II, Theaterstücke 23, Der Schleier der Pierrette, Seite 230

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23. Der Schleiender-Pierrette
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„UBSERT ER
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(Quellenangabe ohne Gewähr).
Ausschnitt aus:
2c 9 1911 Gross-Ostere#
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vom:
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nen.
„Der Schleier der Pierette“ von Artur
Schnitzler, Musik von Ernst v. Dohnanyi, betite,t sich die in
unserer Hofoper zuletzt zur Erstaufführung gelangte
Pantomime. Schnitzler hat das Werk seinem schon vor Jahren
geschriebenen fünfaktigen Drama „Der Schleier der Beatrice",
nachgebildet. Die Hauptfiguren sind Pierrot, Pierrette und
Archelino. Pierrette ist in Pierrot verliebt, heiratet aber trotz¬
dem Archelino. Vom Hochzeitsfeste weg eilt sie zu ihrem
Heißgeliebten und macht ihm den Vorschlug, mit ihr ge¬
meinsam zu sterben. Sie setzen beide den Giftbecher an die
Lippen, aber nur Pierrot leert ihn, noch im Sterben der von
einer plötzlichen Angst erfaßten Zitternden, das Glas aus der
Hand schlagend. Pierrette kehrt nun verzweifelt zum Hoch¬
zeitsfeste zurück, wo bereits der zornige Archelino arg ge¬
wütet hat. Es gelingt ihr, den Zürnenden zu besänftigen und
zum Tanze zu bewegen. Während desselben erscheint ihr
nun dreimal der Geist des verratenen Freundes und sie
folgt auch dann der Vision, um aus dem Zimmer des Toten
ihren zurückgelassenen Brautschleier zu holen. Aber auch ihr
Gatte begibt sich dahin und nimmt furchtbare Rache. Nach¬
dem er die Verzweifelnde einige Zeit seelisch gemartert, läßt
er sie allein bei dem Toten und sperrt das Gemach ab. Hier
verfällt nun die junge Frau dem Wahnsinn und bricht
schließlich, nach einem tollen Tanze, an dem Leichnam des
Geliebten tot zusammen. Zu diesen Vorgängen hat Ernst von
Dohnanyi eine wohldurchdachte, anpassende Musik ge¬
schrieben, der man neben Melodienreichtum insbesondere
nachrühmen kann, daß sich die Leitmotive gleichmäßig aus¬
breiten und in freiem, ungehinderten Flusse ihrem natür¬
lichen, Endpunkte zuströmen. Die Instrumentierung ist ebenfalls
glanzvoll. Die Aufführung war geradezu großartig. Nicht!
nur die drei Hauptsiguren, dargestellt von Fräulein Jämrich,
Herrn Czadill und Herrn Godlewski, standen auf voller
Höhe, sondern auch die übrige Besetzung ließ nichts zu
wünschen übrig. Das Publikum nahm die Novität äußerst,
freundlich auf.