Manichien abnbingen ficher, in der lesien Zeit gunz verschlosse,
— Staps: „Sire, wenn wir den Fricden erhaten, wirde
geben“
betrieb aber heimlich desto eifriger die Ausführung seines Planes.
ich es tun, aber wenn der Krieg noch fortdauern soll, so werde ich
Nachdem er sich einen Paß, Geld und einen Wagen verschafft hatte,
den Plan ausführen.“ Ohne dem eben von Paris angekommenen
verließ er am 24. September Erfurt. Am 7. Oktober kam er in
Corvisart zu sagen, um was es sich handle, übergab er ihm nach
Wien an. In den Cafés studierte er eifrig die Zeitungen und
Rovigo den jungen Menschen zur Untersuchung. Corvisart erklärte,
überzeugte sich, daß der Frieden, von dessen baldigem Abschluß er
daß der Puls wohl ein wenig unruhig wäre, aber daß dies von
gehört hatte, noch nicht geschlossen worden sei und daß auch wenig
keiner Krankheit, sondern von einem leichten Nervenreiz herrühre.
Aussicht dafür vorhanden wäre. So erschien ihm die Ausführung
„Nun wohl,“ erwiderte Napoleon, „dieser junge Mensch kommt
seines Vorsatzes notwendig. Er wollte sich bei der Parade in
hundert Stunden weit her, um mich zu töten.“ — Er erzählte
Schönbrunn dem Kaiser nähern und ihn mit den Worten an¬
hierauf dem überraschten Corvisart, was vorgefallen war. In Wien
sprechen: „Werden wir Frieden bekommen oder nicht?“ Wenn er
vor ein Kriegsgericht gestellt, wurde Staps von diesem verurteilt
keine oder eine abschlägige Antwort erhielt, wollte er ihm den Dolch
und hierauf hingerichtet.
ins Herz stoßen, den er sich gekauft und an der Spitze hatte doppelt
Der Kaiser hatte inzwischer (Schönbrunn verlassen und war
schärfen lassen. Als Staps am 12. Oktober mittags den Schloßhof
nach Paris zurückgekehrt. Wie nun einmal das Gerücht übertreibt,
in Schönbrunn betrat, war der Kaiser eben die große Schloßtreppe
so hieß es in Wien, daß Staps einer weitverzweigten Verschwörung
hinabgestiegen, an deren Ende verwundete Offiziere mit Bitt¬
angehöre. Diese Vermutung erwies sich jedoch nach Rovigo als
gesuchen und neben der Garde, den Adjutanten usw. drei ver¬
grundlos. Immerhin gab der Fall zu denken und es wurde in
wundete badische Soldaten warteten. Napoleon blieb bei den drei
Napoleons Umgebung befürchtet, daß das Beispiel des jungen
Badensern stehen, dann ließ er die Truppe einige Bewegungen aus¬
Fanatikers Nachahmer finden würde.
