II, Theaterstücke 23, Der Schleier der Pierrette, Seite 257

23. Der Schleiender Pierrette
Au
Ostsee Zeitung, Steilin
##nsehnitt aus:
10 4. 1373
A cacdest sera wrce
„Der Schleier der Pierrgtte.“—, Tante Simona“
lin, 104 Aprll., KGonst von Dohnanyi holte sich
im Charlpt
ngen Deutschen Opernhaus gestern
abend zweillei## bhäfte Erfolge: Einen verdienten und einen
unverdieste# einaktige Spieloper „Tante Simona“
(Text von Viktor Heindl) ist eine romantisch verbrämte textlich
völlig reizlose Harmlosigkeit, die dem Komponisten wenig Gelegen¬
heit bot, feine, geistreiche Musik zu geben. So blieb es bei einigen
hübschen Ansätzen, die zwar überzeugend dartun, daß Dohnanhi
mit dieser Tante Simona den Versuch machte, uns nach dem
Muster etwa der d'Albertschen Abreise ein modernes musikalisches
Lustspiel zu geben, zugleich aber auch, daß ihm dies Bemühen
völlig mißlungen ist. Stillos gibt sich das Ganze, und wenn nicht
das treffliche Spiel dafür gesorgt hätte, das Interesse wach¬
zuhalten, so würde am Schluß die Opposition, die sich bereits leise
bemerkbar machte, vielleicht noch die Oberhand gewonnen haben. —
Von ganz anderem Schlage ist die Pantomime „Der Schleier
der Pierrette“ Hier schmiegt sich die Musik auf das aller¬
intimste der Schnitzlerschen Dichtung an. Schnitzler hat die
Pantomime, was vielleicht ein Unikum ist, zum Teil in Dialog¬
form geschrieben, und man kann sagen, daß Dohnanyi auch seiner¬
feits den Dialog direkt aufnimmt. Man hört Pierrette sprechen
und den armen Pierrot, der aus Liebesgram sterben muß, und
den von den Schauern wilder Eifersucht und blinder Wut ge¬
triebenen Arlechino. Und so wundervoll rasch weiß Dohnanyi
mit den Stimmungen zu wechseln, mit einem Schritt von zartester
Seligkeit in das Land wildester Leidenschaft hinüberzuführen.
Den Höhepunkt dieser bemerkenswerten Kunst erklimmt er im
zweiten Akt in der Zwiesprache zwischen Pierrot und Pierrette.
Pierrot will leben, Pierrette ruft ihn zum Tode. Stärker und
musikalisch einwandfreier, als es hier geschehen ist, konnte dieser
Gegensatz sar nicht herausgearbeitet werden. Dieser zweite Akt
ist unzweifelhaft der wertvollste des dreiaktigen Werkes. Im
dritten befremdet der Aufwand allgustarker orchestraler Mittel.
Das Grauen der mit dem toten Pierrot zusammen eingesperrten
Pierrette würde durch weniger Lärm und Pathos viel tiefer und
überzeugender dargetan werden können. Erst zum Schluß in der
Wahnsinnsszene findet sich Dohnanyi wieder ganz zu der diskret¬
feinsinnigen Dichtung Schnitzlers zurück. Auch hier unterstützte
die Darstellung die Interessen des Dichters und des Komponisten
auf das angelegentlichste. Elsa Galafrés, die vom Deutschen
Schauspielhaus herüberkommt, war eine sehr zarte und in ihrer
grausamen Not tieferschütternde Pierrette und die ekstatische An¬
mut, die sie in der Wahnsinnsszene entfaltete, wird man nicht so
leicht vergessen. Einar Linden gab den Pierrot in festen, sicheren
Linien und Edwin Heyer den Arlechino mit etwas allzu robustem
Strich. Dohnanyi selbst stand bei der Pantomime am Dirigenten¬
pult.
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Ausschnitt aus:
#scindenblatt, Wien.
vom: 40.4r R. 1913
S
Berliner Premieren.
— Berlin, 9. April. (Tel. d. „Fremden=Blatt“.) Das Deutsche
Opernhaus brachte heute die Artur Schnitzlersche Pantomime
„Der Schleier der Pierrette“, Musik von Ernst v. Dohnanyi, zür Erst¬
aufführung. Das pantomimische Musikdrama übte mit seinen grellen Kontrasten
und bunter Phantastik einen großen Eindruck auf die Zuschauer aus und die
Musik, die sich den stark wechselnden Situationen geschickt und stimmungsvoll
anpaßte, erhöhte den Eindruck um ein Beträchtliches. Else Galafrés¬
Hubermann in der weiblichen Hauptrolle riß das Publikum durch ihr
prachtvolles Spiel und ihre ausdrucksvolle Mimik zu lebhaften Beifalls¬
kundgebungen hin. Am Schluß wurde der Komponist wiederholt gerufen.
Weniger erfreulich war eine einaktige Spieloper „Donna Simona“
gleichfalls von Dohnanyi, die der Pantomime vorausging. Hier scheint
der recht alberne Text dem Komponisten keine Anregung geboten zu haben.
In der mänulichen Hauptrolle zeichnete sich der Tenorist Waschmann,
der aus Wien stammt, durch seine schöne Stimme aus.
Ausschnitt ausione Freie Presse, Wien
vom: 40 APfl
EE
Aus Berlin wird uns berichtet: Das Deutschef
Opernhaus in Charlottenburg füh¬
Kompositionen von Ernst v. Dohnanyi ir Le¬
erstenmal auf, die Spieloper „Tante Simon von Vill
Kendel und die Pantomime „Der Schleie der Pierrette“
von Artur Schnitzler. In der Spielozr waren die
Hauptrollen mit den Damen Marck und Penter sowie
den Herren Lehmann und Waschman; gut besetzt.
In der Pantomime trat heute zum erstenmal Elsa Gala¬
frés auf. Ihre Pierrette ist eine ganz vorzügliche Leistung.
Sie besitzt sehr viel Geist und Gewandtheit und ein geradezu
überraschendes dramatisches Talent. Ihre Partner, Herr
Linden und Herr Heyer als Pierrot und Arlecchino,
standen ihr würdig zur Seite. Beide Stücke, besonders aber
die Pantomime, erzielten einen ungewöhnlichen Erfolg. Nach
Schluß des letzten Bildes mußte Dohnanyi wenigstens, eiz
halbes dutzendmal vor der Rampe erscheinen.