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Der Scheierer—Terrette
DerSchleier der Pierrette.
Pantomime in drei Bildern von Arthur Schnitzler.
Musik von Ernst von Dohnänyi.
Die Pankomime wurde bei ihrer Erstauffährung am 9. April
im Deutschen Opernhause zu Charlottenburg mit
grösstem Beifall aufgenommen. die spannende Handlung wie
die meislerhaft inskrumentierte Musik üblen eine ausser¬
ordentlich starke Wirkung aus. Wie lassen die ganz besondees
günstigen Kriliken im Auszüge folgen:
„Berliner Tageblatk“. Arthur Schnitzter hat die Pierrot¬
tragödie um eine neue und interessante Nüance bereichert. Ge
bleibt nicht an der Oberfläche und hat den Effekt psychologisch z
vertiefen gewußt. Schnitzler stellt die traditionellen Lebensmaske¬
mitten in ein Altwiener Milien. Arlechino ist der reiche Freie
mit dem Pierrette sich vermählen soll. Sie verläßt die Hochzeit¬
gesellschaft und stiehlt sich nächtlicherweise zu ihrem Pierrot, seine.
Liebesgram zu stillen und gemeinsam in den Tod zu gehen. Da¬
Gist, dem er erliegt, findet sie nicht den Mut zu trinken un¬
kehrt zu der Gesellschaft und ihrem Bräutigam zurück, der sie vol
Argwohn vermißt hat. Beim Hochzeitstanze erscheint ihr der tot
Geliebte; entsetzt flieht sie, von Arlechino verfolgt. In Pierrol
Zimmer, wohin das Gewissen sie zurücktreibt, wird der vergessen¬
Brautschleier zum Verräter ihres Geheimnisses. Arlechino, vor
ihr zurückgestoßen, schließt sie mit dem Toten ein, bei dessen
Anblick Pierette wahnsinnig wird. Tanzend bricht sie neber
Pierrot zusammen. Dohnänyi hat zu dieser Dichtung eine Musik
geschrieben, die nicht nur
fein und meisterlich
gemacht und glänzend instrumentiert, sondern auch
von großer Ausdruckskraft ist. Die einzelnen Vor¬
gänge und Stimmungen malt das Orchester mit sinnlicher
Verdeutlichung und sicherer Charakteristik, und
darin liegt der Weit der Partitur. Dohnanyi bekundet eine
lebendige Phantasie und Sinn für Bühnenwirksamkeit
„Der Schleier der Pierrette“ war also ein echter Erfolg.
„Berliner Börfen-Courier“ Endlich ist der „Schleier
der Pierrette“ hierher gekommen. Das ist eine reizende, ja
#rschütternde Pantomime. Schnitzler hat seine Beatrice in eine!
Pierrette verwandelt, und der gräusige Reiz dieses Abenteuers
sieht wortlos, aber voller Musik vor unseren Augen. Alles spricht!
die Musik. Dohnänyi hat sie beredt geschrieben. Er hat das
Organ für das Illustrierende und Plastische, er enthüllt Milieus,
zaubert Stimmungen und läßt die Dinge singen, alle Komik und
Tragik des Lebens ineinander. Er kennt die Kontraste
und weiß Licht und Schatten zu verteilen, daß die Mimik in den
Instrumenten leibhaftig wird. Viel Geistreichtum ist darin, doch
kein überheizter, ein bewußter Witz und eine feurige
Laune, sich hingebend und frei fließend auf dem immer durch¬
sichtigen Fond guter akademischer Schule und bürgerlicher Ueber¬
beferung. Das Publikum applaudierte sehr animiert und rief
Darsteller und Autor immer wieder heraus. Die Pantomime ist #
eine schöne Bereicherung.
