II, Theaterstücke 22, Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 134

22. Der—junge Medandus

D
4
(OBSENTER‘

Leetert. Dehoral
konzen
Bures
für Zeitut.
Neue Freie Prosse.
Konkoree
75 11. 1910
[Die Erstaufführung von Artur Schnitz¬
lers-„Jungem Medardus“ im Burgtheater.]
Die heutige Première der dramalischen Historie „Der junge
Medardus“ von Artur Schnitzler, über deren
künstlerische Bedeutung und Erfolg wir an anderer Stelle
referieren, war zugleich ein geseulschaftliches Theaterereignis.
Das Antlitz einer Burgtheaterpremière blickt ja immer um
eine Nuance feierlicher und vornehmer drein, als das irgend
eines anderen Premierenabends. Heute kam noch ein er¬
wartungsvoll gespannter Zug dazu. Das Schnitzlersche Werk
ist ja eine literarische Sensation, der man mit gespannten
Erwartungen entgegensah. Nicht nur, weil es ein Werk Artur
Schnitzlers ist, sondern auch durch das, was schon vorher
über den gigantischen Umfang und die komplizierte technische
Beschaffenheit des Werkes bekannt geworden war. Deshalb
mußte auch der übliche Premierenbeginn um eine halbe Stunde
zurückgerückt werden. Halb 7 Uhr abends — für Wien eine
ungewöhnlich zeitliche Premierenstunde. Trotzdem finden sich
alle pünktlich ein, alle, die an einem solchen großen Burg¬
theaterabend dabei sein müssen. Das oft gesehene Bild der
Wagenaujjahrt rollt heute besonders imposant und eindrucks¬
voll vorüber. Im Vestibül, auf den Gängen und Stiegen,
überall ist drinnen das große Ereignis des Abends zu
Er¬
spüren. Eine Spannung liegt in der Luft, eine große
wartung, und sie äußert sich in jeder Bewegung, in jedem
Frauenblick. Das Premierenhaus ist bald vollzählig bei¬
sammen. Nirgends ein leerer Platz, vom Stehparterre bis zu
setzt
den steilen Plätzen der vierten Galerie. Die Ouverture
gedämpft ein; irgend eine jener pathetischen Burgtheater¬
vuverturen, die man miteinander so leicht verwechselt. Lange
bevor sie zu Ende ist, sind die allerletzten Besucher erschienen.
In der linken unteren Hofloge sitzt Erzherzog Karl
Stephan in Gesellschaft seines Sohnes und seiner Tochter.
Nach dem dritten Akt erschienen auch der Thronfolger Erz¬
herzog Franz Ferdinand mit seiner Gemahlin, der
Herzogin von Hohenberg, und der Herzog von Würt¬
temberg in der Hofloge und wohnten der Vorstellung bis
zum Schlusse bei. In den übrigen Logen hat das vornehme
aristokratische und bürgerliche Wien Platz genommen. Alle
äußerlichen Merkmale eines großen Wiener mondainen Abends
sind in eleganter Vollzähligkeit beisammen: Schöne Frauen¬
antlitze, Geschmack und Luxus und populäre Köpfe. Auch
sehen,
manche künstlerische und literarische Erscheinung ist zu
Schriftsteller, Schauspieler, überhaupt alle, denen ein Burg¬
theaterereignis nahe geht. Nur eine einzige Loge ist heute
ganz leer geblieben: die linke Künstlerloge im dritten Stock.
Die 78 Herren des Burgtheaters haben nämlich keine Zeit,
sich den „Jungen Medardus“ anzuschen, weil sie alle zu¬
sammen ihn darstellen.
box 26/5
„OBSERTE
Lösterr. ben
konz
Bureau
für Zeitungsnacht
Wien, 1.
Konkordiaplats
6 11 1910
Lepihgel Reusie Nachrichter
Die Uraufführung von Arthur Schnitzlers „Der junge Mebardus.“
(Telegramm unser¬
Aitarbeiters.) Ar¬
thur Schnitzlers dramatische Historie „Der junge Medar¬
dus“ erlebte gestern im Burgtheater ihre Uraufführung. Das
Werk, das ursprünglich auf sieben Stunden Dauer berechnet war, ist
jetzt auf fünf Stunden gekürzt worden. Es enthielt über 70 Rollen und
stellt daher an die Aufführung die höchsten Ansprüche, denen das Burg¬
theater vollauf gerecht wurde. Die Hauptrolle, die für Kainz geschrie¬
ben wurde, wurde von Gerasch kaum vollkommen ausgeschöpft, die
Velksszenen waren dagegen voxtrefflich dargestellt und errangen leb¬
haften Erfolg, doch machte sich gegen Ende der Vorstellung eine starke
Ermüdung des Publikums geltend=Amerhin war die Aufnahme
mehr als ein=Achtüngserfolg.

Telephen 12.891.
„UDSLRTER
Jeterr. bebördl. konz. Unternehmen für Zeltunge-Ausechaltte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
a Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
Oenf, Kopenhagen, London, Madrid, Mafland, Minneapolie,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petess¬
burg, Toronto.
(Guehlenangabe ohme Gewähr.
Ausschnitt aus: 15
vom:
Beim Bühnentürl.
Die Hofburgschauspieler haben Schnitzlers „Der junge
Medardus“ in „Der lange Medardus“ umgefäuff.