II, Theaterstücke 22, Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 425

P2. Der junge Medardus
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.. Insolgeorssen wultse;
30. d. antreten wird. Diese zeitliche Grenze ist dae Handelsminister dieses, vur ##
von den Salzburger Alldeutschen der Anwalt Dr.
durch gesetzt, daß der Monarch für den 30. d. den Ersuchen abgelehnt.
Emil Gusseti aufgestellt.



Volksszeuen, mit einem Wort, wie sie endlich zum der in jenen kriegerischen Tagen auf der Suche nach tun. Aber er hat die Grenzen zwischen Liebe und
Bestand jeder dramatischen Historie gehören. Aber seiner Tat rastlos umgetrieben wird, aber, von der Haß nicht mehr im Gefühl, und während er seine
wic sehr unterscheiden sich diese Szeuen an Auffas= Unverläßlichkeit seines phantastisch überreizten Willens Rachegedanken noch mechanisch wiederkäut, macht
immer wieder genarrt, endlich nichts anderes für ihn der stärkere Trieb zu einem recht ungefährlichen
sung und Stimmung von denen anderer Historien!
Bettgenossen der schönen Stolzen. Auch hier ist das,
sich finden kann, als ein schönes und tapferes Sterben.
Dort erscheint das „Volk“ als eine ziemlich homo¬
was er für seine Tat hielt, auf eine närrische Weise
gene Masse, als amorpher plastischer Körper, dem Schon hieraus ergibt sich wiederum der trennende
Unterschied im Gehalt der Stimmung von jenen vertändelt und versäumt. Indessen ist Napoleon in der
von der Oberfläche der Ereignisse die Formen des
anderen Historien. Wenn jene dramatisierte Helden= Stadt; und er läßt Medardus' Onkel, den braven Jakob
Ausdrucks aufgeprägt werden. Eine Art Chorus
gedichte sind, so zeigt diese hier mit Wissen und mit Eschenbacher der verbotene Atlanten bei sich versteckt
ist es noch immer, eine halbbewußte Begleitstimme
zur großen Musik der geschichtlichen Vorgänge. Hier Absicht das Drama eines Unhelden. Der menschliche hatte, erschießen. Die Tat des Medardus bekommt
nun wieder ein neues Gesicht: Rache an Napoleon.
aber fällt die Kritik des Dichters auch auf den kri= Wille, diese einzig unbedingte Voraussetzung jeder
Damit streift die Linie seines irren Weges an den
dramatischen Aktion, wird hier weggeleugnet und
tisierenden Chorus nieder, der Reflex des Gesche¬
Weg der Valois. Denn diese beanspruchen die Krone
verhöhnt. An seine Stelle tritt die bange Ungewi߬
heus, der von der bewegten Menschheit herstrahlt,
Frankreichs. Der steifstolze erblindete Herzog, ein
heit vor dem Walten in uns und über uns. Ich¬
wird wieder auf sie zurückreflektiert. Sie stehen in
letzter aus dem Stamme der alten Könige macht
Angst und All=Angst: unter ihren durchdringend
einem doppelten Lichte: als Menge unter dem
das Recht seiner Legitimität gegen den Ufurpator
großen Schein des großen Geschehens, als Indi= starren Blicken ist die Figur dieses seltsamen Men¬
geltend. Mit dieser politischen Puppe und ihrem
schen gebildet worden.
viduen unter der Helligkeit einer unerbittlichen
marionettenhaften Anhang wird Rapokeon — all¬
Er soll gegen Napoleon ins Feld, bleibt aber,
Psychologie. Sie funktionieren prächtig in Massen
wissend und allgegenwärtig, wie ihn der Dichter steht
weil sich eben seine Schwester mit ihrem Geliebten,
und haben doch die Gesichter von Einzelwefen, die
natürlich im Handumdrehen fertig. Ihre Ver¬
der ein Prinz von Valois gewesen ist, ertränkt hat.
genau zu unterscheiden sind Nicht sehr angenehme
schwörung fliegt auf und zerstiebt, wie eine in die
Nun ist für Medardus die Phantasie von Krieg und
Gesichter: Neugierde, Geschwätzigkeit, Stumpfheit,
Sieg und Heldentod urplötzlich ausgelöscht, ver= Luft gegangene Seifenblase. Uuerschüttert und un¬
herzloser Leichtsinn und schadenfrohe Schufterei sind
schwunden hinter der anderen Phantasie: Nache gemindert bleibt aber der hochmütige Trotz der Prin¬
mit scharfen kleinen Strichen hingezeichnet und per¬
zessin. Sie will den Aufstieg ihres Hauses, sie will,
am Hause der Valois. Schon steht ihm auch die
sonifiziert. In dieser Wiener Historie wird den
daß Napoleon getötet werde; und Medardus Klähr,
Schwester des Prinzen gegenüber, er belei¬
Wiener Menschen viel Bitterböses auf eine beson¬
der einen Oheim (und angeblich auch einen Vater)
digt sie, gefällt ihr, wird von ihrem Bräutigam
ders feine Art gesagt; mit jener eleganten Ueber¬
an ihm zu rächen hat, soll es vollbringen. Aber die
aufs schwerste verwundet, aber von ihrer Zofe mit
legenheit eben, deren Ruhe fast schon wie Sachlich¬
freundlicher Botschaft heimgesucht. Die Rache=Phan= Tat, die ihm nun von einem fremden Willen und
keit wirkt.
Annäherungen der Form: aus dieser bewegten tasie bekommt Nahrung aus der stärksten und un= zu fremdem Zweck eingegeben wird, ist damit schon
Vielheit des Volkes wachsen die Schicksale der Ein= entrinnbarsten Wirklichkeit, die es gibt, aus der wieder nicht mehr seine eigene; er ist wiederum
Wirklichkeit eines erotischen Erlebnisses. Und wird tückisch um sie selbst und ihren inneren Wert ge¬
zelnen auf, werden von Liebe, Haß und Begeiste¬
von der Kraft dieses Erlebnisses natürlich gänzlich bracht. Er muß die Hände von dem entstellten Werk
rung den Weg ihres Müssens getrieben, verschlingen
sich mannigfach miteinender und mit dem großen überwuchert und hinuntergedrückt. Die Liebe der lassen; es bleibt der Prinzessin. Schon steigt sie,
Schicksal, das über ihnen hergeht. Schnitzler ent= Prinzessin sollte für Medardus das Mittel sein, eine entschlossene Mörderin, die Treppe zu Schön¬
wickelt das Erleben des jungen Medardus Klähr, seinem Haß gegen die Valois schänderisch genugzu= brunn hinan. Medardus, nun ganz Haß und Grauen