22. Der junge Medandus box 26/5
Sohnes hineinzufinden. Der ernste Mann, der die Rache wollten. Friebrich Staps verfolgte die beweglen Ereignisse
des Krieges mit wachsendem Interesse; alles, was er er¬
für den Himmel in Anspruch nehmen und den Menschen
biat. 7.—
fahren konnte, schrieb er ungesäumt nach Naumburg.
Liebe gebieten sollte, hatte von einem Kinde zu erzählen,
Seine Hoffnungen galten dem Erzherzog Karl, und wie
das selbst Rächer sein wollte, allerdings nur aus Hin¬
Staps. 12%
sehr mag er aufgejubelt haben, als sich langsam die
gebung für sein Volk und aus Haß gegen den einen,
Kunde durch das Land wälzte, daß der Doppelaar bei
Charmatz.
der es wagte, Unterdrücker zu sein. Viel war
Aspern zu siegen vermochte. Den Tagesbefehl des Erz¬
ung von Schnitzler#
über die Kindheit Friedrich Staps' nicht zu sagen.
herzogs nach dieser ruhmvollen Schlacht teilte Staps
sedardus“.“
Kein außergewöhnlicher Junge, nur ein braver, fleißiger
seinen Eltern wörtlich mit. Aber mehr als die harmlosen
Bursche, der den Ehrgeiz hatte, den Beruf seines Vaters
Erwecker. Wenn sie sich auf
Schriftstücke verrieten, mag schon damals sein Gemüt be¬
zu ergreifen. Im vierzehnten Lebensjahre wurde er jedoch
begeben, dann werden
wegt haben. Eine bisher ungekannte Aengstlichkeit gab
auf eine andere Bahn gelenkt. Am 5. Mai 1806 begleiteten
ffnung und Verzweiflung,
dem Jüngling die Bitte ein, daß die Pfarrersleute zu
ihn seine Eltern nach Erfurt, wo er einen Dienst in
ihren Schmerzen vor uns
St. Othmar die Briefe stets vernichten mögen. Doch nicht
einem Handelshause anzutreten beabsichtigte. Der körper¬
sich mit seinem neuesten
nur mit den Eltern, auch mit zwei Erfurter Freunden
lich gut entwickelte Knabe hatte damals ein volles, freund¬
tigen napoleonischen Zeit
unterhielt sich Friedrich Staps in dieser ereignisreichen
liches Gesicht mit frischen, roten Wangen. Dunkelbraunes
Historie“ greift das für
Zeit angelegentlich über das erniedrigende Schicksal
Haar umsäumte die Stirne. Voll Frömmigkeit führte
heraus. Anno 1809! Wie
Deutschlands, über die Gegenwart und Zukunft des
Friedrich seinen Lebenswandel. Stand ihm auch kein
lgen, und wie viel hat der
deutschen Volkes. Drei Jünglinge! Wie werden die an
außerordentliches Gedächtnis zur Verfügung, so besaß er
langen Abenden geschwärmt und geträumt haben von
sen! Im „Jungen Medar¬
doch eine hinreichende Auffassungs= und Beurteilungs¬
einer besseren Zeit, von der Wiederkehr der Würde und
und die Tragik des be¬
kraft. Gerne las er in Büchern; mit Liebe und Eifer
von der Freiheit für die nun geknechtete Nation. Zwar
war selbst dort, wo sich
oblag er dem Studium ernster Geschichtswerke. Mit leb¬
gab es damals in Deutschland genug gleichmütige
ungen, weil das Erfundene
hafter Mitteilsamkeit begabt, hatte Friedrich früh zur
Menschen, die das napoleonische Regime mit selbstver¬
weil es den Stimmungen
Feder gegriffen, um seiner jugendlichen Einbildungs= und
gessener Unterwürfigkeit trugen und dem fremden Herrscher
t entsprochen hätte. Jetzt,
Gestaltungskraft die Zügel schießen zu lassen. Als drei¬
Lobeshymnen sangen. Aber diese Servilen sprachen nicht
us“ mit großem Gefolge
zehnjähriger Jüngling war er schon ein Dichter, freilich
zur Jugend, sondern bettelten nur um die Gnade des
ter schreiten sieht, wird
nicht von Gottes Gnaden, sondern aus freudiger
Mächtigen. Andere, die nicht an den eigenen Vorteil
interessieren, dessen Ueber¬
Zwei Bühnenstücke lagen in seinem
dachten, riefen um so lauter und eindringlicher zur Ab¬
Schaffenslust.
