II, Theaterstücke 22, Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 69

M
box 26/5
22. Denjungeuedandus
mutigen Technik hingezeich
liebte entlarven, die Hochzeit verhindern, irgendetwas wird. Ein junger Mensch, der dem Leben mit einer hoch¬
der Buchhändlerswitwe. D
gebäumten, leidenschaftlichen Gebärde entgegentritt, der
Fürchterliches begehen. Aber die Prinzessin bändigt ihn
Teinfaltstraße, der Altwie
aber die Höhe des eigenen Wollens niemals zu erklimmen
mit wenig Worten und schickt ihn wie einen Schul¬
wohnt. Die alte Gartenn
vermag. Noch nicht flügge. Seine Lust rauscht aus dum¬
jungen weg.
dann die Straße, an de
pfen Trieben auf, und spült alle Bewußtheit jedesmal mit
Sein Onkel Eschenbacher, ein ehrenfester Bürger von
Bastei mit ihren Kanon#
sich hinweg. An große Begebenheiten der großen Epoche
Wien, wird standrechtlich erschossen, weil er Landkacten
Schönbrunn mit der Freit
ist er geknüpft, wie beinahe alle Menschen, die in einer
und Pläne nicht in die Hand der Franzosen geben wollte.
Wühlen mit allen Möglich
wilden und bewegten Zeit leben. Er aber verwickelt sich in
Dieser Opfertod rüttelt den Medardus auf. Er will ein
gen in seiner entzückenden
diese Begebenheiten, wie in wirre Schlingen, er bleibt in
großes Werk vollbringen: Napoleon töten. Aber auch
Freude eines Dichters, sich
ihren Fäden hängen — gerade durch seine hochgebsumte
dieser Entschluß wird ihm geschwächt, da die Prinzessin
Vollen und aus der Füll
— und er wird von den Begebenheiten der Epoche
Geste -
nun von ihm verlangt, er solle den Tyrannen ermorden.
sehr geliebte Welt aufzuba
mit fortgeschleift, wird mit fortgezerrt, wie einer, den ein
Als ein tapferer Sohn der unterdrückten Stadt Wien hätte
ganzen Wirbel von Gesta
feuriges Roß abgeworfen hat, und der, stürzend, in
er es vielleich vermocht, den Dolch gegen den Franzosen¬
auszuleben, diese feste En
Zaumzeug und Bügel sich verstrickte. Ein Mensch von
kaiser zu #theben. Als Bravo der Valois mag ers nun
um des Theaters willen
seltenen Gaben. Daß er den Gedanken fassen konnte, die
nicht mehr, und so ist ihm die einzige Tat seines Lebens
ist mir das Liebste an
Prinzessin aus Rache zu verführen, daß er sie dann fort¬
gleichsam in den Händen verdorrt.
Dieser großzügig entworf
werfen wollte, zeigt, daß er ein Mensch von seltenen
Noch einmal dreht ihn das Schicksal um sich selbst,
Handlung klein und dür
Gaben ist; sagen wir: von interessanten Gaben. Jede
daß er taumelt. Er hört, die Valois sei die Geliebte des
punkten manchmal trotz a
Epoche, die aufgepeitscht ist von großen Ereignissen, schleu¬
Kaisers geworden. Da sticht er sie auf der Freitreppe des
ist denn auch der wertvoll
dert im Schaum ihrer Brandung solch merkwürdige
Schönbrunner Schlosses nieder, eben als sie zu den Ge¬
Das Burgtheater hat
Existenzen, solch problematische Charaktere empor. Es ist
mächern des Kaisers emporschreiten will.
„jungen Medardus“ endlich
heute die Wonne der Psychologen, in der Weltgeschichte
Und noch einmal dreht ihn das Schicksal um sich
schen Dichter zu eigen geg
nicht nach den führenden Gestalten, sondern im Bran¬
selbst. Die Prinzessin trug den Gedanken einer Judith in
ganzen Reichtum wie scho
dungsschaum der Epochen nach solchen versprühten, ver¬
ihrem stolzen Herzen, als sie die Schloßtreppe emporstieg;
Interieurs sind da geschaft
sprengten Menschlichkeiten zu suchen. Episodenfiguren im
sie wollte den Feind ihres Hauses, den Räuber der französi¬
dardus, der Salon des
historischen Wirklichkeitsdrama. Und es ist heute die Deli¬
schen Krone, wollte Napoleon mit eigenen Händen töten.
mer der Prinzessin, dann
katesse des schöpferischen Geistes, solche Episodenmenschen
Also hat Medardus das Leben Bonapartes gerettet.
Künsten, die zu einer
#u ersinnen. Tropfen, in denen die Luft und der Himmel
Der Kaiser will es ihm danken, will ihn frei lassen, ihn
endlich die Fassade des L##
irgendeiner Zeit sich farbig spiegeln.
sehen, ihn vielleicht gar mit Gütern und Ehren begnaden.
ungeheure Buntheit Altwi
Hier ist Luft und Himmel und Farbe der Napoleon¬
Da bekennt Medardus, er habe nicht die Absicht ge¬
scher Uniformen. Es ist n#
zeit. Die rauschende Musik und das fieberhafte Tempo
habt, Napoleon zu retten, er habe selbst sich mit dem
am meisten durchgearbeiten
jener Märchenjahre. Außerdem: eine wundervoll lebendige
Plan getragen, den Kaiser zu erdolchen. Er weist die
den letzten Jahren gesehen
Atmosphäre, eine durchaus österreichische, durchaus wiene¬
Gnade, die ihm angeboten wird, zurück, weigert das Ver¬
helfen, dem Stück einen
rische Atmosphäre, in der es irgendwie klingi, als sei die
sprechen, von seiner Feindseligkeit gegen den Kaiser abzu¬
trotzdem es ungefähr fün
süße Menuettmelodie Mozarts noch das Grundmotiv
stehen. Und stirbt. Ein Tod, der mehr trotzig ist als stolz,
Wien wird sich im Wiene
dieser Welt. Vierzehn bunte Szenen gleiten an uns vor¬
mehr eigensinnig und verzweifelt als tragisch.
Auch schauspielerische
bei, vierzehn farbige Bilder. Aquarelle wollen wir sagen.
Ein Held, der neben den Ereignissen einhergeht, der
zwischen die Ereignisse gerät, und von ihnen zermalmt! Denn sie sind in einer ganz leichten, unbeschreiblich an¬ zum Erfolg. Am wenigst#