„Dossische Zeitung“. E. v. Dohnänyi zeigt sich vor
allem als ein sicherer Beherrscher aller Aus¬
drucksmittel des modernen Orchesters. Die
Instrumentation ist durchweg interessant und entbehrt nicht
der eigenen Note. Es ist dem Komponisten auch etwas ein¬
gefallen, besonders in den phantastischen Partien, das die
Berechtigung gibt,
an seine fernere Entwicklung Hoffnungen
zu lnüpfen. Ein gefälliger Walzer fällt auf; und die Tanz¬
musiken im zweiten Bilde, die so plötzlich in das Dämonische um¬
schlagen, sind bemerkenswerte Talentproben. Ueberhaupt ist es dem
Komponisten im wesentlichen gelungen, für die wechselnden feelischen
Affelte die passenden musikalischen Illustrationen zu finden.
„Berliner Tokal-Anzeiger“. Was da in grellen und
manchmal gruseligen Effekten an dem Zuschauer vorüberrauscht,
darf wohl als ein gelungener Versuch auf dem Gebiete des
musikalisch=pankomimischen Dramas bewertet werden. Aus den
scheinbaren Aeußerlichkeiten klingen starke seelische
Regungen und psychologische Tragik hervor.
„Berliner Morgenpost“. Das Stück wirkt besonders
durch seine Gegensätze, und das tragische Ende Pierrettes, die am
Hochzeitstage dem Festestreiben entfloh, um ihren geliebten!
box 28/1
Anguen: Dr. O. F. Ei
Verein. Staaten von 9
Building, 1482•90,
Pierrot noch einmal zu sehen, übt in der geschickten Dis¬
ponierung und Durchführung der Vorgänge
Eindruck aus. Eine slotte Ballszene und die Geistererscheinung
des toten Pierrots unterstützen den phantastischen Verlauf der
Geschichte recht gut. Dohnänyis Musik zu dieser Pantomime hat
Ge
chlossenheit und scharfe Charakterisierung.
Die
Partitur wirkt durch sinngemäße Instrumentierung und
raffinierte Tonmalerei.
„Berliner Börfen-Zeitung“ Die Handlung gibt dem
Komponisten mehrfach Gelegenheit zu graziösen Musik¬
nummern. Dohnänyis fein und pikant instrumentierte Musik:
schmeichelt sich in ihrer leichten Anmut angenehm ins Ohr. So
kam es zu einem sehr freundlichen Erfolg.
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Der Scheierer—Terrette
DerSchleier der Pierrette.
Pantomime in drei Bildern von Arthur Schnitzler.
Musik von Ernst von Dohnänyi.
Die Pankomime wurde bei ihrer Erstauffährung am 9. April
im Deutschen Opernhause zu Charlottenburg mit
grösstem Beifall aufgenommen. die spannende Handlung wie
die meislerhaft inskrumentierte Musik üblen eine ausser¬
ordentlich starke Wirkung aus. Wie lassen die ganz besondees
günstigen Kriliken im Auszüge folgen:
„Berliner Tageblatk“. Arthur Schnitzter hat die Pierrot¬
tragödie um eine neue und interessante Nüance bereichert. Ge
bleibt nicht an der Oberfläche und hat den Effekt psychologisch z
vertiefen gewußt. Schnitzler stellt die traditionellen Lebensmaske¬
mitten in ein Altwiener Milien. Arlechino ist der reiche Freie
mit dem Pierrette sich vermählen soll. Sie verläßt die Hochzeit¬
gesellschaft und stiehlt sich nächtlicherweise zu ihrem Pierrot, seine.
Liebesgram zu stillen und gemeinsam in den Tod zu gehen. Da¬
Gist, dem er erliegt, findet sie nicht den Mut zu trinken un¬
kehrt zu der Gesellschaft und ihrem Bräutigam zurück, der sie vol
Argwohn vermißt hat. Beim Hochzeitstanze erscheint ihr der tot
Geliebte; entsetzt flieht sie, von Arlechino verfolgt. In Pierrol
Zimmer, wohin das Gewissen sie zurücktreibt, wird der vergessen¬
Brautschleier zum Verräter ihres Geheimnisses. Arlechino, vor
ihr zurückgestoßen, schließt sie mit dem Toten ein, bei dessen
Anblick Pierette wahnsinnig wird. Tanzend bricht sie neber
Pierrot zusammen. Dohnänyi hat zu dieser Dichtung eine Musik
geschrieben, die nicht nur
fein und meisterlich
gemacht und glänzend instrumentiert, sondern auch
von großer Ausdruckskraft ist. Die einzelnen Vor¬
gänge und Stimmungen malt das Orchester mit sinnlicher
Verdeutlichung und sicherer Charakteristik, und
darin liegt der Weit der Partitur. Dohnanyi bekundet eine
lebendige Phantasie und Sinn für Bühnenwirksamkeit
„Der Schleier der Pierrette“ war also ein echter Erfolg.