leichsam darstellt. Friedrich
Schreine. In Erfurt ging Friedrich mit Fleiß und frohen
schüttelung des Jochs auf. Ein Teil von ihnen sah in
üngling, der sich — fast
Sinnes seinem Berufe nach. Er hing mit kindlicher Zärt¬
Napoleon, in dem „Furchtbaren", „Schrecklichen“, den
aß, das Schicksal zu lenken
lichkeit an seinen Eltern, denen er sich in wohlgesetzten
Quell alles Uebels. Ein anderer Teil wieder machte die
zwinger der Völker abzu¬
Briefen erschloß. Und er hatte viel mitzuteilen, denn er
französische Nation verantwortlich, weil sie dem einen,
funge, aber kein verliebter
besah sich die Menschen und die Dinge mit offenen Augen
dem einzigen Kraft und Stärke verlieh. Wie lodert es
dus“, dessen Wiege ja auch
und dachte und grübelte auch über die Zeitverhältnisse
aus Heinrich v. Kleists politischen Schriften. Sein
an den Abhängen des
Deutschen, abgefaßt nach dem
nach. Im September 1808 gab es für Erfurt große Tage.
„Katechismus der
lch in alle Gefühle Liebes¬
Spanischen, zum Gebrauche für Kinder und Alte“ läßt
Napoleon erschien mit einem glänzenden Stabe von Gene¬
teste gerne als Scherz be¬
so recht erkennen, wie grimmig man aus Freiheitssehn¬
ralen als Triumphator, als Herr von Deutschland. Könige
olk! Wird ihnen auch das
sucht zu hassen vermochte. „Was ist Gott ein Greuel?“
und Fürsten drängten sich an ihn heran und buhlten um
annene Etzelt in Schnitzlers
lautet eine Frage im Katechismus. „Wenn Sklaven
seine Gunst. Es schimmerte von Kronen, da fast alle,
us. Und ein andermal
leben“ besagt die Antwort. Nur kein Sklave sein! Und
die in den deutschen Landen regierten, erschienen waren.
kine, blasse Mann: „Gott
das hieß: Napoler vernichten! Jedes Mittel schien gut
Oesterreich und Preußen hielten sich jedoch abseits. Dafür
dus) zum Helden schaffen;
genug. Wünschte doch selbst Arndt, daß man gegen den
traf der Zar ein, der mit Zeichen der Ergebenheit nicht
en Narren aus ihm. Auch
Teufel in Gestalt des Korsen die Hölle in Bewegung
sparte. Als bei einem der rauschenden Feste Voltaires
ders geartet. Er ist kein
setzen möge. In welchem Maße die Feindschaft gegen die
„Oedipe“ zur Aufführung kam und die Worte erklangen:
sondern ein junger deutscher
Franzosen im Jahre 1809 um sich gegriffen hatte, lehrt
„L’amitié d’un grand homme est un présent des dieux“,
hmieden eines gigantischen
Grillparzers Tagebuch aus dem schicksalsschweren Jahre.
erhob sich der Beherrscher aller Reußen und reichte dem
Stunden nach dem Fehl¬
Voll Entrüstung wandte sich Oesterreichs begabtester
Korsen mit einer ausdrucksvollen Gebärde die Hand.
Tichter dagegen, daß man die Franzosen die große
Friedrich Staps berichtete seinen Eltern über das Schau¬
en in Berlin ein merkwür¬
Nation nenne; mit den hestigsten Ausdrücken bestritt er,
gepräge in Ersurt schlicht, kindlich, ohne jedes Merkmal
Lebensgeschichte des jungen
daß sie tapfer seien. „Ihr Schwindelgeist, der sie für alle
von Groll oder innerer Erregung. Nichts deutete auf den
unter Tränen und unter
Eindrücke empfänglich macht, knechtischer Gehorsam, Furcht
nahen Gefühlswandel in dem zufriedenen Jüngling.
ne einen leisen Stolz ge¬
vor den Henkern ihres Despoten trieb sie in die feind¬
Im nächsten Jahre führte Navoleon seine Kriegs¬
Amt des Biographen hatte
lichen Bajonette.“ Man kann sich also denken, wie es da
scharen gegen Oesterreich. Das Feuer der Begeisterung,
Menschen übernommen. Für
in den drei Erfurter Jünggen gestürmt und gegärt
das sich besonders in Wien entzündet hatte, sprühte nach
der Kirche zu St. Othmar
haben wird. Ist es so unwahrscheinlich, daß einmal —
Deutschland hinüber und entflammte die Besten des
ne kleine Aufgabe gewesen
welt seines schwärmerischen! Landes, wenngleich es die Herrschenden nicht beachten! ganz arglos, ganz ohne Verständnis für die Tragweite
Sohnes hineinzufinden. Der ernste Mann, der die Rache wollten. Friebrich Staps verfolgte die beweglen Ereignisse
des Krieges mit wachsendem Interesse; alles, was er er¬
für den Himmel in Anspruch nehmen und den Menschen
biat. 7.—
fahren konnte, schrieb er ungesäumt nach Naumburg.