führen und sprach mit Offizieren der Jäger zu Pferde, als Staps
Bei ruhiger Ueberlegung mußte man sich sagen, daß zum
bis auf zwei Schritte in seine Nähe trat, sauber gekleidet, in einem
Gelingen des Anschlages nicht viel gefehlt hatte. Auch auf Napoleon
neuen, olivenfarbigen Ueberrock mit grünem Kragen und grünen
konnte die Sache nicht ohne Eindruck geblieben sein. Denn, wenn
Aufschlägen, einen französischen Chapeau=Claque mit der französischen
wir auch wissen, daß der französische Kaiser am Abend nach dem
Kotarde am Kopfe. Napoleon bemerkte ihn nicht, aber Berthier hielt
denkwürdigen 12. Oktober, bei dem ein Messerstoß die Schicksale
den Vortretenden zurück; er glaubte es mit einem Bittsteller zu tun
Europas und mit diesem die Schicksale der Welt in andere Bahnen
zu haben, weil Staps die Hand in den oben geöffneten Mantel
hätte lenken können, das Ballett des Kärntnertortheaters zu sich
hineingesteckt hatte, als wolle er eine Bittschrift hervorziehen. Als
nach Schönbrunn kommen ließ, so lag darin mehr der Wunsch, sich
der Jüngling sich losreißen wollte, rief der Marschall den General
gewaltsam zu zerstreuen, als eine Geringachtung des Attentats. Die
Rapp herbei, der ihn den Gendarmen übergab. Nun fand man bei
Napoleonlegende will wissen, daß der Korse nach dem Attentat sich
ihm den großen Dolch, den er in einen mit Bindfaden verschnürten
auf der Schönbrunner Bühne von Talma den „Julius Cäsar“ vor¬
Bogen Papier wie in eine Scheide gesteckt hatte. Als er verhört
spielen ließ. Diese Vorstellung hat aber schon ein Jahr vorher in
wurde, blieb der Gefangene dabei, er wolle dem Kaiser allein sein
Erfurt stattgefunden. Weiter berichtet die Chronik, daß der Plaka¬
Geheimnis mitteilen. Vor Napoleon geführt, gestand er in einer
teur vom Kärntnertortheater die durch Napoleons Laune not¬
halbstündigen Unterredung mit dem Kaiser, daß er ihn habe töten
wendig gewordene Repertoireänderung für den kritischen Abend zu
wollen. Auf die Frage des Herrschers: „Würden Sie es mir danken,
spät bekannt gab, und die französischen Offiziere, als man ihnen
wenn ich Sie begnadigte?“ verharrte Staps bei seiner Absicht: „Ich
statt des Balletts mit der Vigano Weigls „Waisenhaus“ präsentierte,
würde Sie dennoch zu töten suchen." Er war vollkommen ruhig,
im Hause Lärm machten, das Orchester und die Bühne stürmten 2c.,
sein Puls zeigte keinerlei Erregung. Er erklärte auch, seinen Plan
bis sie erfuhren, welch höhere Macht sie um den erwähnten Kunst¬
ganz kaltblütig angelegt zu haben. Die Strafe, die ihn treffe, kenne
genuß gebracht hatte.
er wohl, er ersehne die Nähe des Todes und erhoffe für den beab¬
Eugen Guglia hat in seinem „Napoleon“*) die Vorführung
sichtigten Mord eine Belohnung vom höchsten Wesen, weil er die
des Staps vor den französischen Kaiser dramatisiert. Guglia läßt
Erde von einem Fürsten befreien wollte, der die erste Ursache des
Napoleon unter dem Eindrucke des Attentats sich sofort zum Frieden
Krieges sei. Staps wurde vom Kriegsgericht zum Tode verurteilt
mit Oesterreich entschließen.
und am 16. Oktober 1809 in der Morgenfrühe erschossen. Er starb
Das psychologische Rätsel, genannt Friedrich Staps, wird
mit der festen Zuversicht, zum Himmel einzugehen, da er sein
im
neuestens auf Grund der Akten des Kriegsgerichtes, die sich
Gelübde gegen Gott ersullt habe. Napoleon wäre wohl durch dieses
Pariser Nationalarchiv befinden, zu lösen versucht. Besonders
Attentat nicht so beunruhigt worden, wenn er gewußt hätte, daß er
des
von dem Intendanten von Erfurt Derismes im Auftrage
einen Geisteskranken vor sich habe. Sowohl die Angaben seines
ein
Herzogs von Friaul vorgenommenen Untersuchungen werfen
Vaters als auch der Eindruck, den das Kriegsgericht hatte, und die
um¬
klares Licht auf die von Phantasien und Hirngespinsten
weiteren Nachforschungen Derismes ließen keinen Zweifel, daß
dunkelte Seele des Kaufmannslehrlings, der sich zum Retter
Staps kein geistig Normaler war.
