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22. Der junge Nedandus
wert. Die Waffe des Rächers, des Befreiers blinkte die kindische Neugier, den Tratsch, den Kleinmut, Krieges, vom Frühling bis in den He
in meiner Hand; der giftige Hauch eines Weibes die einzelnen Roheitsexzesse der Wiener Bevöl= ist zugleich und trotz dieser räumliche
machte ihn zu eines Buben Waffe.“ Statt des kerung. Wir lernen einen schlichten, aber mehr un auf Wien ein großes Spektakelstück,
zu sehen, zu hören und auch Pulver
glücklichen als tätigen Helden in dem Sattlermeister
Franzosenkaisers ersticht, er an der Schloßtreppe zu
Denn wir sind auf der Bastei bei
Jakob Eschenbacher, den feigen Denunzianten in
Schönbrunn die Prinzessin von Valois, wird einge¬
der inneren Stadt durch die bei der
dessen Angeber Wachshuber und manche kluge und
sperrt, gesteht unaufgefordert seine ursprüngliche Ab¬
aufgestellten französischen Kanonen.
tüchtige, aber ohnmächtige Einzelfigur, z. B. in dem
sicht, für die er nur schwer Glauben findet, beharrt
Menschen fallen, der Pöbel stolziert
militäruntauglichen Geschäftsleiter der Klährschen
darauf, lehnt es ab, seine Freilassung (nach dem
alten Waffen, revoltiert, erschlägt
Buchhandlung, Etzelt, dem Brackenburg der Haus¬
wirklich begangenen Morde?) durch den Verzicht auf
eines feindlichen Parlamentärs, verh
tochter, in den Offizieren der Bürgermiliz und den
weitere Attentate gegen Napoleon zu erkaufen, und
Di
bei der Landwehr stehenden Studenten. Daneben oder schreit „Hoch Napoleon!“
stirbt den Tod des „letzten und seltsamsten Helden“
natürlich das „süße Mädel“ und den „dummen und sterben oder siechen elend dahin
von 1809 unter den Kugeln eines Exekutionspelotons.
Kerl von Wien“ in diversen gelungenen Ausprägun= des braven Sattlermeisters, der weg
Es ist ein Glück für Schnitzlers Dichtung,
gen, nicht zu vergessen den „uralten Herrn“, der versteckter Druckschriften den Tod erle#
daß darin auch andere Dinge vorkommen, als dieser
in seinem kindischen Stumpfsinn alles mitmacht und mit allen Einzelheiten an uns vol
närrische Kanz und diese absurden Geschichten; sonst
alles überlebt, vielleicht auch noch den ganzen Na= übrigen Schrecken, die der Sieg vo
müßte sich zu den vielen Gräbern, die sich im „jungen
Wien verhängte. Das heroische Wien
poleon. Gegen diese flüchtig hingeworfenen Gestalten,
Medardus“ öffnen, bald auch das des Stückes selbst,
noch keine solche Bühnenschilderung
zusammen mehrere Dutzende, macht das Dutzend
als der „letzten und seltsamsten“ Arbeit seines Ver¬
das leidende von 1809. Aber die
französischer Emigranten nicht nur einen unsym¬
fassers hinzugesellen. Zu den rettenden Umständen
scheint doch nicht so furchtbar, da
pathischen, sondern auch etwas marionettenhaften
rechnen wir aber nicht die politischen Machenschaften
aus dem Häuschen kommen müßte,
Eindruck. Die Franzosen der Invasionsarmee
im Hause von Valois, die ebenso langweilig und
Medardus, von dem es schließlich
konnten leicht besser geraten, der General Rapp und
verdrießlich sind, als uns der Herr Medardus durch
wollte ihn zum Helden
mehrere einquartiers: Offiziere; denn Anmut und
seine fortwährend veränderten und fallen gelassenen
Menschlichkeit lassen dem Sieger, auch dem vorüber=[Lauf der Dinge machte ein
Pläne aufreizt und ärgert. Dagegen darf den
aus ihm.“ Da müßten Alle, die
gehend besiegten Helden, doppelt gut.
Milieuschilderungen des Wiener Lebens und den
gelegentlich Narren werden. Nein, di
Der „junge Medardus“ ist also kein historisches
diese Schilderungen tragenden Nebenfiguren volles
ist schon von Gott oder vielleicht vo
Drama und keine „dramatische Historie“, sondern
Lob gespendet werden. Hier ist der Dichter zu Hause,
Narren geschaffen, und der Zeitlauf b
ein sittengeschichtliches Gemälde, das aus einer An¬
hier seine Gestaltungskraft ausreichend. Wir erleben
Aeußerungen seiner Psychose. Daher
zahl kleiner Bilder zusammengesetzt ist, zwischen
den Auszug der Wiener Landwehr gegen die anrücken¬
wenn der französische General mei
denen oft wochenlange Zeiträume verflossen zu denken
den Franzosen, teils als Abschied im Bürgerhause,
„Narr“ könne in solcher Zeit ein E
sind. So gelangen wir, ohne Wiens Häuser und
teils als flotte Wirtshausszene, mehrere Begräbnisse
Straßen, Bastei, Glacis und Vorstädte, samt Schön= wie ein anderer. So weichlich dachte
mit der typischen gemischten Teilnehmerschaft inter¬
essanter Todesfälle, die patriotischen Aufwallungen, brunn zu verlassen, vom Beginn bis zum Ende des Napoleons. Das ist moderner Dus
22. Der junge Nedandus
wert. Die Waffe des Rächers, des Befreiers blinkte die kindische Neugier, den Tratsch, den Kleinmut, Krieges, vom Frühling bis in den He
in meiner Hand; der giftige Hauch eines Weibes die einzelnen Roheitsexzesse der Wiener Bevöl= ist zugleich und trotz dieser räumliche
machte ihn zu eines Buben Waffe.“ Statt des kerung. Wir lernen einen schlichten, aber mehr un auf Wien ein großes Spektakelstück,
zu sehen, zu hören und auch Pulver
glücklichen als tätigen Helden in dem Sattlermeister
Franzosenkaisers ersticht, er an der Schloßtreppe zu
Denn wir sind auf der Bastei bei
Jakob Eschenbacher, den feigen Denunzianten in
Schönbrunn die Prinzessin von Valois, wird einge¬
der inneren Stadt durch die bei der
dessen Angeber Wachshuber und manche kluge und
sperrt, gesteht unaufgefordert seine ursprüngliche Ab¬
aufgestellten französischen Kanonen.
