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23. Der-Schleiender-Pierrette
„ T0fe
(Quellenangabe ohne Gewähr).
Ausschnitt aus:
vom:
Rauigkeits Weltbiatt. Wier
—bare.
Theater, Kunst und Musik.
Wien, 21. September 1911.
K. k. Hofoper.
(Gastspiel Carnsos. — „Der Schleier der Pierrette“, Panto¬
mime in drei Bildern von Artur Schnitzler, Musik von Ernst
v. Dohnanyi. — Erste Aufführuug am 20. September 1911.)
So ist denn Eurico Caruso, der gefeiertste Bühnen¬
tenor der Gegenwart, wieder in Wien zu einem kurz n
Gastspiel an unserer Hofoper erschienen und trotz der
dreifach erhöhten Preise war das große Haus gestern
abends vollkommen ausverkauft und trug den Charakter
eines sensationellen gesellschaftlichen Ereignisses. Ein
Sänger, dem man für den einzelnen Abend fünfzehn¬
tausend Kronen zablen muß, imponiert natürlich und
alle jene, die sich zur „Gesellschaf!“ rechnen wollen,
müssen ihn gehört haben, da dies der bon ton erfordert.
Caruso hatte zudem diesmal eine Partie für sein
erstes Wiederauftreten gewählt, die er in Win noch
nicht gesungen hatte, u. zw. den Canio in Leoncavallos
zweiaktiger Oper: „Der Bajazzo“. Diese Roll= bietet
auser der Klage des Bajazzos und dessen Arie im
zweiten Akt dem Sänger keine Gelegenheit, mit seiner
„(Stimme zu paradieren. Das aber paßt eben Caruso,
der mit seinem prachtvollen Organ ungemein sparsam
vorgeht. Wie gerne möchte man ihn einmal in einer
Oper hören, in welcher der erste Tenor dominieren
würde. Carnso beobachtet aber eine weise Oekonomie
in der Verwendung seiner herrlichen Stimmittel, die er
nur im großen Affekt mit Elan produziert, dann aber
die enthusiasmierten Hörer in Elstase versetzt. Das tat
er denn auch gestern und die wundervolle Art, in der
er die Arte im zweiten Akt sang, erregte einen end¬
losen Jubel. Da capo-Rufe wurden laut, doch ließ sich
Capko zu keiner Wiederholung herbei. Das Publ kum
„begnügte sich schließlich damit, den großen Künstler
immer wieder vor die Rampe zu rufen. Frau Kiuring
als Nedda und Herr Schwarz als Tonio behaupteten
sich mit Ehren neben dem gefeierten Gast.
Der Bajazzo=Tragödie war als Novität eine
Pantomime vorausgegangen, die auf dem gleichen:
Grundton basiert. Artur Schnitzler hat aus seinem
„Schleier der Beatrice“ eine Pantomime gemacht, deren
Sujet grausig und doch langweilig wirkt. Aus Beatrice
ist eine Pierrette geworden, die den Pierrot liebt, jedoch
über Wunsch ihrer Eltern den Arlechino heiratet. Vom
Hochze tsfest enteilt sie zu dem Geliebten, dem sie den
Vorschlag macht, gemeinsam mit ihr zu sterben. Sie
reicht ihm eine Phiole, die Gift enthält. Der Pietret
weigert sich anfänglich, geht aber doch darauf ein. Sie
feiern noch ein Liebesmahl miteinander, dann trinkt¬
der Pierrot den todbringenden Trank. In Pierrette
eber erwacht die Lebenslust, sie schaudert und zögert,
der Pierrot schlägt ihr verächtlich das Glas aus der
Hand, sinkt aber alsbald entseelt zu Boden.
Pierrette flieht nun in großer Erregung ins Eltern¬
haus zurück, wo ihr Verschwinden unter den Gästen
des Hochzeitsfestes bereits Aufsehen und die Eifersucht
Arlechinos hervorgerufen hat. Als Pierrette erscheint,
bestürmt sie Arlechino mit Fragen nach ihrem Verweilen
und bemerkt, daß sie den Brautschleier verloren hat, der
ihr in Pierrots Zimmer entfallen war. Pierrette sucht den
zürnenden Arlechino zu beruhigen; sie tanzt mit ihm.
Da tritt ihr plötzlich, und nur ihr sichtbar, der tote
Pierrot mit dem wehenden Schleier in der Hand
entgegen. Fast besinnungslos eilt sie, den Gatten
mit sich ziehend, dem Schleier nach und kommt
so in das Z mmer zurück, in welchem der entseelte
Pierrot liegt. Bei dessen Anblick geht dem Arlechino
ein Licht auf. Er errät den Zusammenhang und nimmt
nun grausame Rache. Er richtet den Toten auf, setzt
ihn zu Tisch und will Pierette zwingen, mit ihrem toten
23. Der-Schleiender-Pierrette
„ T0fe
(Quellenangabe ohne Gewähr).