Deutschlands berufen glaubte. Friedrich Staps war Lehrling in der
An Schönbrunn knüpft sich bemerkenswerterweise auch eine
Nankinfabrik von Rothstein, Lentin u. Cie. in Erfurt. Sein stilles,
Erinnerung an die auf Napoleon als ersten Konsul geplante Ver¬
bescheidenes Wesen erwarb ihm die Liebe seiner Prinzipale und
schwörung des Offiziers Georges und des Bildhauers Cerachi. Der¬
seiner Freunde; Sauftmut war in ihm mit Einfalt gepaart, und er
selbe italienische Kunstler, der den gerade damals vielbeschäftigten
erschien als ein guter, heiterer Mensch, dem nichts Schlimmes zu¬
Napoleon um eine Sitzung drängte, in der er ihn als „Tyrann“
zutrauen war. Als Napoleon I. in Erfurt war, befand sich Staps
töten wollte, hat jene Büste Josefs II. ausgeführt, die noch heute
unter denjenigen, die ihm am begeistertsten zujubelten. Nach dem
im Schönbrunner Schlosse zu sehen ist. Wie Napoleon auf Sankt
Ausbruch des Krieges von 1809 hörte er aber in Erfurt, Napoleon
Helena erzählte, war die verweigerte Sitzung nur dem Zufall zu
führe Krieg nur um sich zum Herrn von Europa zu machen. Da
verdanken, daß er über keine freien Augenblicke verfügen konnte.
schwand all der Enthusiasmus dahin, den er dem Kaiser so lebhaft
Cerachi büßte als Mitschuldiger an der Höllenmaschine sein
entgegengebracht hatte; seine Liebe verwandelte sich in Haß und
Leben auf der Guillotine ein.
er fußte den Entschluß, ihn im ersten günstigen Augenblick ums
Staps selbst, dessen Namen weder bei Las Cases noch bei
Leben zu bringen. Der Einfall der Franzosen in Deutschland
Rovigo genannt ist, hat die traurige Unsterblichkeit, nach der er
dünkte ihm das größte Unglück für die Welt, und er hoffte nach
sich gesehnt hat, erreicht. Er hat sein Plätzchen in der Galerie be¬
dem Tode ihres Kaisers würden die Franzosen aus Deutschland
rühmter Attentäter gefunden. Wenn wir uns den bartlosen,
vertrieben, die Völker wieder glücklich werden und der Handel
schwärmerischen Burschen vorstellen, der mit einem Küchenmesser
werde wieder aufleben. Als er seinen Freunden von diesen Ideen
der Welt Frieden schaffen will, seine Beharrlichkeit, die Bibelzitate,
erzählte, erklärten sie ihn „für einen Narren“ oder „für beinahe ver¬
die Begeisterung für die „Jungfrau von Orleans“, so sehen wir in
rückt“. Diese Ueberzeugung wuchs noch, als ihnen Staps von einer
ihm eher einen fanatisierten Knaben, als einen vorbedachten Ver¬
Vision erzählte, die ihn zum Helden von Deutschland bestimmte.
brecher. Lombroso würde wohl dafür eintreten, daß ein Staps eher
Solche Träume waren ein Erbteil seiner Mutter; sie hatte ihn ein¬
—ld.
dem Arzte, als dem Scharfrichter überliefert werde.
mal im Traum ins Wasser fallen sehen, ohne ihn retten zu können,
und diese Erscheinung hatte ihr Herz oft bekümmert. Auch später
hatte er noch solche Visionen; so erzählt er in seinem Abschieds¬
Allerlei.
brief an die Eltern, er habe Gott gebeten, ihm die Mittel zum
(Lord Roseberys neues Buch.) Bei A. L. Humphreys in
Vollbringen seiner Tat zu gewähren; da sei ihm Gott in seiner
London ist soeben Lord Roseberys mit Spannung erwartetes neues Buch
Majestät erschienen und habe mit donnerähnlichen Worten zu ihm
1
erschienen. Es behandelt, wie aus London berichtet wird, den älteren
gesprochen: „Gehe hin und tue, was du dir vorgenommen hast.“
Pitt, jedoch nur sein Leben und seine Leistungen in seiner früheren
Seinen Freunden gegenüber zeigte er sich, als sie ihn von seinen
Periode, denn trotz seines Umfanges von 500 Stiten bringt der Band
*) Szene in der Art des Gobineau. „Oesterreichische Rundschau“ 1905. die Schilderung des Staatsmannes nur bis zu seinem 48. Lebensjahre.
