II, Theaterstücke 22, Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 42


neen eeneee
keinen Lieblings= Dienste einer Idee sterben heißt. Haltlos schwankt
elgen läßt, am Medardus hin und her, ein Hamlet der Gedanken
leffen Helene und
losigkeit, aber eigentlich mehr ein Cyrano in
Perachtung, aber
seinem Abenteurertum, und der wortfrohe Gascogner
Weib, das sich
steht dem Wiener Wesen in manchem Zuge
efäß, das einen
näher als der tiefsinnige Held Shakespeares.
Wetter anverlobt,
Die Leichenrede, die Etzelt dem erschossenen Freunde
lupf verwundeten
hält, ist eine Kritik des Stückes und seiner Hauptfigur.
ung des Weibes
„Gott wollte ihn zum Helden schaffen, der Lauf der
hr Schlafgemach,
Dinge machte einen Narren aus ihm." Eine solche
Koch belügt er sich
Gestalt zu entwickeln, ist Aufgabe des Romans, und
rper nackt über
es ist ein eigenartiger Zufall, daß der Verlag
Schande preis¬
S. Fischer in Berlin, der uns die schöne Buchausgabe
ein“ spricht er
des „Medardus“ schenkt, gleichzeitig neben sie die
nderbare Nächte
neue umfangreiche Prosadichtung Gerhard Hauptmanns
hn genauer als
legt „Der Narr in Christo“. Wie ein Schwärmer zu¬
nicht der Haß“,
gleich rührend und lächerlich sein kann, das vermag
Helenens ge¬
nur eine Erzählung aufzubauen, die alles Mitleid aus
cheflammend in
Dichterherzen, alles Verständnis für Irrtümer einer
Wort von den
reinen Seele ausströmen lassen darf; das Theater
auf ihre Macht,
gibt nicht Raum für solche Entwicklungen. Einfach
die Hand zu
und schlicht war der Sinn des armen Staps, in
Kordwerkzeug an einer geraden Linie bewegte sich sein einziger
nste der Valo##
Gedanke. Medardus'= Tat ist eine überklügelte,
katerlande leisten zermotivierte Nichttat. Indem das Burgtheater
rst wieder rein, die große Szene zwischen Medardus und Helene,
die Geliebte des n der sie ihn zum Morde zu bereden sucht,
1

gänzlich strich, hut es wohl die rufsinserte Psch#ge#ation, keine Hauptfigur erreicht den Gipfel, dem
führung der auch dichterisch wohlgelungenen
einfacher gestaltet, doch seine morderischen Absichtensie zustrebt. Der Schloßhof von Schönbrunn ist ein
Arztes. Ergreifend verkörperte Herr Hart
völlig unverständlich gemacht, wo sie ein langes im
##bbild des Werkes: da wird die Trommel gerührt,
greisen Valois, sein eleganter Sohn, Her
Schaustücke des Schönbrunner Schloßgartens unbeachtet die Pfeiser spielen, die Wachen treten ins Gewehr,
ging mit der rührenden Agathe (Frau M
verhallendes Gespräch nicht deutlich aufklärt. Geschicht¬
das Volk drängt sich um die Treppe, die Flügeltüren
stimmungsvoll in den Tod. Nennen wi
liche Wahrheit eines Werkes kann nur in seiner
öffnen sich
da fällt der Vorhang, Napoleon wird
Frau Mell (Anna), Herrn Heller (Ber
geschichtlichen Möglichkeit liegen. Der Dichter hat nicht sichtbar. Auch dem Werke Schnitzlers fehlt sein
Reimers (Rapp), so sind wir fast ung
völlige Freiheit, mit den Tatsachen umzuspringen, wie Napoleon.
