II, Theaterstücke 23, Der Schleier der Pierrette, Seite 269

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23. Der Schleiender- Bierrette
lusschnitt aus:
umner Neueste Nachrichten
ARS
#
# Mart#sihtunen lebhaft
S#miert.
„Der Schleierder Pierette“ eine Pan¬
tomime in drei Bildern von starker Realistik und
dramatischer Kraft von Artur Schnitzler. Musik
von Ernst v. Dohnauht
abend, wie uns ein Privattelegramm meldet, im
Charlottenburger Opernhaus einen
lebhaften und berechtigten Erfolg. Die Partitur
ist eine in jeder Hinsicht hervorragende Arbeit.
Die der Pantomime vorausgegangene einaktige
Spieloper „Tante Simona“ von demselben
Komponisten ist zwar auch nicht arm an reizenden
Einzelheiten, reicht aber mit ihrem mehr als
harmlosen Buche sowie auch musikalisch nicht an
das erstgenannte Werk heran. Die beiden Auffüh¬
rungen waren recht gut. Der Komponist konnte
wohl ein dutzendmal den Dank des Hauses vor den.
Vorhang entaegennehmen.
Goettmann
Direktor Barnowsky hat für seine ers# —
Spielzeit im Lessing=Theater“ „Die Brüder
SeAe
Ausschnitt aus: National Zeitung, Berlin
11 APRit 1913
vom:

S

anmutige Zofe Mizzi Finks abfallen. Krasselt dirigiertes
voll Laune. Die Dekoration ist reizend.
Feuilleion.
Da hat doch die Handlung von „Schleier de: Pier¬
rette“ eine andere Schneid! Pierrette stiehlt sich im Braut¬
schleier von ihrem ungeliebten Bräutigam Arlecchino zu dem ver¬
zweifelten Pierrot fort. Das Pärchen win gemeinsam sterben.
Deutsches Opernhaus.
Pierrot nimmt's genau und verschluckt auch wirklich sein Por¬
S. Pg.) Das Deutsche Ofeguhauls führte gestern die
tiönchen Gift; indessen Pierrette, feige geworden, im letzten Augen¬
einaktige sömssche Oper st. Bant# Simona“ von Viktor
blick vom Vertrage zurücktritt. Unterdessen bekommt der verlassene
Heindl jumsdel (Schnftzlersche Pantomime „Der
Bräutigam inmitten einer festlichen Hochzeitsgesellschaft Tobsochts¬
Schleieg& Pierrette“ zum erstenmal auf. Die Musik
anfälle. Die verstörte Pierrette kehrt endlich zurück. Alles ver¬
zu beiden Werken fließt aus der Feder Ernst von Dohnänyis,
ziehen? Keine Rede. Nach ein paar gruseligen Erscheinungen des
des ausgezeichneten Pianisten und Pädagogen, den man den Ber¬
toten Pierrot „brüllt, Arlecchino: „Wo ist dein Schleier, Pier¬
linern auch als Komponisten nicht mehr vorzustellen braucht.
rette?“ Beide ab nach Pierrots Behausung. Der angenehne
Donna Simona wünscht ihre Nichte Beatrice vor den Ent¬
Arlecchino arrangiert nun ein teuflisches Schäferstündchen mi
täuschungen der Liebe zu bewahren, die sie selbst — in jungen
Pierrette, wobei der Tote mit verglasten Augen in der Divanecke
Jahren — hatte durchkosten müssen, und hält das junge Mädchen
lehnen muß. Kein Wunder, wenn die arme kleine Pierrette schlie߬
vor der Männerwelt socgfältig verborgen. Doch weiß sich Graf
lich vom Wahnsinn gepackt wird....
Ghino in der Maske eines taubstummen Gärtners einzuschleichen.
Also wirklich, stammt diese ausbündig gruselige scène à faire
Als er, sein Inkognito lüftend, Beatricen seine Liebe gesteht, wird
von Arthur Schnitzler? Verehrter arbiter elegantiarum, wo
das Pärchen von Tante Simona überrascht. Beatrice soll ins
blieb da Ihr bewährter feiner Geschmack? Mußten aus den Prä¬
Kloster gesteckt werden. Mittlerweile läßt sich aber Simona im
missen Ihres „Schleiers der Beatrice“ solch knallige Konklusionen
zärtlichen Tete=a#tete mit ihrem alten Anbeter Grafen Florio
gezogen werden?
ertappen, was einer Preisgabe ihrer sittenstrengen Grundsätze
Schade, daß Schnitzlers böses Beispiel die guten Sitten Doh¬
gleichkommt. Tante Simona muß verzeihen, und der Vorhang
nänyis nicht verderben konnte. Dohnänyis Kraßheit ist von der
schließt sich über zwei Brautpaaren.
frisierten Art, seine getanzte Wahnsinnsarie atmet eine höchst un¬
Abgebrauchte Singsvielsituationen also, denen ein geringes
gefährliche Bizarrerie. Igor Stravinsky, ich bitte dir jetzt vieles
Interesse im vorhinein sicher ist. Und die Musik? Ihr gegenüber
ob. Sollen wir die Komponisten zitieren, die der Komponist in
seinem „Schleier“ zitiert? Wagner ist schon in Takt eins der
befindet sich der Referent in der Lage eines Mannes, der die Ein¬
Partitur nicht zu übersehen; später gesellen sich Lanner, Delibes
drücke schildern soll, die er in der Gesellschaft wohlanständiger,
und Richard Strauß fruchtbringend hinzu. Sehr hübsch ein Alla
aber herzlich unbedeutender Leute empfangen hat, jener Leute,
die sich unausgesetzt an die Einfälle anderer erinnern müssen,
marcia, H=Moll, im ersten Bilde.
Die anmutige Gastin Frau Huberman=Galafrés
weil ihnen selbst so wenig einfällt. Der Vergleich stimmt. Doh¬
bot als Pierrette Ausgezeichnetes. Ihr zunächst stand Heyers
nanyis wohlgesetzte und gut instrumentierte Musik verfügt über
ein treffliches Gedächtnis für das, was „die andern“ zu Zeiten,
Arleechino. Einar Linden war ein ganz guter Pierrot. Herr
von Dohnänyi dirigierte seine Pantomime als liebevoller Vater.
die gewesen sind, bei ähnlichen Anlässen vorgebracht haben. Nun
Dekorationen und Kostüme bezeugten wieder das starke Talent
erfreut sich aber auch das Publikum eines guten Gedächtnisses, und
Wunderwalds. In beiden Novitäten zeichnete der tüchtige
so kam es, daß der Beifall nach „Tante Simona“ nicht ohne ener¬
Dr. Kaufmann als verantwortlich für die Regie.
gischen Widerspruch blieb. Die Träger der Hauptpartien Louise
Der äußere große Erfolg von „Schleier der Pierrette“ Mieb!
Marck, Eleanor Painter, Ernst Lehmann und Carl
Waschmann mögen erwähnt werden; Lob kann bloß für die unbestritten. Dohnänyi wurde oft gerufen.
Knt eescher sre wrchitihei c n eer