II, Theaterstücke 23, Der Schleier der Pierrette, Seite 233

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23. De Slde ieL
Mrugsten, wenn auch nicht bedeutsamsten
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(AS FORUM“
lich die beste Remplaçantin der Kurz, vielleicht nicht
italienischen Buffo-Opern der Vergangenheit zu ent¬
reissen und dem zeitgenössischen Geschmacke etwas
aus Wien hinausgeckelt worden, Wien wäre aber aller¬
anzupassen, musste scheitern, weil alle Vorbedingungen
dings um die Sensation eines Konfliktes gekommen, auf
für das Gelingen schlechterdings fehlten. Sprechen wir
den ich nicht näher eingellen will, obwohl der Abgang
der Forst einen ernsten Verlust für unsere Hofoper be¬
zunächst allgemein von der Spieloper. Sie kann so
wenig wie das feine Lustspiel einer gewissen Intimität
deutet, weil ich dieses Blatt nicht für das geeignete
entraten. Schion vor etwa 20 Jahren regte ich in einer
„Forum“ zur Erörterung so unerquicklicher Vorgänge
halte,
Wiener musikalischen Zeitschrift die Schaffung eines
dritten, kleinen Hostheaters an, in welchem Lustspiele,
Frau Francillo-Kauffmann verfügt nicht
Spielopern und kleine Ballette aufzuführen wären. Dieser
über genügende Qualitäten für die Norina. Herr
nicht nur vom künsllerischen, sondern auch vom materi¬
Schrödter wäre noch vor zehn Jahren ein aus¬
ellen Slandpunkte erwägenswerte Vorschlag hat seither
gezeichneter Ernesto gewesen, heute hälte man ihm und
seinen unzähligen Verehrern die traurige Erkenntnis,
an Aktualität nichts verloren. So oft ich im Hofopern¬
theater eine Spieloper, im Hofburgtheater — ich kannte
dass dieser Mann mit der jugendlich süssen Stimme
eben noch das alte — ein Lustspiel hörte, vermisste
alt geworden ist, ersparen sollen. Die ganze Wirkung
der Duette, Terzette und Quartette, aus denen „Don
ich die Intimität des Raumes, den Kontakt zwischen
Bühne und Publikum, ohne die eine volle Wirkung nun
Pasquale“ besteht, ist auf den Zusammenklang wohl¬
einmal nicht möglich ist. Die Stimmen auf der Bühne
abgetönter, frischer Stimmen aufgebaut. Die Kauffmann
und im Orchester zerflattern im grossen Hause, unserem
ist stimmlich unzureichend, Schrödters Gesang klingt
an Polyphonie und krasse dynamische Effekte gewöhnten
gequält, trotzdem die Partie punktiert und teilweise
Osohee lorhanlailiine noch“
transponiert gesungen wurde, Mantler als Don
Pasquale versucht durch allerlei, oft übertriebene
schauspielerische Details die Humorlosigkeit seines Ge¬
sanges zu ersetzen; am besten wird noch Herr Ritt¬
mann seiner Partie gerecht. Aber diejenigen, die da
gehofft hätten, in Stimmenwohlklang zu schweigen,
wären arg enttäuscht worden.
Unter solchen Umständen kann es nicht wunder¬
nehmen, dass alle Wiederbelebungsversuche an dem
alten „Don Pasquale“ scheiterten. Auch die künstliche
Atmung, welche eine übereifrige Regie anwenden zu
müssen glaubte, verfing nicht. Die Sänger sind in ewiger
Unruhe, jede Figur der Koloratur wird durch eine
Körperbewegung unterstützt, Don Pasquale klettert auf
einen Tisch, Norma springt auf ein Sofa und setzt
während ihrer Kavatine, nachdem sie einige Zeit nicht
eben sehr ästhetisch auf dem Bauche liegend gesungen,
vier oder fünf Polster unablässig in Bewegung. Es
scheint fast, als liessen die Erfolge Reinhardts
Herrn Direktor Gregor nicht schlafen. Ich will aber
hoffen und wünschen, dass der neue Direktor der Hof¬
oper nicht nur den Ehrgeiz haben wird, schöne Bilder
zu stellen und seine Regiekunst und Regiekünste
zu zeigen.
Die musikalische Leitung hatte Kapellmeister
Reichenberger. Das Orchester war jedenfalls
das Beste an der ganzen Aufführung. Die Ouverture und
die Zwischenspiele, von denen das erste besser weg¬
bliebe, wurden fein nuanciert gebracht. Dass die Regie,
wie ich oben andeutete, die musikalische Interpretation
eines Werkes ungünstig beeinflusst, ist bedauerlich, ja
gefährlich. Was kann der Dirigent, wenn er nicht eine
ganz überragende Persönlichkeit ist, gegen die Autorität
des Direktors ausrichten? Diese Frage könnte noch
eine grosse Bedeutung erlangen.
Das neue Tanzpoem „Nippes“ hat den Verehrern
des Balletts sehr gut gefallen. Eine nicht ganz originelle
Idee, die Belebung von Nippesliguren auf einer Rokoko¬
etagère, gibt zu netten Tänzen und in weiterer Folge
zu drei entzückenden lebenden Bildern Anlass. Josef
Bayer, der Vater der „Puppenfee“ hat diesem Enkel¬
kinde einen Strauss netter, wenn auch nicht ganz
frischer Tanznummern- in die Wiege gelegt Aus der
Taufe wurde das Kind im Schönbrunner Schlosstheater
gehoben; es war auch für dieses Tanzpoem das richtigere
Milieti.
E. P.
4%
Schn.
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„Der Schleier der Pierette.“
Eine Pantomime, z der ArnSchnitdler die
Handlung, Ernst v. Dohnanyi die musik beigestellt hat.
Die Tatsache, dass sich diese beiden Talente zu gemein¬
samer Arbeit zusammengelunden, ist an sich so
erstaunlich, dass mir die weitere Tatsache, dass dieser
erste Versuch nicht ganz geglückt ist, diese Fraude
nicht zu trüben vermag, besonders weil ich heffe, diese