II, Theaterstücke 22, Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 75

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22. Derjunge Medandus
geschlagen werden.
mäßigten Deutschen durch die
Es haben ja übrigens auch an sich schon die sich
sehr zur Unzeit, daß
posttiven Ergebnisse der bisherigen Arbeiten der Führung, die in der National
me
Mutter des Mädchens und der unbeugsamen Fürsten= die Seinen, fürs Vaterland töten
*
Burgtheater.
Wut stürzt er auf sie zu, da
Fraison des Herzogs. Sie können und dürfen nicht mehr
Schritt zu den kaiserlichen Gema
von einander lassen und gehen lieber in den Tod. Am
Eine „dramatische Historie“ hat Artur Schninlerf
nun tut das Messer seine Schuld
Grabe Agathens gedenkt der eben zum Auszug bereite
Gesenber
seinen jungen Medardus genannt.“
ist ein schauerlicher Irrtum. Sein
Landwehrmann Medardus nicht mehr des bedrängten
aller kritischen Würdigung wollte er wohl jestgestellt
Rächerin getroffen. Da Medard
Vaterlandes, nicht mehr des verhaßten Tyrannen Na¬
haben, daß er sein Werk über streng gezogene Grenzen
wollte Helene selbst den Gewaltig
poleon, sondern der Rache an der hochmütigen Fürsten¬
einer dramatischen Komposition hinausgeführt habe. In¬
zwischen ihr und dem Throne
familie, durch die die zärtlich geliebte Schwester ins Un¬
mitten des Sthaffens mag die Fülle des Stoffes ihm
die Tat ist geschehen und in
glück geraten und ihm geraubt worden ist. Und mit
eine neue Anregung über die andere gebracht haben, der
Träumer Medardus zum Manne
schmähenden Worten des Hasses weist er die Blumen
er nicht widerstehen konnte. So hat er uns eine Reihe
wächst er empor, da er den Mord
zurück, mit denen die stolze Prinzeß Helene den Sarg des
von Bildern geboten. Er ist sichtlich bestrebt gewesen,
Bruders schmücken will, der mit dem Agathens im ge¬
auch als den seinigen kühn einbel
ihren inneren Zusammenhang zu wahren, trotzdem sehen
unlöslich verbunden erklärt. Nun
meinsamen Grabe bestattet ist. Der geschworene Haß je¬
wir nur ein loses Gefüge vor uns und erst in den aller¬
er einst geträumt und wozu die I
doch wandelt sich später in erhörte Liebe, die alle anderen
letzten Szenen schließen sich Stimmungen, Schicksale und
ausgereicht. Für die unausgeführte
Gedanken an Pflicht, Vaterland, Rache auslöscht. Doch
Entscheidungen zu einer Gesamtwirkung und zu einem
entgegen. Und selbst der Gewalt
neuerdings schreckt Medardus das Bluturteil, das seinen
Epilog zusammen.
Wille die Völker niedergezwungen,
wackeren Oheim vor sechs Flinienläufe zerrt, auf.
Inmitten aller Begebenheiten steht der Held, der
Achtung dem Mannesmut, den die
Wiederum fühlt er sich als den berufenen Tyrannen¬
Wiener Bürgerssohn Medardus, mit seinem Erleben und
Ist Medardus der symbolisch
mörder. Doch der liebe Junge ist nicht der tatkräftige
Träumen, seinen heroischen Entschlüssen und seiner
Wien von 1809, für jene wunde#
Hasser, für den er sich selbst hält und für den ihn auch
dumpfen Tatenlosigkeit: um ihn her die wechselnden
blühender Hoffnung, voll Begeiste
Prinzeß Helene nimmt, die ihn in ihren Armen zur Er¬
Stimmungen von 1809, die tatenfreudige Brgeisterung
Reich, für die deutsche Sache?
mordung Napoleons berauschen zu können meint. Seine
einer schwärmerischen Jugend, die Hoffnungen der Besten,
solchen Glauben verhüten, indem
weiche Seele kennt nur die flüchtige Freude, das Leid,
die sich in bittere Enttäuschungen wandeln, die unruhig
den Zorn des Augenblicks. Jene männliche Entschlossen¬
von den Erlebnissen des Medardu
flackernde Erregung des kleinen Bürgervolkes. Bestimmend
nebenher in einigen vorzüglich hei
heit, die die Tat fest im Auge behält, unerschütterlich
für sein Schicksal wird aber noch ein anderes. In Wien
jene wenigen Stunden der Verteid
vorbereitet und in finsterer Ruhe sie reifen läßt, ist ihm
hat ein Zweig der entthronten französischen Königsfamilie
Da zeichnet er mit ein paar sicher
fremd. Er gleicht dem Hamlet Goethes, dem „eine Tat
Zuflucht gefunden, der greise, blinde Herzog ist von vagen
Tüchtigkeit, schlichten Mannesmi
auf die Seele geschrieben ist, der sie nicht gewachsen".
Prätendentenhoffnungen betört. Ein paar seiner Getrenen
Vaterlandsliebe. Doch äußert sich
Wohl faßt er das Gewaltige, das um ihn her sich be¬
glauben an sie und andere knüpfen an ihre Verwirk¬
tönenden Worten, wie sie die Ju
gibt und auch ihm zum Erlebnis wird, aber es vermag
lichung die Erwartungen ehrgeiziger Verschwörer. Seiner
lieben, sondern in grimmigem Hu#
nur die hoffnungslose Erkenntnis seiner Schwäche zu be¬
Tochter aber, der herrlich schönen Prinzessin Helene ist
Tat. Ein kräftiger Gegensatz also
die Krone Frankreichs glühender Lebenstraum. Von dem
wirken; doch dem verzweifelnden Jüngling soll kein
tatenscheuen Wesen des Medardus
kleinlicher Ausgang beschieden sein. Im Schönbrunner
dürftigen Emigrantenhof haben sich zarte Fäden zu dem
noch wirksameren Gegenpart diese
behaglichen Bürgerhaus gesponnen, dem Medardus ent¬
Helene dar. Eine hochragende Frau
stammt. Sie werden zum Verhängnis für beide. Den sich herumtreibt, gewährt er Helenen, deren Begehren,
Jugendkraft und Shönheit. Ihrem
dardus, vereinigt ein Herzensbund fürs Leben. Sie ge= wiesen. Das Gerücht bezeichnet sie ihm als die nun= sich ihre gesamte Umgebung. Auch
hören einander an, trotz der vorsichtigen Abwehr der mehrige Geliebte desjenigen. den er für sie, für sich und“ ein Vermächtnis: mit stolzer Be