hox 26/5
22. DerungeMedandus
Wien gewesen und man hat sie damals als rei= erschütternde Anblick stürzt alles um, läß
zende Feinde kennen und zum Teil sogar lieben dus alles vergessen: Vaterland, Familie
„Feuileton.
gelernt. Aber in den vier Jahren hat sich manches pflicht. Er hat jetzt nur mehr ein 3
verschoben. Das deutsche Nationalbewußtsein be=seine Pflicht: den tödlichen Haß gegend
ginnt sich zu rühren, Hoffnungen regen sich und Valois.
7
„Der junge Medardus.“
gipfeln in dem Feldherrn Erzherzog Karl. Auch
Dies der Inhalt des Vorspiels. In
Von Artur Schnitzler
die Franzosen sind diesmal nicht mehr so liebens=genden fünf Akten wird die ziemlich
* Wien, 24. Nov. -ell Dichter der jung¬
würdig, da sie sich ihrer Sache nicht mehr ganz gewunden verlaufende Kurve dieses Ha
wienerischen heutigen Gegenwart zieht es immer
sicher fühlen. Die Stimmung in Wien ist kurtos wickelt. Zunächst trifft Medardus bei dem
wieder zum historischen Drama hin — ein Gebiet, gemengt: aus Franzosenbewunderung und samen Begräbnis der beiden Leichen mi
auf dei fast jeder dichterische Dramatiker sein dumpfem Franzosenhaß, aus geschwätziger Neu= von Valois, der hochmütig stolzen und eh
Können einmal erprobt
— und auch Artur gierde, käuflicher Feigheit und grollendem Un= Schwester des Verstorbenen, zusammen,à
Schnitzler hat es schon einigemal betreten. Mit mut. Das Unglück ist nur, daß niemand recht in einer leidenschaftlich heftigen und g
dem „Grünen Kakadn“, und dem „Schleier der weiß, was er will und was er soll. Auch der Weise, die alle möglichen Zärtlichkeiten
Beatrice“ seiner stärksten und seiner schwächsten junge Medardus Klähr nicht. Er ist der einzige ahnen läßt. Vorerst hat er aber ein D
dramatischen Leistung. An diese „Beatrice“ er= Sohn der Buchhändlerswitwe Klähr, ein Wiener dem Marquis von Valois, dem Bewe
innert Der junge Medardus“ in mancher Hin= Bürgerssohn und Student, wie viele andere, nur Helenens Hand und den französischen T
sicht. Nicht nur, daß beide Figuren den Fami=noch um einiges heftiger, stolzer und konfuser. bestehen. Sein Degenstich trifft Medar
lienzug der Schnitzlerschen Gestalten tragen, das Eben ist er im Begriff, gleich den übrigen wehr= ins Herz. Helene schickt dem vermeintli
träumende, dämmernde Sichselbstnicht=Verstehen, fähigen Studenten als braver Landwehrmann ins Blumen ins Haus, und der Schwerver
das Tändeln mit dem Leben, mit der Liebe und Feld zu ziehen. Da tritt ein tragisches Familien=dankt noch am selben Abend mit einen
dem Tode — auch die ganze Voraussetzung und ereignis dazwischen. Seine von ihm über alles über die Gartenmauer hinüber. Helene
Stimmung der historischen Situationen ist von geliebte Schwester Agathe hat ein Verhältnis mit ihn in ihrem Zimmer, und er ist eine Ne
einer merkwürdigen Aehnlichkeit. Dort war's Frangois von Valois, dem jugendlichen Sohn der Geliebte der von ihm erbittert gehaßte
Cesars Borgia, der gegen Bologna drohend heran- des Herzogs von Valois, der in der Revolutions¬
Prinzessin von Valois. Denn auch diese
zieht. Diesmal ist's Napoleon, der Wien belagert.
zeit aus Frankreich vertrieben wurde und von nacht ist Medardus nur ein Mittel seine
Nur in dieser gepreßten und geängstigten Belage Wien aus gegen Napoleon konspiriert, um auf den Er will die Schande der Prinzessin von
rungsstimmung sind die wunderlichen Gestalten Thron zu gelangen. Selbstverständlich will er hinausschreien in die ganze Stadt.“
der Beatrice und des Medardus und die überreizvon einer Heirat seines Sohnes mit dem Bürger=zärtliche Sehnsucht ist noch stärker al¬
ten Vorgänge möglich und einigermaßen ver¬
mädchen nichts wissen, und François, der es sehr hässige. Er kommt am nächsten Aben
ständlich.
ernst meint geht daraufhin mit Agathe, die ein und findet das Tor verschlossen und di
Das neue Drama Artur Schnitzlers oder, wie Kind von ihm unter dem Herzen trägt, in die von bissigen Hunden bewacht.
er sein Werk nennt, die dramatische Historie „Der Donau. Die beiden Leichen werden gerade bei
Inzwischen ist Wien unter Schreck
junge Medardus“ spielt also in Wien von 1809,dem Wirtshaus angeschwemmt, wo sich Medardus Feuersbrunst von den Franzosen bela
Schon vier Jahre vorher sind die Franzosen in mit seinen Kriegsgefährten versammelt hat. Der eingenommen worden. Diesmal sind sie
22. DerungeMedandus
Wien gewesen und man hat sie damals als rei= erschütternde Anblick stürzt alles um, läß
zende Feinde kennen und zum Teil sogar lieben dus alles vergessen: Vaterland, Familie
„Feuileton.
gelernt. Aber in den vier Jahren hat sich manches pflicht. Er hat jetzt nur mehr ein 3
verschoben. Das deutsche Nationalbewußtsein be=seine Pflicht: den tödlichen Haß gegend
ginnt sich zu rühren, Hoffnungen regen sich und Valois.