— Staps: „Sire, wenn wir den Fricden erhaten, wirde
geben“
betrieb aber heimlich desto eifriger die Ausführung seines Planes.
ich es tun, aber wenn der Krieg noch fortdauern soll, so werde ich
Nachdem er sich einen Paß, Geld und einen Wagen verschafft hatte,
den Plan ausführen.“ Ohne dem eben von Paris angekommenen
verließ er am 24. September Erfurt. Am 7. Oktober kam er in
Corvisart zu sagen, um was es sich handle, übergab er ihm nach
Wien an. In den Cafés studierte er eifrig die Zeitungen und
Rovigo den jungen Menschen zur Untersuchung. Corvisart erklärte,
überzeugte sich, daß der Frieden, von dessen baldigem Abschluß er
daß der Puls wohl ein wenig unruhig wäre, aber daß dies von
gehört hatte, noch nicht geschlossen worden sei und daß auch wenig
keiner Krankheit, sondern von einem leichten Nervenreiz herrühre.
Aussicht dafür vorhanden wäre. So erschien ihm die Ausführung
„Nun wohl,“ erwiderte Napoleon, „dieser junge Mensch kommt
seines Vorsatzes notwendig. Er wollte sich bei der Parade in
hundert Stunden weit her, um mich zu töten.“ — Er erzählte
Schönbrunn dem Kaiser nähern und ihn mit den Worten an¬
hierauf dem überraschten Corvisart, was vorgefallen war. In Wien
sprechen: „Werden wir Frieden bekommen oder nicht?“ Wenn er
vor ein Kriegsgericht gestellt, wurde Staps von diesem verurteilt
keine oder eine abschlägige Antwort erhielt, wollte er ihm den Dolch
und hierauf hingerichtet.
ins Herz stoßen, den er sich gekauft und an der Spitze hatte doppelt
Der Kaiser hatte inzwischer (Schönbrunn verlassen und war
schärfen lassen. Als Staps am 12. Oktober mittags den Schloßhof
nach Paris zurückgekehrt. Wie nun einmal das Gerücht übertreibt,
in Schönbrunn betrat, war der Kaiser eben die große Schloßtreppe
so hieß es in Wien, daß Staps einer weitverzweigten Verschwörung
hinabgestiegen, an deren Ende verwundete Offiziere mit Bitt¬
angehöre. Diese Vermutung erwies sich jedoch nach Rovigo als
gesuchen und neben der Garde, den Adjutanten usw. drei ver¬
grundlos. Immerhin gab der Fall zu denken und es wurde in
wundete badische Soldaten warteten. Napoleon blieb bei den drei
Napoleons Umgebung befürchtet, daß das Beispiel des jungen
Badensern stehen, dann ließ er die Truppe einige Bewegungen aus¬
Fanatikers Nachahmer finden würde.
führen und sprach mit Offizieren der Jäger zu Pferde, als Staps
Bei ruhiger Ueberlegung mußte man sich sagen, daß zum
bis auf zwei Schritte in seine Nähe trat, sauber gekleidet, in einem
Gelingen des Anschlages nicht viel gefehlt hatte. Auch auf Napoleon
neuen, olivenfarbigen Ueberrock mit grünem Kragen und grünen
konnte die Sache nicht ohne Eindruck geblieben sein. Denn, wenn
Aufschlägen, einen französischen Chapeau=Claque mit der französischen
wir auch wissen, daß der französische Kaiser am Abend nach dem
Kotarde am Kopfe. Napoleon bemerkte ihn nicht, aber Berthier hielt
denkwürdigen 12. Oktober, bei dem ein Messerstoß die Schicksale
den Vortretenden zurück; er glaubte es mit einem Bittsteller zu tun
Europas und mit diesem die Schicksale der Welt in andere Bahnen
zu haben, weil Staps die Hand in den oben geöffneten Mantel