Liebe gebieten sollte, hatte von einem Kinde zu erzählen,
Seine Hoffnungen galten dem Erzherzog Karl, und wie
das selbst Rächer sein wollte, allerdings nur aus Hin¬
Staps. 12%
sehr mag er aufgejubelt haben, als sich langsam die
gebung für sein Volk und aus Haß gegen den einen,
Kunde durch das Land wälzte, daß der Doppelaar bei
Charmatz.
der es wagte, Unterdrücker zu sein. Viel war
Aspern zu siegen vermochte. Den Tagesbefehl des Erz¬
ung von Schnitzler#
über die Kindheit Friedrich Staps' nicht zu sagen.
herzogs nach dieser ruhmvollen Schlacht teilte Staps
sedardus“.“
Kein außergewöhnlicher Junge, nur ein braver, fleißiger
seinen Eltern wörtlich mit. Aber mehr als die harmlosen
Bursche, der den Ehrgeiz hatte, den Beruf seines Vaters
Erwecker. Wenn sie sich auf
Schriftstücke verrieten, mag schon damals sein Gemüt be¬
zu ergreifen. Im vierzehnten Lebensjahre wurde er jedoch
begeben, dann werden
wegt haben. Eine bisher ungekannte Aengstlichkeit gab
auf eine andere Bahn gelenkt. Am 5. Mai 1806 begleiteten
ffnung und Verzweiflung,
dem Jüngling die Bitte ein, daß die Pfarrersleute zu
ihn seine Eltern nach Erfurt, wo er einen Dienst in
ihren Schmerzen vor uns
St. Othmar die Briefe stets vernichten mögen. Doch nicht
einem Handelshause anzutreten beabsichtigte. Der körper¬
sich mit seinem neuesten
nur mit den Eltern, auch mit zwei Erfurter Freunden
lich gut entwickelte Knabe hatte damals ein volles, freund¬
tigen napoleonischen Zeit
unterhielt sich Friedrich Staps in dieser ereignisreichen
liches Gesicht mit frischen, roten Wangen. Dunkelbraunes
Historie“ greift das für
Zeit angelegentlich über das erniedrigende Schicksal
Haar umsäumte die Stirne. Voll Frömmigkeit führte
heraus. Anno 1809! Wie
Deutschlands, über die Gegenwart und Zukunft des
Friedrich seinen Lebenswandel. Stand ihm auch kein
lgen, und wie viel hat der
deutschen Volkes. Drei Jünglinge! Wie werden die an
außerordentliches Gedächtnis zur Verfügung, so besaß er
langen Abenden geschwärmt und geträumt haben von
sen! Im „Jungen Medar¬
doch eine hinreichende Auffassungs= und Beurteilungs¬
einer besseren Zeit, von der Wiederkehr der Würde und
und die Tragik des be¬
kraft. Gerne las er in Büchern; mit Liebe und Eifer
von der Freiheit für die nun geknechtete Nation. Zwar
war selbst dort, wo sich
oblag er dem Studium ernster Geschichtswerke. Mit leb¬
gab es damals in Deutschland genug gleichmütige
ungen, weil das Erfundene
hafter Mitteilsamkeit begabt, hatte Friedrich früh zur
Menschen, die das napoleonische Regime mit selbstver¬
weil es den Stimmungen
Feder gegriffen, um seiner jugendlichen Einbildungs= und
gessener Unterwürfigkeit trugen und dem fremden Herrscher
t entsprochen hätte. Jetzt,
Gestaltungskraft die Zügel schießen zu lassen. Als drei¬
Lobeshymnen sangen. Aber diese Servilen sprachen nicht
us“ mit großem Gefolge
zehnjähriger Jüngling war er schon ein Dichter, freilich
zur Jugend, sondern bettelten nur um die Gnade des
ter schreiten sieht, wird
nicht von Gottes Gnaden, sondern aus freudiger
Mächtigen. Andere, die nicht an den eigenen Vorteil
interessieren, dessen Ueber¬
Zwei Bühnenstücke lagen in seinem
dachten, riefen um so lauter und eindringlicher zur Ab¬
Schaffenslust.
