II, Theaterstücke 23, Der Schleier der Pierrette, Seite 262

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23. Der Schleiender- Pierrette
#-Lenaagabe ohne Gewähs).
#schnitt aus Deutsche Tageszeitung, Berlin
10 APRil 1913
#s von ug cumunt
Dafür interessierte uns musikalisch um so mehr „Der
Deutsches Opernhaus.
Schleier der Pierrette“ Arthur Schnitzler hat unter seinen
Mir ist mehr als ein sehr begabter deutscher Tondichter zumeist sehr minderwertigen Dramen ein besovers schlechtes
betannt, dem es trotz allem Talente bisher nicht gelingen geschrieben, das den Titel führt „Der Schleier der Beatrice“.
Als Dr. Paul Schlenther noch Direktor des Hofburatheaters
konnte, in Berlin aufgeführt zu werden, sei es im Konzert¬
inWien war,weigerte er sich in einem seiner lichten Momente,
saal, sei es auf der Bühne. Die Ausländer haben da in des
dieses Stück aufzuführen, worüber unter dem Anhange von
Deutschen Reiches Hauptstadt weit besseres Fortkommen wo¬
Schnitzler ein großes „Geseires“ anhub. Der „Schleier der
für der Magyare E. von Dohnänyi wieder mal ein drastisches
Beatrice“ wurde dann in sämtlichen Theatern, die ihn durch¬
Beispiel liefert. Vor drei oder vier Jahren noch eine un¬
aus wehen lassen wollten, vom Publikum grausam zerfetzt.
bekannte Größe — gestern mit zwei Werken im „Deutschen Schade um die Fetzen, sagte sich Arthur Schnitzler, und ähn¬
Opernhaus“ aufgeführt! Wir gratulieren zu dieser raschen
lich wie seine Artgenossen aus einem zerschlissenen Rocke noch
Laufbahn, können uns aber um so weniger mit dem befreun¬
immer eine brauchbare Mütze anzufertigen wissen machte
den, was E. von Dohnänyi als Komponist geschaffen hat.
er daraus eine Pantomime die Dohnänyi in Musik setzte.
Seine Spieloper „Tante Simona“ krankt zunächst an einem Am besten gefiel mir der Walzer und das Menuett. Das
Libretto, dessen Inhalt geradezu ehrfürchtigen Alters ist.
andere ist Geistreichelei geschickt gemacht, aber weder in den
Daß eine Jungfrau infolge einer Enttäuschung bei der ersten Motiven noch in deren Durcharbeitung Eigenbau. Reich
Liebe zur Männerfeindin wird, sich aber just in jenem gefähr beladen mit Beute würde da jeder Reminiszenzenjäger
lichen Wendepunkte wo im Hochsommer die ersten welken
heimkehren, der diese Partitur durchstreifte!
Blätter zur Erde niederrascheln, mit ihrem unvermählt ge¬
Die Wiedergabe beider Werke war eine sehr gute, wie
bliebenen Jugendfreunde zusammenfindet, um zu erfahren.
man dies ja gewohnt ist bei dem Deutschen Opernhaus in
daß sie zu hastig bei dem Bruche war, und in später Ehe ein
Charlottenburg. Für die Pierrette hatte man Frau Elsa
spätes Glück zu finden hofft — wie oft wurde dieses Thema
Galafres aus Wien gewonnen, die eine glänzende Leistung
schon abgewandelt in allen Tonarten. Nur zumeist unter¬
bot.
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haltsamer wie von Victor Heindel. Daß zu dieser lang¬
weiligen Geschichte, die erfreulicherweise nur einen Akt
dauert, dem Komponisten nichts Vernünftiges einfiel, sei
ihm gnädigst verziehen. Man tut am besten, über diesen Ein¬
akter den Schleier der Vergessenheit möglichst rasch zu ziehen.