hätte lenken können, das Ballett des Kärntnertortheaters zu sich
hineingesteckt hatte, als wolle er eine Bittschrift hervorziehen. Als
nach Schönbrunn kommen ließ, so lag darin mehr der Wunsch, sich
der Jüngling sich losreißen wollte, rief der Marschall den General
gewaltsam zu zerstreuen, als eine Geringachtung des Attentats. Die
Rapp herbei, der ihn den Gendarmen übergab. Nun fand man bei
Napoleonlegende will wissen, daß der Korse nach dem Attentat sich
ihm den großen Dolch, den er in einen mit Bindfaden verschnürten
auf der Schönbrunner Bühne von Talma den „Julius Cäsar“ vor¬
Bogen Papier wie in eine Scheide gesteckt hatte. Als er verhört
spielen ließ. Diese Vorstellung hat aber schon ein Jahr vorher in
wurde, blieb der Gefangene dabei, er wolle dem Kaiser allein sein
Erfurt stattgefunden. Weiter berichtet die Chronik, daß der Plaka¬
Geheimnis mitteilen. Vor Napoleon geführt, gestand er in einer
teur vom Kärntnertortheater die durch Napoleons Laune not¬
halbstündigen Unterredung mit dem Kaiser, daß er ihn habe töten
wendig gewordene Repertoireänderung für den kritischen Abend zu
wollen. Auf die Frage des Herrschers: „Würden Sie es mir danken,
spät bekannt gab, und die französischen Offiziere, als man ihnen
wenn ich Sie begnadigte?“ verharrte Staps bei seiner Absicht: „Ich
statt des Balletts mit der Vigano Weigls „Waisenhaus“ präsentierte,
würde Sie dennoch zu töten suchen." Er war vollkommen ruhig,
im Hause Lärm machten, das Orchester und die Bühne stürmten 2c.,
sein Puls zeigte keinerlei Erregung. Er erklärte auch, seinen Plan
bis sie erfuhren, welch höhere Macht sie um den erwähnten Kunst¬
ganz kaltblütig angelegt zu haben. Die Strafe, die ihn treffe, kenne
genuß gebracht hatte.
er wohl, er ersehne die Nähe des Todes und erhoffe für den beab¬
Eugen Guglia hat in seinem „Napoleon“*) die Vorführung
sichtigten Mord eine Belohnung vom höchsten Wesen, weil er die
des Staps vor den französischen Kaiser dramatisiert. Guglia läßt
Erde von einem Fürsten befreien wollte, der die erste Ursache des
Napoleon unter dem Eindrucke des Attentats sich sofort zum Frieden
Krieges sei. Staps wurde vom Kriegsgericht zum Tode verurteilt
mit Oesterreich entschließen.
und am 16. Oktober 1809 in der Morgenfrühe erschossen. Er starb
Das psychologische Rätsel, genannt Friedrich Staps, wird
mit der festen Zuversicht, zum Himmel einzugehen, da er sein
im
neuestens auf Grund der Akten des Kriegsgerichtes, die sich
Gelübde gegen Gott ersullt habe. Napoleon wäre wohl durch dieses
Pariser Nationalarchiv befinden, zu lösen versucht. Besonders
Attentat nicht so beunruhigt worden, wenn er gewußt hätte, daß er
des
von dem Intendanten von Erfurt Derismes im Auftrage
einen Geisteskranken vor sich habe. Sowohl die Angaben seines
ein
Herzogs von Friaul vorgenommenen Untersuchungen werfen
Vaters als auch der Eindruck, den das Kriegsgericht hatte, und die
um¬
klares Licht auf die von Phantasien und Hirngespinsten
weiteren Nachforschungen Derismes ließen keinen Zweifel, daß
dunkelte Seele des Kaufmannslehrlings, der sich zum Retter
Staps kein geistig Normaler war.