tüchtige, aber ohnmächtige Einzelfigur, z. B. in dem
sicht, für die er nur schwer Glauben findet, beharrt
Menschen fallen, der Pöbel stolziert
militäruntauglichen Geschäftsleiter der Klährschen
darauf, lehnt es ab, seine Freilassung (nach dem
alten Waffen, revoltiert, erschlägt
Buchhandlung, Etzelt, dem Brackenburg der Haus¬
wirklich begangenen Morde?) durch den Verzicht auf
eines feindlichen Parlamentärs, verh
tochter, in den Offizieren der Bürgermiliz und den
weitere Attentate gegen Napoleon zu erkaufen, und
Di
bei der Landwehr stehenden Studenten. Daneben oder schreit „Hoch Napoleon!“
stirbt den Tod des „letzten und seltsamsten Helden“
natürlich das „süße Mädel“ und den „dummen und sterben oder siechen elend dahin
von 1809 unter den Kugeln eines Exekutionspelotons.
Kerl von Wien“ in diversen gelungenen Ausprägun= des braven Sattlermeisters, der weg
Es ist ein Glück für Schnitzlers Dichtung,
gen, nicht zu vergessen den „uralten Herrn“, der versteckter Druckschriften den Tod erle#
daß darin auch andere Dinge vorkommen, als dieser
in seinem kindischen Stumpfsinn alles mitmacht und mit allen Einzelheiten an uns vol
närrische Kanz und diese absurden Geschichten; sonst
alles überlebt, vielleicht auch noch den ganzen Na= übrigen Schrecken, die der Sieg vo
müßte sich zu den vielen Gräbern, die sich im „jungen
Wien verhängte. Das heroische Wien
poleon. Gegen diese flüchtig hingeworfenen Gestalten,
Medardus“ öffnen, bald auch das des Stückes selbst,
noch keine solche Bühnenschilderung
zusammen mehrere Dutzende, macht das Dutzend
als der „letzten und seltsamsten“ Arbeit seines Ver¬
das leidende von 1809. Aber die
französischer Emigranten nicht nur einen unsym¬
fassers hinzugesellen. Zu den rettenden Umständen
scheint doch nicht so furchtbar, da
pathischen, sondern auch etwas marionettenhaften
rechnen wir aber nicht die politischen Machenschaften
aus dem Häuschen kommen müßte,
Eindruck. Die Franzosen der Invasionsarmee
im Hause von Valois, die ebenso langweilig und
Medardus, von dem es schließlich
konnten leicht besser geraten, der General Rapp und
verdrießlich sind, als uns der Herr Medardus durch
wollte ihn zum Helden
mehrere einquartiers: Offiziere; denn Anmut und
seine fortwährend veränderten und fallen gelassenen
Menschlichkeit lassen dem Sieger, auch dem vorüber=[Lauf der Dinge machte ein
Pläne aufreizt und ärgert. Dagegen darf den
aus ihm.“ Da müßten Alle, die
gehend besiegten Helden, doppelt gut.
Milieuschilderungen des Wiener Lebens und den
gelegentlich Narren werden. Nein, di
Der „junge Medardus“ ist also kein historisches
diese Schilderungen tragenden Nebenfiguren volles
ist schon von Gott oder vielleicht vo
Drama und keine „dramatische Historie“, sondern
Lob gespendet werden. Hier ist der Dichter zu Hause,
Narren geschaffen, und der Zeitlauf b
ein sittengeschichtliches Gemälde, das aus einer An¬
hier seine Gestaltungskraft ausreichend. Wir erleben
Aeußerungen seiner Psychose. Daher
zahl kleiner Bilder zusammengesetzt ist, zwischen
den Auszug der Wiener Landwehr gegen die anrücken¬
wenn der französische General mei
denen oft wochenlange Zeiträume verflossen zu denken
den Franzosen, teils als Abschied im Bürgerhause,
„Narr“ könne in solcher Zeit ein E
sind. So gelangen wir, ohne Wiens Häuser und
teils als flotte Wirtshausszene, mehrere Begräbnisse
Straßen, Bastei, Glacis und Vorstädte, samt Schön= wie ein anderer. So weichlich dachte
mit der typischen gemischten Teilnehmerschaft inter¬
essanter Todesfälle, die patriotischen Aufwallungen, brunn zu verlassen, vom Beginn bis zum Ende des Napoleons. Das ist moderner Dus