leichsam darstellt. Friedrich
Schreine. In Erfurt ging Friedrich mit Fleiß und frohen
schüttelung des Jochs auf. Ein Teil von ihnen sah in
üngling, der sich — fast
Sinnes seinem Berufe nach. Er hing mit kindlicher Zärt¬
Napoleon, in dem „Furchtbaren", „Schrecklichen“, den
aß, das Schicksal zu lenken
lichkeit an seinen Eltern, denen er sich in wohlgesetzten
Quell alles Uebels. Ein anderer Teil wieder machte die
zwinger der Völker abzu¬
Briefen erschloß. Und er hatte viel mitzuteilen, denn er
französische Nation verantwortlich, weil sie dem einen,
funge, aber kein verliebter
besah sich die Menschen und die Dinge mit offenen Augen
dem einzigen Kraft und Stärke verlieh. Wie lodert es
dus“, dessen Wiege ja auch
und dachte und grübelte auch über die Zeitverhältnisse
aus Heinrich v. Kleists politischen Schriften. Sein
an den Abhängen des
Deutschen, abgefaßt nach dem
nach. Im September 1808 gab es für Erfurt große Tage.
„Katechismus der
lch in alle Gefühle Liebes¬
Spanischen, zum Gebrauche für Kinder und Alte“ läßt
Napoleon erschien mit einem glänzenden Stabe von Gene¬
teste gerne als Scherz be¬
so recht erkennen, wie grimmig man aus Freiheitssehn¬
ralen als Triumphator, als Herr von Deutschland. Könige
olk! Wird ihnen auch das
sucht zu hassen vermochte. „Was ist Gott ein Greuel?“
und Fürsten drängten sich an ihn heran und buhlten um
annene Etzelt in Schnitzlers
lautet eine Frage im Katechismus. „Wenn Sklaven
seine Gunst. Es schimmerte von Kronen, da fast alle,
us. Und ein andermal
leben“ besagt die Antwort. Nur kein Sklave sein! Und
die in den deutschen Landen regierten, erschienen waren.
kine, blasse Mann: „Gott
das hieß: Napoler vernichten! Jedes Mittel schien gut
Oesterreich und Preußen hielten sich jedoch abseits. Dafür
dus) zum Helden schaffen;
genug. Wünschte doch selbst Arndt, daß man gegen den
traf der Zar ein, der mit Zeichen der Ergebenheit nicht
en Narren aus ihm. Auch
Teufel in Gestalt des Korsen die Hölle in Bewegung
sparte. Als bei einem der rauschenden Feste Voltaires
ders geartet. Er ist kein
setzen möge. In welchem Maße die Feindschaft gegen die
„Oedipe“ zur Aufführung kam und die Worte erklangen:
sondern ein junger deutscher
Franzosen im Jahre 1809 um sich gegriffen hatte, lehrt
„L’amitié d’un grand homme est un présent des dieux“,
hmieden eines gigantischen
Grillparzers Tagebuch aus dem schicksalsschweren Jahre.
erhob sich der Beherrscher aller Reußen und reichte dem
Stunden nach dem Fehl¬
Voll Entrüstung wandte sich Oesterreichs begabtester
Korsen mit einer ausdrucksvollen Gebärde die Hand.
Tichter dagegen, daß man die Franzosen die große
Friedrich Staps berichtete seinen Eltern über das Schau¬
en in Berlin ein merkwür¬
Nation nenne; mit den hestigsten Ausdrücken bestritt er,
gepräge in Ersurt schlicht, kindlich, ohne jedes Merkmal
Lebensgeschichte des jungen
daß sie tapfer seien. „Ihr Schwindelgeist, der sie für alle
von Groll oder innerer Erregung. Nichts deutete auf den
unter Tränen und unter
Eindrücke empfänglich macht, knechtischer Gehorsam, Furcht
nahen Gefühlswandel in dem zufriedenen Jüngling.
ne einen leisen Stolz ge¬
vor den Henkern ihres Despoten trieb sie in die feind¬
Im nächsten Jahre führte Navoleon seine Kriegs¬
Amt des Biographen hatte
lichen Bajonette.“ Man kann sich also denken, wie es da
scharen gegen Oesterreich. Das Feuer der Begeisterung,
Menschen übernommen. Für
in den drei Erfurter Jünggen gestürmt und gegärt
das sich besonders in Wien entzündet hatte, sprühte nach
der Kirche zu St. Othmar
haben wird. Ist es so unwahrscheinlich, daß einmal —
Deutschland hinüber und entflammte die Besten des
ne kleine Aufgabe gewesen
welt seines schwärmerischen! Landes, wenngleich es die Herrschenden nicht beachten! ganz arglos, ganz ohne Verständnis für die Tragweite