II, Theaterstücke 22, Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 513

22. Derjunge-Medandus
box 27/2
kturter Zeitung
ankfurt a. M.
er Theater.
Man findet den Denker Schnitzler in der „Historie vom
jungen Medardus“ wieder, und er ist reich geblieven und bietet
„Der junge Medardus“,
neue Edelmünze. Doch will sie erspürt sein. Man kann den
von ArlggSchnißler.
„jungen Medardus“ auf der Bühne sehen und von dem
wesentlichen Gehalt der Historie nichts, oder doch beinahe

nichts, gewahren.
Imkelglühend auf — und im Dunst
Ich bin mir zweifelhaft, ob sich Schnitzler der ungeheuren
hst du nur ihren trüben Flacker¬
Schwierigkeit, seine Gedanken, diese psychologisch überspitzten
s den Anschein gewinnt, hat sich
Spekulationen, in dramatische Dichtung umzusetzen, überhaupt
iner dramatischen Historie „Der
bewußt geworden ist. In alter Bähnerpraris int das Wort
derum in Gedankenland hineinge¬
Vehikel für die Tat: seine Fahrt aber galt der Zerstörung
iker Schnitzler, ein Deuter unserer
des Wagens. Und schlimmer noch waren die Hemmungen, die
mit wird, umso schmerzlicher ver¬
ihm in seiner eigenen Brui entgegenstanden. Aus der Schule
itzler.
des Realismus, des worts#tischen, ist Schnitzler, sind wir alle
“ und über dieser Jugen“ sollie
mehr oder weniger hervorgegangen.
gend? Wortseligkeit und Wort¬
In der Tragödie ies
Wortes aber mußte as Wort als solches jung und leuchtend
dem Mannesalter die Tat, so ge¬
und meteergleich aufsehen, um dann ein feuriger Widerschein
Portschwärmer Medardus tritt der
im Meer der kalten Wahrheit zu versinken. Das aber ist bei
enbacher gegenüber, der Wortver¬
Schnitzler nicht der Fall, dies Streben, wenn anders er es
nd beide haben einander lieb, ohne
überhaupt begriff, ist ihm ins Nichts zerronnen. Seine Tra¬
grüßen sich wie Jugend und
gödie des Wortes ist wortnüchtern. Ist darum auch untragisch.
da, wo Wort zu Tat und Tat zu
Hat sich Arthur Schnitzler, dem im Gedanklichen unsere
Sympathien zu tiefst gehören, im „jungen Medardus“ neue
zwischen Spiel und Wirklichkeit
Wege gesucht = in die Historte hinein —, so waren das nur
mannigfach nachgegangen; hier
Verlegenheitspfade. Gleichsam das weite und weitere Kreise¬
hlingpflanzen gleich erdrofselnden,
ziehen eines Verirrten. Nicht nur. daß bei der Kompliziert¬
die Tragödic des Worter
heit der feelischen Vorgänge hier außerste Kenzentration ge¬
s“ nennen, und in Mysterien
boten war, sie allein das Verständnis ermüglichte: die breite
Historie der Zußandsschilderung des „napoleonischen“ Wiene
Das Wort „Nache“ brennt
im Jahre 1800 iit mit der Handlung taum verflechten, be¬
den Lippen, so macht er sich an
lichtet sie nicht, ist ## bei vielen feinen Einzelzügen — auch
heran, die Schwester des jungen
wester in den Tod gege ue
nis dramutische Milienschilderung verfehlt. Ste ermüdet auf
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9. 50
das Prlebnis wird ##
der Bühne. Sie konnte nicht einmal durch energlsche Strer¬
#nd
t heißt Machtgewinner.
chungen (an denen es, gotllos, nicht sehlten gerenet werden.
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Im Gegenteil: den sehr zpiwendigen Streichungen mußten
nßbarwerden. Die Tragodie des
nicht entbehrliche Handlungcmittelglieder zum Opfer fallen,
unter dem Einfschen nact und
so sehr in alles hier gestaltloses In= und Durcheinander.
raft. Zweck in Widerzweck zu
en, macht sich Medardus auf —
Die Aufführt a des Lessingtheaters setzte nicht nur
die Brust. Und wiederum: Der
beste Kräfte an die schwere, doch gewiß würdige Aufgabe,
Eind Erteonisse, dem Medardus
sie wahrte auch in sich Kraft bis zum weitabliegenden Ende.
gespiegelt und gespenstisch lebend
Bei bescheidener Ausstattung des Dekorativen war aller Nach¬
Das Port von den „hochmütig¬
druck auf die darstellerische Leistung gelegt; levzendiges Men¬
alois“ rief Medardus bei erster
schentum schien durchaus verkörpert. Krl. Lossen durfte
## Wort gebiert die Liebe und
selbst ihre Bewunderer überraschen: aus gebaunter Haltung
auch mit dem verbrecherischen
und tühlem Sichgeben und verschlossenen Miene, wußte sie
oleons, de Helene ausheckt und
Leidenschaftlichkeit des Liebens und Hassens, ja der Sinnlich¬
wanger und gibr schließlich der
keit, durchleuchten zu lassen. Herr Loys war als Medardus
ausgetragen.
feurig und müde, aufbegebrend und niedergeschlagen zugleich,
Konsequent bis ins Letzte 1
stark im Eigenleben, sehr glücklich als Typus der Zeit. Frl.
halber soll Medardus begnadigt
Grüning als Mutter des Medardus, Herr Saliner als
daß er fürderhin Napo¬
Sattlermeiner Eschenbacher rerkörperten solcher Jugend ge¬
genüber die zur Tat Gereiften in reicher Indivibuolisierunge¬
wolle, rettet sich Medardus in j tunst und guter Gemülsart. Herr Kayßler machte als
Adjutant Napoleons Figur, Herr Abel gab die Brackenburg=7
Nuch Bneirrren vordereiger und schwetes:

gestalt des Etzell nicht ohne innere Eindringlichkeit. Als Wie¬
ner Typen durften besonders die Herren Herzfeld und
Adalbert gefallen, der blinde Herzog von Valois des Herrn
Landa prägte sich der Erinnerung ein.
Das Publikum war dankbar und ungedutdig. Das sind!
wir alle Schnitzlers Entwicklung gegenüber! Sie steht, scheint
es, bei der Fahrt zu den Müttern. Doch ist, die sie ihm dies¬
mal freigaben, seine Helene von Valois, durchaus noch seine
Helena.