II, Theaterstücke 23, Der Schleier der Pierrette, Seite 149

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23. Der Schleiender pierrette
geder Satz em= guter Kern.
bei mehr als 50 vom Hunder..
hen Staats¬
pakter wird, als die Posannen zu ihr treten
man sucht eine Maus?! Nein, man findet
send Franken
und, allerdings ohne besondere Originalität, auf
Pierrot schlafend auf dem Sofa liegen. So
Das war im
den Chorgesang instrumentalen Glanz werfen.
ein Quid pro quo hat wohl jeder erlebt,
aus Italien
Die Regie hatte für ein stimmungsvolles
wenn auch nicht verkannt werden soll, daß
denn seine
morgenländisches Bild gesorgt; im Hintergrunde
die Fabel Schnitzlers nach und nach etwas
er Akademie
lag Jerusalem oder eine andere „hochgebaute
Zwingendes erhält und die Musik Dohnanyis
nicht auf¬
Stadt“. Den Vater Simeon gab v. Ulmann
dem Eindeutigen auf den Grund zu gehen
er Komponist
in guter Charakteristik, nur mit zu erschröcklich
suchte.
husgewachsen,
großer Nase. J. Göllrich war unermüdlich, die
Im Grunde genommen handelt es sich um
sel zu knacken
Feinheiten der Partitur vor den Augen der Zu¬
eine große Schauergeschichte, so „Nr. 17“ oder
ler „Tristan
hörer auszubreiten, das Werkchen erntete in¬
„Der Geist von der Kirchhofmauer“ Pierrette,
segen dürfte.
dessen nur einen Achtungserfolg.
liebt den Pierrot, hat sich aber mit dem reichen
jenseits der
Auch nach dem „Schleier der Pierrette“
Arlechino verlobt und feiert heute Hochzeit.
k Debussys
war er nur wenig größer. Eine Welt trennt
Im Brautschleier stiehlt sie sich vom Festmahle
besonnen —
beide Stücke von einander. Dort als Grund¬
fort und feiert mit Pierrot ein kurzes, aber
der unseren
lage das Bibelbuch, hier ein Text — Artur
sehr unglückliches Wiedersehn, denn er vergiftet
E
3 dem
lers.Dort eine Ideallandschaft, hier ein
sich
sie aber ist nicht stark genug, den
gen. Nuu##
Wohnzimmer in Alt=Wien, die Höhle
Todesbecher zu trinken, und läuft ohne Braut¬
dürfte kaum
eines Pierrots, der im Prater seine Künste
schleier zum Feste zurück. Hier wurde man
das Werk
zeigt. Dort der schwerfüßige Takt andächtiger
ihre Flucht gewahr, der Bräutigam haut alles
einmal ein
Stimmung, hier der flinke, leichtfüßige eines
in Stücke — da erscheint si ohne Schleier,
mehr eine
Wiener Walzers.
aber ihn bringt der Geist Pierrots, der sie
Schlußchor,
Es handelt sich im „Schleier der Pierrette“
ins Todesreich nachholen will. Vor Entsetzen
at und die
um eine lang ausgedehnte Pantomime. Dies ist
zieht sie schließlich Arlechino in das Haus des
n nicht ver¬
und bleibt eine Kunstgattung mit immer nur
Todes, gerät vor der Leiche Pierrots in Wahn¬
über ihr
halber Wirkung, die sich so lange nicht zum
siun und tanzt sich dort zu Tode. Wieder¬
Der Ver¬
Ganzen schließen wird, als ihre Schöpser nicht
kehrende Freunde des Hauses finden zwei
und sinkt
verstehen, die Gedanken ihrer Zuschauer zu uni¬
Leichen vor.
beder. Die
formieren. Das aber ist eine Unmöglich¬
Indem der Antor die Gestalten dieser Hand¬
hmen. Auch
keit. Die Opernliteratur kennt nur zwei
lung in die Kleider der altwiener Pierrot=Volks¬
klobt Jehova
Werke, die die Pantomime ganz in den Dienst
komödie gesteckt hat, motiviert er sie gewisser¬
höchster Kunst stellen. Das eine steht in der
maßen und gibt dem Komponisten immerhin
zu wenig;
„Fledermaus“ von Joh. Strauß und betrifft
Gelegenheit — soweit sich das in den Grenzen
hattendasein;
die stumme Szene des Gefängn direktors im
einer Pierrotkomödie ermöglichen läßt, eine
niel weicher
letzten Akt, das zweite, gewagiere, in den
psychologisch verständliche Musik zu schreiben.
