II, Theaterstücke 22, Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 161

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27. M0“ 1910
Gr. Arthur Schnitzlers dulmatische Historie (Der junge Medardus“.
ans in Ergänzung unseres Telegramms:
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Da# par gestern eine Sensationspremiere im Burgtheater, sensationel!
alle#ings weniger durch den Erfolg, der immerhin ein sehr freundlicher#
war, als durch den Umfang des aufgeführten Werkes. Arthur Schniße)
lers dramatische Histonie „Der junge Medardus“ ist der Wolken¬
kratzer unter der modernen dramatischen Produktion. In der ur¬
sprünglichen Fassung hätte die Aufführung sieben Stunden beansprucht,
und auch in der gegenwärtigen stark gekürzten Gestalt dauerte die
Premiere noch volle fünf Stunden. Das Werk zerfällt in sechs Akte,
ein Vorspiel und siebzehn Bilder, wovon bei der Aufführung im Burg¬
theater zwei gestrichen waren. Der Theaterzettel füllt eine ganze
Spalte der Neuen Freien Presse und umsaßt 78 Einzelpersonen und
außerdem ein Heer von Komparsen, Volk, Soldaten und Studenten.“
Das Drama spielt in Wien während der zweiten Besetzung der Stabt
durch Napoleon im Jahre 1809. Es ist also gewissermaßen ein patrio¬—
tisches Stück, aber ohne Hurrapatriotismus, eher eine Satire auf die
Seife 16.
Leipzig
Kleinmütigkeit und Trottelhaftigkeit der Wiener aus der damaligen
Zeit. Im „Jungen Medardus“ geht es stellenweise sehr laut zu. Ge¬
wehrgeknatter, Kanonendonner, Salven wechseln mit dem Flammen¬
schein in die Luft gesprengter Häuser. Elf Personen sterben, die meisten
auf gewaltsame Art, ein Liebespaar geht ins Wasser, ein kleines Mäd¬
chen wird durch einen Granatsplitter getroffen, zwei Offiziere durch
Schüsse, mehrere Personen erleiden kriegsgerichtlich den Tod durch
Pulver und Blei, zwei Akteure werden im Duell verwundet. Gleich
das Vorspiel bringt einen Doppelselbstmord, der erste Akt beginnt
mit einem Doppelbegräbnis, und der zweite damit, daß der junge
Medardus halbtot aus einem Duell heimgebracht wird. Das Schau¬
spiel hat eine verwirrende Fülle von Handlung, durch die man nur
schwer den roten Faden finden kann. Medardus wird schließlich stand¬
rechtlich erschossen. Nach Vollzug des Urteils verkündet General Rapp:
„Es ist der Wille des Kaisers, daß Medardus Klähr mit allen Ehren!
in geweihter Erde begraben werde, als dieses Krieges letzter und selt¬
samster Held“. Die Hamletrolle des Medardus war für Kainz ge¬
schrieben. An seiner Statt gab sie Gerasch, der sie zweifellos nicht
ganz ausschöpfen konnte. Doch hatte er manche prächtigen Momente.
Ausgezeichnet war Fräulein Wohlgemuth als Prinzessin Helene.
Auch die übrigen Darsteller wie auch die Volksszenen waren vortreff¬
lich Arthur Schnitzler wurde fast nach allen Szenen gerufen. Trotz¬
dem machte sich zum Schluß eine starke Ermüdung nicht nur des Publi¬
kums, sondern auch der Darsteller bemerkbar. Ob der „Junge Medark)
dus“ auch außerhalb Wiens bühnenfähig wäre, muß einigermaßen be¬¬
zweiselt werden.
P. Kl. Mozarts Balletmusik Mau
box 26/5
Telephon 12.001.
„UDSERTER
1. Seterv. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschaltte
Wien, I., Conoordiaplatz 4.
Vertretungen
In Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
Oent, Kopenhagen, London, Madrid, Malland, Minneapolls,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockkolm, St. Peters¬
burg, Toronto.
(Quellenangabe ehne Nowährl
Ausschnitt aus:
26./001910
Bresfauer Morgen Zeitung.
vom:
Wiener Theater. Das Hofburgtheater führte den seit:
langer Zeit erwarteten neuen Schnitz
die dramatische
Historie „Der junge Me¬###
Das Stück war ur¬
in dieser!
sprünglich so umfangreich, daß es den „Von Carlos“
Hinsicht — weit hinter sich zurückließ. Nach gewaltigen Kürzungen
blieb immer noch eine Theaterarbeit von ganz ungewöhnlichen
Maßen übrig. Sie hat nicht weniger als —
Verwandlungen
und benötigt nahezu 80 Darsteller. Sogar das an Mitgliedern reiche
Burgtheater mußte Statisten für Sprechrollen zu Hilfe nehmen und
seinigen Schauspielern zwei Aufgaben anvertrauen, was früher nie¬
mals an dieser Stelle vorgekommen ist. In kurzen hastigen Bildern
serzählt Schnitzler eine höchst seltsame Geschichte mit allerdings tat¬
sächlichem Hinterarund, indem er an jenen jugendlichen Attentäter
crinnert, der im Jahre 1809 Napoleon I. in Schönbrunn zu ermorden
versuchte. Dieser Schwärmer wird bei Schnitzler zu einem äußerst
romantischen Fanatiker, der zum Schlu“ eine von ihm geliebte fran¬
zösische Prinzessin (1) aus dem Hause Valois statt des Kaisers er¬
mordet. Die psychologische Entwickelung des Hauptcharakters ist
Schnitzler durchaus nicht gelungen. Dafür ist das sittengeschichtliche
Zeiwerk, insbesondere die Schilderung der Altwiener Bevölkerung,
reich an feinen Zügen. Leider aber gerät die „Historie“ gegen das
Ende zu immer mehr ins Grelle. Von den 80 Personen sterben
nicht weniger als 11, teils durch Selbstmord, teils durch Pulver und
Blei. Kanonen und Gewehre krachen und Häuser werden in die
Luft gesprengt. Gerade dieser Riesensvektakel schien aber dem
Publikum ungemein viel Spaß zu machen. Es bereitete dem mit
außerordentlichem Aufwand ausgestatteten und äußerlich glanzvoll
inszenierten Werke eine überraschend herzliche Aufnahme. für die
sich Schnitzler mehrfach bedankte. Die, ursprünglich für Kainz be¬
stimmte, Titelrolle spielte Herr Gerasch mit heißem Bemüben,
1
[Nußer ihm hatten nur noch Frau Bleibtreu (Medardus'
AMutter) und Fräulein Wohlgemuth (Prinzessin von Valois)
Gelegenheit schausoielerisch hernorzutreten. Wie das Schitlsal des
Jungen Medardus“ an einer Bühne sein wird, die über weniger
elgroße Mittel verfügt. als das Buratheatex, ist aar nicht, abrusebey.
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