II, Theaterstücke 22, Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 204

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22. Denunenedandus
Leiter der Geschille unserer Eie.
störende Schüchternheit ganz überwunden und ver= das schönste allgemeine und gleiche Währteche, ienn
jede Partei und jeder Abgeordnete sich seine eigene Me¬ Voltsveriretung getroffen n
urteilen das Parlament zu langfeistigen Ruhepausen.
wrdsndstane
Rache und verbraucht sie für
und einen frei erfundenen Sprößling eines französischen
Feuilleton.%
Jetzt wird das
Helene.
Prätendentengeschlechts, Helene von Valois. Die Ver¬

und Rache entsprechend d
bindung beider mit der Historie gelang ihm fast einwand¬
Burgtheater.
Stadium des Dramas blitzschne
frei. Dort aber, wo die Geschichte dieses Paares die den
(„Der junge Medardus“, dramatische Historie von Arthur Schnitter.
Liebe und Nache mit dem 2
Faden bilden soll, an dem die Perlen der dichterischen
Erste Aufführung am 24. November.)
und nur das Wort „Tod“ begi
Historiennachschöpfung aufgereiht werden, nur ein wenig
„Der Ruf des Lebens“ war ein Markstein ineder
Als aber Medardus erfährt, daß
eigene Bewegungsfeeheit gewinnt, d. h. wo sie ein von
Entwicklung Schnitzlers. Dieses vielverlästerte Stück
sie nicht die Geliebte Napoleo
dem großen Geschichtsdrama unabhängiges Leben führen
schien mir eine kostbare Verheißung; in seinem letzten,
hat, als sie seinen Weg ging,
will, offenbart sie einen Rückfall in jene Periode des
dramatisch und theatralisch schwächsten Akt hielt der
natürlich die Liebe wieder auf.
Dichters, die hier zum erstenmal völlig überwunden
Dichter Abrechnung mit sich selbst und seinem bisherigen
mal der Rachegedanke wach, de
werden sollte. Hier hat Schnitzler ganz offensichtlich die
Schaffen. Hatte er den Weg zum modernen Schicksals¬
durch betätigen kann, daß er dash
selbstgewählte Aufgabe verfehlt.
drama — den suchen alle wahrhaftigen Dichter unserer
Tod für Medardus verstärkt.
Medardus sollte nicht durch den Ruf seines Blutes
Zeit — zu finden gehofft, indem er dem Ruf des Blutes
So hat Schnitzler, der au
zum Narren seines Schicksals gemacht werden, sondern
folgte, so öffnete er jetzt Kopf und Herz dem Ruf des
aufrechten Helden zu schaffen da
dadurch, daß ihn das Leben in den Wirbel einer anderen
Lebens. Und schrieb den „jungen Medardus“. Wie stark
losen Schwächling zwischen Liebc
Tragödie hineinzog, einer Paralleltragödie zur Haupt¬
das Bestreben in ihm war, vor neuen Altären zu opfern,
uns diesen Medardus gegeben,
tragödie: Österreich im Jahre 1809. Da Medardus am
wie sehr er sich schon äußerlich zwingen wollte, von den
schönen Feindin völlig „verwan
Ende zum Richtplatz geführt wird, sagt sein Freund Etzelt!
Permutationen und Potenzierungen des Anatol=Themas
ist, seinen Rausch mit dem Lebe
von ihm: „Gott wollte ihn zum Helden schaffen, der Lauf
weitabzurücken, beweist die Wahl eines historischen Vor¬
Freund, an einer der schönsten
der Dinge machte einen Narren aus ihm. Sein Onkel
wurfs. Noch fühlte er sich offenbar nicht stark genug, zu
mahnt, daß es nicht genüge, mi
Jakob Eschenbacher aber sieht ihn anders, wenn er von
gestalten, was ihm die Stimmen seiner Zeit zurufen,
müsse auch darauf achten, daß d
ihm sagt: „Und gar unser Medardus ist einer. der kaum
Alle Gegenwartsstücke, die er bisher geschrieben hatte,
Münze werde, bis es zum Ze
geschaffen ist, anderes zu erleben, als den Klang von
sind in der Umarmung der Liebe mit dem Tode gezeugt,
sagt überhaupt, nebenbei bemerkt
Worten.“ Und man kann die Geschichte des Medardus
und alle seine Helden werden durch Überhitzung ihres
Medardus und einem aufrechten
wirklich auch so erzählen, daß er als der Narr der Worte:
Blutes zu Narren ihres Schicksals. Darum wollte Schnitz¬
Aufrechter ist Helene von
Vaterland, Nache, Liebe und Tod erscheint. So gesehen,
ler in das Stahlbad der Geschichte tauchen damit der
Ziel nicht auch sie verblutet
rückt das Schicksal dieses Helden aber wieder sachte von
Ruf des Lebens mit ehernen Zungen den Ruf des Blutes
Schwäche stößt ihr den Dolch in
der Historie ab, und da das unglückselige Flötenspiel der
übertöne. Hinüber wollte er, mit aller Kraft hinüber!
zeug, am Leben. Auch ihr erspar
Liebe vom Anfang an den Ton angibt, sind wir unver¬
Er ist nicht ganz hinübergekommen. Die Geschichte
rausch, aber sie taucht nicht
sehens wieder mitten im Drama der erotischen
hat ihm gesprochen, und was er an Historie, im weitesten
Sinnlichkeit. Dem Medardus
Ekstasen. Liebe (die unglückliche Frangois' und
Sinne des Wortes, gestaltet hat, hat sich zu einem Ge¬
Armen. Ihr wird die Hingabe
Rache erzeugt Liebe.
Agathen) erzeugt Rache,
mälde von prächtiger Gesamtwirkung mit künstlerisch
wenn sie eine Stunde, losgelöst
Diese Liebe erschlägt aber nicht nur die Familien=,
vollendeten Details zusammengeschlossen. Das öster¬
Wollen opfert, so stellt sie vorher
sondern auch die Nationalrache, da er seine „Tat“ die
reichische Drama des Jahres 1908 zerfiel ihm aber den¬
umarmt der Haß im Auge fun
Ermordung Napoleons, nicht mehr tun zu dürfen glaubt,
noch in eine Reihe einzelner Dramoletts und dramati¬
bedarf. Wenn die Gestalt Helenens
weil seine Geliebte, Helene von Valois, sie von ihm für
scher Skizzen, die zwar alle der künstlerischen Gesamt¬
gelten darf, als ein Aufschwungd
sich, für ihren Traum vom Königrecht der Valois' fordert.
wirkung des Historiengemäldes dienen, dennoch aber, um
lers so drängen sich anderseits
Aus dieser Liebe wird aber wieder Rache, als man ihm
sich zu einem Drama zu vereinigen, des Einzelschicksals
denklichsten Schwächen des Stück
sagt, daß Helene die Geliebte Navoleons sei, und er
eines Helden bedurften, für den sie Milien und Bestim¬
an, von der Phrase des Meda##
glaubt sich der Tat aufs neue würdig. Und noch einmal
mung sein mußten. Er hat zwei Helden in sie hinein¬
gestellt: den Wiener Buchhändlerssohn Medardus Klähr, erschlägt die schon zertretene und beschmutzte Liebe die hochmütig=mörderischen Fingern