Zelodien er¬
„Meistersingern“ Rich. Wagners: es schildert
Sie erschien als das Produkt eines sehr be¬
doche Verdis
Beckwessers Gefühle in Sachsens Werkstatt.
gabten Musikers, der es wohl wogen konnte,
Etationskunst
Das Verständnis dieser beiden Pantomimen er¬
diesen Pierrot und diese Pierrette musikalisch
#n der Holz¬
leichtern aber die vorangegangenen Ereignisse
nachzubilden, weil ihm glückliche Einfälle und
kmmt in den
und die ihnen zugrunde gelegten musikalischen
die Kunst moderner Orchesterbehandlung zu
kniederfallen,
Motive. Schnitzler und Dohnänyi setzten da¬
Gebote stehen. Ein anmutiger D-dur=Walzer
en Fagotten,
gegen den Zuhörer in eine ihm gänzlich unbe¬
des Anfangs wird im Verlaufe des Werkes in
in den
kannie Welt. Wie das dann immer so ist:
charakteristischer Weise verwertet. Auch andere
Jaudentungs¬
man erwischt vielfach eine andere Deutung der
sestgehaltene Motive erleichtern das Verständnis
Bögen der
Vorgänge und ein paar Augenblicke später muß
und halten das Interesse gespannt. Die Tanz¬
im Duett
man sich korrigieren. So sieht man, wie ein
pantomimen sind wohl die besten Teile des Werkes;
d Sohn —
Pierrot an den Folgen einer unglücklichen Liebe
zu ihnen zählen der große Hochzeitswalzer im
dem eine
leidet. Er zieht einen Kommodenkasten auf, in
Hause Pierrettens (im etwas hart klingenden
t.
Leider
dem allerlei Kleinkram liegt, erwischt ein Band
cedur), die Reigen und Tänze der Brautjungfern,
n(Lia),
(oder einen Strick?), und man glaubt, er wolle
die Galoppade in moll und der Tanz Pierrettens
nicht
sich aufhängen. Schließlich zieht er ein ver¬
selbst, in dem die Melodie zu weinen scheint,
kd markierte
welktes Bukett hervor und drückt es an seine
förmlich aufschluchzt und sich schließlich in einen
des Duetts.
Brust. Aha! von seiner Flamme! Oder eine
Totentanz verwandelt. Auf die Dauer freilich
legte sich
lustige Gesellschaft gerät etwas später in sein
ermüdet die Aufmerksamkeit des Zuhörers. Eine

en Maschen
Zimmer. Sie vernimmt ein unbestimmtes Ge¬
Pantomime von fünsviertelstündiger Dauer ist
chlusse kom= räusch und leuchtet in alle Ecken herum. Ahal1 für die stärksten Zuhörer schließlich zu viel.
Aufgeführt wurde sie unter der Leitung J.
Göllrichs in einer Weise, die den anwesenden
Komponisten wohl befriedigt hat. Margarete
Sedlmayr stimmte ihre Pierrette in einer
höchst vortrefflichen Leistung ganz auf Ton
und Rhythmus der Musik; auch Pierrot wurde
in einer der Pierrotkomödie glaubwürdigen
Weise dargestellt (Alex Ingo=Brandt).
Glücklich erfunden und in altwienerischer Anmut
ausgeführt waren die Tänze, die manchen Zu¬
hörer in das Theater locken dürften. Das Ganze
sand im Hause Iuteresse, doch klang der Schlu߬
beifall etwas zahm; es erscheint aber nicht
ausgeschlossen, daß dieser „Schleier der Pierrette“
trotz seines dünnen Gewebes sich einige Zeit auf
dem Spielplan hält.
M. H.