7
„Der junge Medardus.“
gipfeln in dem Feldherrn Erzherzog Karl. Auch
Dies der Inhalt des Vorspiels. In
Von Artur Schnitzler
die Franzosen sind diesmal nicht mehr so liebens=genden fünf Akten wird die ziemlich
* Wien, 24. Nov. -ell Dichter der jung¬
würdig, da sie sich ihrer Sache nicht mehr ganz gewunden verlaufende Kurve dieses Ha
wienerischen heutigen Gegenwart zieht es immer
sicher fühlen. Die Stimmung in Wien ist kurtos wickelt. Zunächst trifft Medardus bei dem
wieder zum historischen Drama hin — ein Gebiet, gemengt: aus Franzosenbewunderung und samen Begräbnis der beiden Leichen mi
auf dei fast jeder dichterische Dramatiker sein dumpfem Franzosenhaß, aus geschwätziger Neu= von Valois, der hochmütig stolzen und eh
Können einmal erprobt
— und auch Artur gierde, käuflicher Feigheit und grollendem Un= Schwester des Verstorbenen, zusammen,à
Schnitzler hat es schon einigemal betreten. Mit mut. Das Unglück ist nur, daß niemand recht in einer leidenschaftlich heftigen und g
dem „Grünen Kakadn“, und dem „Schleier der weiß, was er will und was er soll. Auch der Weise, die alle möglichen Zärtlichkeiten
Beatrice“ seiner stärksten und seiner schwächsten junge Medardus Klähr nicht. Er ist der einzige ahnen läßt. Vorerst hat er aber ein D
dramatischen Leistung. An diese „Beatrice“ er= Sohn der Buchhändlerswitwe Klähr, ein Wiener dem Marquis von Valois, dem Bewe
innert Der junge Medardus“ in mancher Hin= Bürgerssohn und Student, wie viele andere, nur Helenens Hand und den französischen T
sicht. Nicht nur, daß beide Figuren den Fami=noch um einiges heftiger, stolzer und konfuser. bestehen. Sein Degenstich trifft Medar
lienzug der Schnitzlerschen Gestalten tragen, das Eben ist er im Begriff, gleich den übrigen wehr= ins Herz. Helene schickt dem vermeintli
träumende, dämmernde Sichselbstnicht=Verstehen, fähigen Studenten als braver Landwehrmann ins Blumen ins Haus, und der Schwerver
das Tändeln mit dem Leben, mit der Liebe und Feld zu ziehen. Da tritt ein tragisches Familien=dankt noch am selben Abend mit einen
dem Tode — auch die ganze Voraussetzung und ereignis dazwischen. Seine von ihm über alles über die Gartenmauer hinüber. Helene
Stimmung der historischen Situationen ist von geliebte Schwester Agathe hat ein Verhältnis mit ihn in ihrem Zimmer, und er ist eine Ne
einer merkwürdigen Aehnlichkeit. Dort war's Frangois von Valois, dem jugendlichen Sohn der Geliebte der von ihm erbittert gehaßte
Cesars Borgia, der gegen Bologna drohend heran- des Herzogs von Valois, der in der Revolutions¬
Prinzessin von Valois. Denn auch diese
zieht. Diesmal ist's Napoleon, der Wien belagert.
zeit aus Frankreich vertrieben wurde und von nacht ist Medardus nur ein Mittel seine
Nur in dieser gepreßten und geängstigten Belage Wien aus gegen Napoleon konspiriert, um auf den Er will die Schande der Prinzessin von
rungsstimmung sind die wunderlichen Gestalten Thron zu gelangen. Selbstverständlich will er hinausschreien in die ganze Stadt.“
der Beatrice und des Medardus und die überreizvon einer Heirat seines Sohnes mit dem Bürger=zärtliche Sehnsucht ist noch stärker al¬
ten Vorgänge möglich und einigermaßen ver¬
mädchen nichts wissen, und François, der es sehr hässige. Er kommt am nächsten Aben
ständlich.
ernst meint geht daraufhin mit Agathe, die ein und findet das Tor verschlossen und di
Das neue Drama Artur Schnitzlers oder, wie Kind von ihm unter dem Herzen trägt, in die von bissigen Hunden bewacht.
er sein Werk nennt, die dramatische Historie „Der Donau. Die beiden Leichen werden gerade bei
Inzwischen ist Wien unter Schreck
junge Medardus“ spielt also in Wien von 1809,dem Wirtshaus angeschwemmt, wo sich Medardus Feuersbrunst von den Franzosen bela
Schon vier Jahre vorher sind die Franzosen in mit seinen Kriegsgefährten versammelt hat. Der eingenommen worden. Diesmal sind sie