II, Theaterstücke 22, Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 310

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1. Oeterv. bebördl. konz. Unternehmen für Zeitunge-Aussshaltte
Wien, I., Conoordiaplats 4.
Vertretungen
in Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Ceveland, Cintsttante,
Genk, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minnespolta,
New-Vork, Paris, Rom, San Francsco, Stockholen, ##.

burg, Toronto.
(Osellenangabe ohne Deudtri.
Ausschnftt aus:
Der Saion, Wien
20 12.10.0
vom:

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Theater.



Burgtheater.
„Der junge Medardus“ von Schnitzler.
Von dieser in 15 Bildern zusammengestellten so¬
genannten dramatischen Historie heute noch sprechen
zu wollen, ist eigentlich unnötig, denn diese un¬
sympathische Komödie ist durch Suggestion so be¬
rühmt geworden, daß man zu den Ungebildeten
zählen würde, sie nicht gesehen zu haben. Wir
können es nicht unterlassen, unsere Meinung auch
darüber zu äußern, und zwar deshalb, weil es
jeden guten Patrioten wahrhaft schmerzen muß,
im k. k. Hofburgtheater eine für uns Oesterreicher
der schmerzlichsten Episoden wiedererweckt zu sehen,
die, wenn auch ein Jahrhundert darüber hin¬
gerauscht, doch heute noch immer zu wenig ver¬
gessen und vernarbt ist, um nicht bei der leisesten
Berührung aufs neue wieder zu schmerzen und zu
blüten. Wer immer diese Schnitzlersche Komödie
ängenommen und für das Burgtheater reif ge¬
halten hat, hat sich damit, gelinde gesagt, kein
Verdienst erworben. Der unhistorische Teil mit all
seinen Fälschungen von Tatsachen vermag über das
Hauptsujet nicht hinwegzutäuschen: „Napoleon in
Schönbrunn“ der Korse als Diktator, der Welt¬
eroberer in all seiner Größe und Macht im Herzen des
Reiches, in Wien. Wie dankbar wäre man, wenn
diese Zeit der tiefsten Demütigung aus der Geschichte
Oesterreichs für immer ausgelöscht werden könnte
doch niemand kann es, niemand wird es wagen,
kommenden Geschlechtern diese traurige Tatsache zu
entstellen oder zu beschönigen. Und weil dem so ist,
so war es höchst überflüssig, aus einer der traurigsten
Begebenheiten ein Theaterstück zu zimmern, in
welchem der Autor das biedere Wiener Volk von
auno 1809 im Schloßhof von Schönbrunn, in jener
historischen Sommerresidenz, die nun seit Jahren
unserem vielgeliebten Kaiser als Lieblingsaufenthalt
dient, mit volltönenden Stimmen rufen läßt: „Hoch
Kaiser Napoleon“. Also auch diese Huldigung,
die noch sehr anzuzweifeln wäre, ob sie wirklich von
unseren Wienern geleistet worden ist, mußte zur
Hebung der dramatischen Historie im k. k. Burg¬
#theater anno 1910 gehört werden. Niemandem wird
es einfallen, die Größe Napoleons herabsetzen zu
wollen, doch taktlos ist es auf jeden Fall, die, wenn
auch nur kurz währende Franzosenwirtschaft in Wien
zu einem Unterhaltungsobjekt zu machen. Wenige
kehren nach einer fünfstündigen Sitzung befriedigt
aus dem Burgtheater heim. Niemand kommt auf
seine Rechnung, und wer da glaubt, sich zu unter¬
halten oder zu belehren, kommt am schlechtesten weg,
denn Artur Schnitzlers Historie wimmelt ja von
Unrichtigkeiten. Er gebraucht unter anderem für seine