II, Theaterstücke 22, Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 395

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22. Der junge Medandus
des einen Triebs bewußt. Ein Dichter von Schnißlers Geist und
Kulturgefühl läßt die Geschöpfe seiner Phantasie und die Objekte seiner
Beobachtung unaufhörlich das Tier mit den zwei Rücken spielen oder
sich zu dieser Beschäftigung rüsten oder sich von ihr erholen oder
sich, im besten Fall, vergeblich nach ihr sehnen. Im Lause eines solchen
Abends wird mit keiner Sterbenssilbe angedentet, daß die Zeit nebenbei
noch andre Nöte und Ideen, Strömungen und Ziele hat. Das ist eine
Welt, das heißt eine Welt! An sich ist dieses Weltchen sicherlich mit
Meisterschaft gezeichnet. In einem sechsten Akt wird von der Auf¬
richtigkeit ermüdeter Lügner gesprochen; und wenn Anatol sie auch nicht
hat, sondern durchaus nicht müde wird, zu lügen, so ist es doch diese
Stimmung von ironischer Wehmut und melancholischer Heiterkeit, die
dem Zyklus die psychologische Wahrheit und die künstlerische Einheit
nibt. Wir schlendern behaglich um die Liebe im allgemeinen, unter¬
scheiden im besondern die Liebe der Nählerin und der anständigen
Frau und der Balleteuse und der Reisenspringerin und der pro¬
fessionellen Amonreuse, erfahren, ohne überrascht zu sein, daß weder
Männer noch Frauen monogam sind, und wünschten für eine dra¬
matische Steigerung nur, daß Anatol, dem jede Frau, mehr oder
weniger schuell, sexuell langweilig wird, genügend Ressourcen in sich
hätte, um uns nicht in jedem Falle noch schneller langweilig zu werden.
Diese Gefahr hat Schnitzler, tief, allzu tief in sein Weltchen ein¬
gesponnen, ganz und gar übersehen: daß sein Anatol, im Geiste
schwach, im Herzen arm, auch als bloßer Lielhaber, als Vivenr
im oberflächlichsten Sinne kein genügend reizvolles, lannenhaftes,
schillerndes Exemplar seiner Gattung ist. Nach einer halben Stunde
kennt man ihn auswendig; dann wird er immer unerträglicher. Es
ist nicht verwunderlich, daß die deutschen Theaterdirektoren sich seit
achtzehn Jahren darüber klar sind. Aber es ist sehr verwunderlich,
daß der klügste von ihnen sich darüber hat unklar werden können.
Dazu war es eine schlechte Aufführung. Gerade das, was für
die dramatische Sterilität hätte entschädigen müssen: ein Hauch von
wienerisch süßer Stimmung, von lächelnder Sentimentalität, von der
Grazie einer leichten Lebensführung = gerade das, aber noch viel
mehr fehlte. Je häufiger man Herrn Monnard in tragenden Rollen
sieht, desto neidischer wird man auf die Besucher des münchner Hof¬
#theaters, die ihn nicht mehr sehen. Er gab den Ton von Ueberdent¬
lichkeit an, der die ganze Vorstellung vergröberte, und der früher in
diesem Hause nicht möglich gewesen wäre. Aber den Ton für die
Figur and er nicht; und nachdem er ihn lange genug vergeblich ge¬
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sucht hatte, griff er zu dem verzweifelten M
Er machte das Publikum, das über den Ha
mehr hatte, durch Blicke und Mätzchen dau
eigentlich einen Thaddädl vor sich habe, u
Hochzeitsmorgen mit einer Possenglatze, die
jeder berliner Vorstadt eintragen würd
Reicher am besten in dem Akt, für den ihn
aber nicht auf die Bühne ließ. Max ist ein
des wiener Lebejünglings Anatol. Reich
händler aus der Bukowina, der Anatols G
Frau'n verdient, daß man euch Tempel ba
man an diesem Abend schwermütig gewo
Fräulein Somary herein, lieb und lind
Zweite schritt durch eine Winterlandschaf
vornehm, seelenvoll und würdig, wenigen
ernste Dichtungen zu schreiten. Als Dritt
herein, nicht gut angezogen, aber so gut g
befähigt, ihre gute Lanne mit künstlerischen
daß Brahm sie in Zukunft nur richtig z
eine wertvolle Kraft mehr zu haben. Al
Herterich, die vielleicht eines Tages auch
Als Fünfte schließlich tollte sich die Triesch
gewußt haben, daß sie mehr als ein Lustspit
Lustspielcharakteristikerin von blühendem m
Frau'n verdient ... Aber vor allem v#
nach seinem wirklichen Alter und nich
behandelt zu werden, dessen Entwicklu
chronologisch aufzeigt. Dazu ist seine Gege
jüngstes Drama heißt: Das weite Land.
die engen Winkel seiner Anfänge zurück?
Der junge Medardus von Alfred P#
Eine sehr große, mit historischen Bilde
Hülle. In ihr fest eingewickelt: ein
Komödie voll Spannung und Konflikt, 1
Theaterstück gebettet: eine balladeske Dicht
Liebe. Und im Innersten dieser Dichtun
modernes psychologisches Drama von den E
cthischen Temperament, an ihren sanatisch
zugrunde gehen.