die vielen wackeren Darsteller, die siehin
er sie braucht und wie er sie glaubhaft zu machen
Der Dichter hat die höchsten Forderungen gestellt,
Rollen so wacker betätigten. Es war ein
versteht, und niemand rechte um ein paar abgeänderte
das Burgtheater hat sie erfüllt, Hier konnte das
folg, der nicht durchwegs gleichmäßig anhie
Fakta. Ich glaube an diese Wiener, die Schnitzler
Patrizierhaus in seinem Reichtum schwelgen, den kein
namentlich nach den volkstümlich gehalten
hier hingestellt hat, ich nehme auch in einem Märchen¬
Emporkömmling erreichen kann. Es stellte einige herrliche
von Eschenbachers Gefangennahme und
reiche, wie es Napoleon geschaffen, einen Märchen¬
Bilder, es gab mit seinem wohlgeübien Personal die Be¬
zum Enthusiasmus steigerte. Ein gut Tei
prinzen mit einem Märchenhofe, der freilich nur sehr
wegung der großen Auftritte trefflich, bis auf die etwas
natürlich das reiche szenische Bild und der
schattenhaft geraten ist, hin. Ich gebe ihm das Recht,
versagenden und dürftigen Basteivorgänge wieder. Es
seinen lokalen und geschichtlichen Anspielung
Menschen zu deuten und modern zu gestalten, und
fehlte nur Eines — der Held. Durch Herrn Gerasch
Zuschauern ging's ähnlich wie dem Hans #
denke an ein schönes Wort Goncourts: „Man belebt
war die schwache Gestalt noch ins Schwächere herab¬
Grillparzer in seiner witzigen Persiflage au
eine Vergangenheit nur, wenn man ihr Herz und gedrückt, sein warmer Ton wird nie charalteristisch
folg seines „Ottokar“ im Burgtheater schre
Gehirn der Gegenwart gibt, und alles, was und kräftig, er bedeutete diesmal geradezu eine Gefahr
„Viktoria! Ein vaterländisches Stück
man aus ihr selbst holen kann, sind die
für das Stück. Glücklicherweise fand es weit stärkere
Bühne! Stelle Dir vor! Marchegg
Umgebungen dieser Menschheit.“ Mit der Prinzessin
Helfer. In erster Reihe ist Frl. Wohlgemuth zu
wähnt, der letzte Akt spielt sogar in
ist Schnitzler bis ins Reich der Strindberg=Frauen
nennen, die wohl des Dichters Traum ver¬ unserem gemeinschaftlichen Geburtsorte. V
gezogen, deren Liebe Haß, deren Kuß Biß ist.
körperte. Diese vornehme Gestalt mit der stolzen behaupten, das Stück hinge nicht gar wohl
Sie schwankt zwischen Theater und Wahrheit, zwischen
Haltung des Hauptes, diese Stirne, hinter
was frage ich danach! Genug, der fünste
Sardon und Ibsen. Vollste Bewunderung gebührt
deren Blässe harte Gedanken schimmern, diese leise
in Götzendorf!“ Aber das Werk hat al
dieser Gestalt in ihrer Kühnheit, frivoe Motive durch
zuckenden Flügel der Nase, diese verächtlich auf¬
dichterische Qualitäten, und das Publikum
höchsten künstlerischen Ernst zu adeln, in der meister= bäumende Oberlippe, der hochfahrende Klang der
zu würdigen. Es war ein Ehrenabend für d
haften Technik, wie die klase Kälte ihres Wesens von Stimme, das immer etwas vorsichtig artikulierte Wort,
wie für den Dichter, der stolz sein darf,
einer aufwallenden Blutwoge weggehitzt wird, wobei der vielsagende Blick der dunkten Augen, die Gestalt
großen Wollen die verdiente Anerkennung ni
freilich in Schnitzlers Aus ührung der Frost intensiver war sicher und unvergeßbar geschaffen, die sich in
worden. Bedenken genug muß das Werk er
brennt als die Glut. Aber die Zeit brauchte und hatte
ganz einiger Weise mit der Persönlichkeit der
so nachdrücklicher soll das Wort wiederholt io
einsachere Naturen als Medardus und Helene, und
Darstellerin deckt. Wo dies weniger der Fall ist, wie
dem Paul Schlenther Gerhard Hauptmanns
dem gewöhnlichen Argumente, die Menschen der Ver¬
in der Liebesszeue, da wurde auch der Ton etwas hohl,
Geyer“ begleitete: „Der Gang durch die se
gangenheit seien Menschen wie wir, hat schon Hebbel
und die Sinnlichkeit klang unecht. In der sehr müh¬
des Stückes belohnt mit der Bekanntschaft
sein Wort entgegengestellt: „Sie werden in allen
samen, abr wenig dankbaren Rolle Etzelts zeigte
halb Hundert lebendiger Menschen. Darin
ihren Außerungen durch die jedesmalige Kultursuse
Treßler seim ganze Kunst eindringlicher, warmer
großartige Schöpferkraft, es soll unter unser
ihres Volkes bedingt, und die Römer haben nicht die
Rede, echte Volksfiguren stellten Herr Balajthy
Dichtern einmal ein zweiter kommen, der e
entfernteste Anlage zum Werther.“
(Eschenbacher) und Frau Bleibtren (Mutter
liches vermöchte.“
So erfreut uns „Medardus“ in zahlreichen seinen
Kähr), Herr Korff (Wachshuber) und Herr
Alexander von We
Einzelheiten der Handlung und der prächtigen Ge¬
Straßni (alter Herr), einen wohlverdienten Applaus
stalten, er wirkt oft hinreißend im Detail, aber keine holte sich Herr Arndt mit der meisterhaften Aus¬