Deutschlands berufen glaubte. Friedrich Staps war Lehrling in der
An Schönbrunn knüpft sich bemerkenswerterweise auch eine
Nankinfabrik von Rothstein, Lentin u. Cie. in Erfurt. Sein stilles,
Erinnerung an die auf Napoleon als ersten Konsul geplante Ver¬
bescheidenes Wesen erwarb ihm die Liebe seiner Prinzipale und
schwörung des Offiziers Georges und des Bildhauers Cerachi. Der¬
seiner Freunde; Sauftmut war in ihm mit Einfalt gepaart, und er
selbe italienische Kunstler, der den gerade damals vielbeschäftigten
erschien als ein guter, heiterer Mensch, dem nichts Schlimmes zu¬
Napoleon um eine Sitzung drängte, in der er ihn als „Tyrann“
zutrauen war. Als Napoleon I. in Erfurt war, befand sich Staps
töten wollte, hat jene Büste Josefs II. ausgeführt, die noch heute
unter denjenigen, die ihm am begeistertsten zujubelten. Nach dem
im Schönbrunner Schlosse zu sehen ist. Wie Napoleon auf Sankt
Ausbruch des Krieges von 1809 hörte er aber in Erfurt, Napoleon
Helena erzählte, war die verweigerte Sitzung nur dem Zufall zu
führe Krieg nur um sich zum Herrn von Europa zu machen. Da
verdanken, daß er über keine freien Augenblicke verfügen konnte.
schwand all der Enthusiasmus dahin, den er dem Kaiser so lebhaft
Cerachi büßte als Mitschuldiger an der Höllenmaschine sein
entgegengebracht hatte; seine Liebe verwandelte sich in Haß und
Leben auf der Guillotine ein.
er fußte den Entschluß, ihn im ersten günstigen Augenblick ums
Staps selbst, dessen Namen weder bei Las Cases noch bei
Leben zu bringen. Der Einfall der Franzosen in Deutschland
Rovigo genannt ist, hat die traurige Unsterblichkeit, nach der er
dünkte ihm das größte Unglück für die Welt, und er hoffte nach
sich gesehnt hat, erreicht. Er hat sein Plätzchen in der Galerie be¬
dem Tode ihres Kaisers würden die Franzosen aus Deutschland
rühmter Attentäter gefunden. Wenn wir uns den bartlosen,
vertrieben, die Völker wieder glücklich werden und der Handel
schwärmerischen Burschen vorstellen, der mit einem Küchenmesser
werde wieder aufleben. Als er seinen Freunden von diesen Ideen
der Welt Frieden schaffen will, seine Beharrlichkeit, die Bibelzitate,
erzählte, erklärten sie ihn „für einen Narren“ oder „für beinahe ver¬
die Begeisterung für die „Jungfrau von Orleans“, so sehen wir in
rückt“. Diese Ueberzeugung wuchs noch, als ihnen Staps von einer
ihm eher einen fanatisierten Knaben, als einen vorbedachten Ver¬
Vision erzählte, die ihn zum Helden von Deutschland bestimmte.
brecher. Lombroso würde wohl dafür eintreten, daß ein Staps eher
Solche Träume waren ein Erbteil seiner Mutter; sie hatte ihn ein¬
—ld.
dem Arzte, als dem Scharfrichter überliefert werde.
mal im Traum ins Wasser fallen sehen, ohne ihn retten zu können,
und diese Erscheinung hatte ihr Herz oft bekümmert. Auch später
hatte er noch solche Visionen; so erzählt er in seinem Abschieds¬
Allerlei.
brief an die Eltern, er habe Gott gebeten, ihm die Mittel zum
(Lord Roseberys neues Buch.) Bei A. L. Humphreys in
Vollbringen seiner Tat zu gewähren; da sei ihm Gott in seiner
London ist soeben Lord Roseberys mit Spannung erwartetes neues Buch
Majestät erschienen und habe mit donnerähnlichen Worten zu ihm
1
erschienen. Es behandelt, wie aus London berichtet wird, den älteren
gesprochen: „Gehe hin und tue, was du dir vorgenommen hast.“
Pitt, jedoch nur sein Leben und seine Leistungen in seiner früheren
Seinen Freunden gegenüber zeigte er sich, als sie ihn von seinen
Periode, denn trotz seines Umfanges von 500 Stiten bringt der Band
*) Szene in der Art des Gobineau. „Oesterreichische Rundschau“ 1905. die Schilderung des Staatsmannes nur bis zu seinem 48. Lebensjahre.