung. Hier schließt
sie der betrogene Arlequino ein, die Todesangst
macht sie wahnsinnig und sie endet durch Herzschlag
nach einem rasenden Tanze. Zu dieser Handlung hat der
berühmte Pianist eine phantastische geniale Musik ge¬
schrieben, die man fast als eine sinfonische Dichtung
bezeichnen kann. Vor allem sind packende Rhythmen
und originelle Harmonien zu rühmen; namentlich ist
in dieser Hinsicht eine Schnellpolka auf den von g