Ausschnitt aus:
vom:
Rauigkeits Weltbiatt. Wier
—bare.
Theater, Kunst und Musik.
Wien, 21. September 1911.
K. k. Hofoper.
(Gastspiel Carnsos. — „Der Schleier der Pierrette“, Panto¬
mime in drei Bildern von Artur Schnitzler, Musik von Ernst
v. Dohnanyi. — Erste Aufführuug am 20. September 1911.)
So ist denn Eurico Caruso, der gefeiertste Bühnen¬
tenor der Gegenwart, wieder in Wien zu einem kurz n
Gastspiel an unserer Hofoper erschienen und trotz der
dreifach erhöhten Preise war das große Haus gestern
abends vollkommen ausverkauft und trug den Charakter
eines sensationellen gesellschaftlichen Ereignisses. Ein
Sänger, dem man für den einzelnen Abend fünfzehn¬
tausend Kronen zablen muß, imponiert natürlich und
alle jene, die sich zur „Gesellschaf!“ rechnen wollen,
müssen ihn gehört haben, da dies der bon ton erfordert.
Caruso hatte zudem diesmal eine Partie für sein
erstes Wiederauftreten gewählt, die er in Win noch
nicht gesungen hatte, u. zw. den Canio in Leoncavallos
zweiaktiger Oper: „Der Bajazzo“. Diese Roll= bietet
auser der Klage des Bajazzos und dessen Arie im
zweiten Akt dem Sänger keine Gelegenheit, mit seiner
„(Stimme zu paradieren. Das aber paßt eben Caruso,
der mit seinem prachtvollen Organ ungemein sparsam
vorgeht. Wie gerne möchte man ihn einmal in einer
Oper hören, in welcher der erste Tenor dominieren
würde. Carnso beobachtet aber eine weise Oekonomie
in der Verwendung seiner herrlichen Stimmittel, die er
nur im großen Affekt mit Elan produziert, dann aber
die enthusiasmierten Hörer in Elstase versetzt. Das tat
er denn auch gestern und die wundervolle Art, in der
er die Arte im zweiten Akt sang, erregte einen end¬
losen Jubel. Da capo-Rufe wurden laut, doch ließ sich
Capko zu keiner Wiederholung herbei. Das Publ kum
„begnügte sich schließlich damit, den großen Künstler
immer wieder vor die Rampe zu rufen. Frau Kiuring
als Nedda und Herr Schwarz als Tonio behaupteten
sich mit Ehren neben dem gefeierten Gast.
Der Bajazzo=Tragödie war als Novität eine
Pantomime vorausgegangen, die auf dem gleichen:
Grundton basiert. Artur Schnitzler hat aus seinem
„Schleier der Beatrice“ eine Pantomime gemacht, deren
Sujet grausig und doch langweilig wirkt. Aus Beatrice
ist eine Pierrette geworden, die den Pierrot liebt, jedoch
über Wunsch ihrer Eltern den Arlechino heiratet. Vom
Hochze tsfest enteilt sie zu dem Geliebten, dem sie den
Vorschlag macht, gemeinsam mit ihr zu sterben. Sie
reicht ihm eine Phiole, die Gift enthält. Der Pietret
weigert sich anfänglich, geht aber doch darauf ein. Sie
feiern noch ein Liebesmahl miteinander, dann trinkt¬
der Pierrot den todbringenden Trank. In Pierrette
eber erwacht die Lebenslust, sie schaudert und zögert,
der Pierrot schlägt ihr verächtlich das Glas aus der
Hand, sinkt aber alsbald entseelt zu Boden.
Pierrette flieht nun in großer Erregung ins Eltern¬
haus zurück, wo ihr Verschwinden unter den Gästen
des Hochzeitsfestes bereits Aufsehen und die Eifersucht
Arlechinos hervorgerufen hat. Als Pierrette erscheint,
bestürmt sie Arlechino mit Fragen nach ihrem Verweilen
und bemerkt, daß sie den Brautschleier verloren hat, der
ihr in Pierrots Zimmer entfallen war. Pierrette sucht den
zürnenden Arlechino zu beruhigen; sie tanzt mit ihm.
Da tritt ihr plötzlich, und nur ihr sichtbar, der tote
Pierrot mit dem wehenden Schleier in der Hand
entgegen. Fast besinnungslos eilt sie, den Gatten
mit sich ziehend, dem Schleier nach und kommt
so in das Z mmer zurück, in welchem der entseelte
Pierrot liegt. Bei dessen Anblick geht dem Arlechino
ein Licht auf. Er errät den Zusammenhang und nimmt
nun grausame Rache. Er richtet den Toten auf, setzt
ihn zu Tisch und will Pierette zwingen, mit ihrem toten