„Berliner Börfen-Courier“ Endlich ist der „Schleier
der Pierrette“ hierher gekommen. Das ist eine reizende, ja
#rschütternde Pantomime. Schnitzler hat seine Beatrice in eine!
Pierrette verwandelt, und der gräusige Reiz dieses Abenteuers
sieht wortlos, aber voller Musik vor unseren Augen. Alles spricht!
die Musik. Dohnänyi hat sie beredt geschrieben. Er hat das
Organ für das Illustrierende und Plastische, er enthüllt Milieus,
zaubert Stimmungen und läßt die Dinge singen, alle Komik und
Tragik des Lebens ineinander. Er kennt die Kontraste
und weiß Licht und Schatten zu verteilen, daß die Mimik in den
Instrumenten leibhaftig wird. Viel Geistreichtum ist darin, doch
kein überheizter, ein bewußter Witz und eine feurige
Laune, sich hingebend und frei fließend auf dem immer durch¬
sichtigen Fond guter akademischer Schule und bürgerlicher Ueber¬
beferung. Das Publikum applaudierte sehr animiert und rief
Darsteller und Autor immer wieder heraus. Die Pantomime ist #
eine schöne Bereicherung.
„Dossische Zeitung“. E. v. Dohnänyi zeigt sich vor
allem als ein sicherer Beherrscher aller Aus¬
drucksmittel des modernen Orchesters. Die
Instrumentation ist durchweg interessant und entbehrt nicht
der eigenen Note. Es ist dem Komponisten auch etwas ein¬
gefallen, besonders in den phantastischen Partien, das die
Berechtigung gibt,
an seine fernere Entwicklung Hoffnungen
zu lnüpfen. Ein gefälliger Walzer fällt auf; und die Tanz¬
musiken im zweiten Bilde, die so plötzlich in das Dämonische um¬
schlagen, sind bemerkenswerte Talentproben. Ueberhaupt ist es dem
Komponisten im wesentlichen gelungen, für die wechselnden feelischen
Affelte die passenden musikalischen Illustrationen zu finden.
„Berliner Tokal-Anzeiger“. Was da in grellen und
manchmal gruseligen Effekten an dem Zuschauer vorüberrauscht,
darf wohl als ein gelungener Versuch auf dem Gebiete des
musikalisch=pankomimischen Dramas bewertet werden. Aus den
scheinbaren Aeußerlichkeiten klingen starke seelische
Regungen und psychologische Tragik hervor.
„Berliner Morgenpost“. Das Stück wirkt besonders
durch seine Gegensätze, und das tragische Ende Pierrettes, die am
Hochzeitstage dem Festestreiben entfloh, um ihren geliebten!
box 28/1
Anguen: Dr. O. F. Ei
Verein. Staaten von 9
Building, 1482•90,
Pierrot noch einmal zu sehen, übt in der geschickten Dis¬
ponierung und Durchführung der Vorgänge
Eindruck aus. Eine slotte Ballszene und die Geistererscheinung
des toten Pierrots unterstützen den phantastischen Verlauf der
Geschichte recht gut. Dohnänyis Musik zu dieser Pantomime hat
Ge
chlossenheit und scharfe Charakterisierung.
Die
Partitur wirkt durch sinngemäße Instrumentierung und
raffinierte Tonmalerei.
„Berliner Börfen-Zeitung“ Die Handlung gibt dem
Komponisten mehrfach Gelegenheit zu graziösen Musik¬
nummern. Dohnänyis fein und pikant instrumentierte Musik:
schmeichelt sich in ihrer leichten Anmut angenehm ins Ohr. So
kam es zu einem sehr freundlichen Erfolg.
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