II, Theaterstücke 22, Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 610

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22. Derjunge Bedardus
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9. Oktober
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noch die Eifersucht. Und zuletzt wüßten wir es
orsky
Der junge Medardus.
doch nicht, daß er Napoleon umbringen wollte.
Wirbel
(Nach der dramatischen Historie von Arthur
Det
ver¬
Wir erfahren es erst in der Zelle von ihm,
[Schnitzler, für den Film bearbeitet von La¬
0•0000
i Ohr¬
warum er im Schönbrunner Park spazieren
dislaus Vajda. Regie: Michael Kertesz.
zösische
ging. Das ist ein Fehler, der aber mit einem
in noch
33·60.
Photographie: Ucicky und Borsody.)
Titel behoben werden kann. Überhaupt ist an
ls hun¬
In
Seitdem auch die vornehmeren Kreise der Kunst
zte dem
manchen Stellen die Zeitperspektive falsch. (Wie
835, d
rregung
und Literatur geruht haben zu bemerken (es ist
das Gemälde eine Perspektive des Raumes vor¬
Millio
: so be¬
gar nicht lange her), daß in Wien Filme gemacht
täuscht, hat der Film eine Perspektive der Zeit
ch aus¬
werden, seitdem hören wir oft den Tadel, daß
vorzutäuschen, was zu den wesentlichsten und
und den
unsere Filmkunst nicht genügend nationale Eigen¬
schwierigsten Problemen der Filmkunst gehört.)
Johann
Ame
ührer
art besitze. Ich weiß nicht, ob diese Herren so viel
Gleich nach der ersten Liebesnacht verirren wir
ige und
vom Film verstehen, um eine Eigenart überhaupt
der
uns in den Tagen. Am auffallendsten ist aber,
en Be¬
richtig beurteilen zu können, aber sie sollen sich
daß Napoleon beim Konzert von der möglichen
rkann¬
doch, versuchsweise, den „jungen Medardus“ an¬
tleidi¬
Begnadigung des Marquis spricht und wir erst
echens
sehen. Denn das ist ein Wiener Film.
viel später seine Verhaftung sehen. Das scheint
zur
einfach ein Irrium im Schneiden gewesen zu] Aus
it zu Nicht nur darum, weil er eine Wiener Historie
nach dem Werke eines Wiener Schriftstellers dar¬
sein und ist auch leicht zu beheben. Noch auf in Ber#
uldig.
stellt. Denn nicht das Thema gibt einer
einen großen, aber eigentlich ganz kurzen (näm= teilt,
rozession
Kunst seinen nationalen Charakter.
lich bloß zwei=drei Meter langen) Fehler, der [grupfs
rqueren,
wegzuschneiden wäre, möchte ich aufmerksam Inte¬
Ich denke, daß Shakespeares Coriolan und Julius
Da er
schen
ht daran Cäsar ihren englischen, Racines antike Tragodien
machen. Der Marschall Lanners bewegt sich
Stellen
ppe auf¬
ihren französischen und auch Iphigenia und Tor¬
sichtbar nach seinem Tode noch unter der Fahne.
bestimn,
wurde,
Das sollte er nicht tun.
quato Tasso ihren deutschen Charakter nicht ver¬
Kappe
lklärt,
leugnen können. Nicht auf den Stoff, meine
uben, es
Alldies sind aber Kleinigkeiten im Verhältnis
richtr
Herren, sondern auf den Stil kommt es
gewesen,
zur überwältigenden Bildwirkung des Ganzen.
bank
es als
an. In diesem Kertesz=Film können sie nun stu¬
Daß es Kertesz vor allem auf diese Bildwirkung
nd vor¬
dieren, was spezifischer österreichischer Regiestil ist.
ankam, beweist ja, daß nach dem Ende des Me¬
ert habe.
der
schuldig.
Wir können leider in dieser Kritik nur ganz dardus und der eigentlichen dramatischen Hand¬
und sei
kurz darauf hinweisen. Es ist vor allem dieses
lung seine großen Massenvisionen fortlaufen.
eben ihm
wunderbare Romantisch=Pittoreske der
Wenik
Der Film ist auch restlos gut gespielt. Die
ys sei er
Bilder. Ein Tumult von Schatten und Lichtern
Woche un
irgend¬
Typen sind mit einer amerikanischen Sorgfalt aus¬
ung zu
in der Tiefenperspektive (meist premierplan dunkel
ten Sitt
gesucht. Herr Varkozi hat jene heiße und
wesentlig
und sekundärplan hell), der von dem unharten,
männliche Lyrik, die höchste Empfindsamkeit ohne
bestä¬
a
Tendenz=
samtenen Pathos des Wiener Spätbarocks her¬
seiner
Sentimentalität ausdrücken kann. Frau Agnes
n
mit Ruch
zukommen scheint. Der gute amerikanische Auf¬
en Streit
d’Ester ist eine Ansangende, aber keine „Anfän¬
laufende¬
die aus¬
nahmestil besteht in einer präzisen, naturalisti¬
gerin“. Ihr Gebärdenschatz ist nicht groß, aber
der Stin
beim
schen Plastik, der gute französische Stil in einer
immer echt. Man hat die Empfindung, daß sie
erständigt
der Ver¬
besonderen dramatischen Deutlichkeit der Ein¬
ihnehmen
sich noch nicht ganz loslassen konnte. Aber einen
vor nah
stellung. Der deuische Regiestil sucht schon male¬
ohte ihm
Ausdruck hat sie, den ihr die größten Kolleginnen
schwach.
irch auf¬
rische Effekte, aber meist in dem er das Thema,
die Börf
nicht nachmachen. Es ist eine unheimliche Mi¬
den Leute
gen des
das Motiv drapiert und herrichtet, was dann schung von weißglühendem Haß, Verachtung,
che auf¬
Ma#k'n
manchmal bis zum Expressionismus eines Calli= Etel=und Wut. Ein Ausdruck, für den die deutsche
walttaten
des
tgab.
nt Ashmmn mnste mt mu? Der Wiener Renissenes Spr.che keinen Ausdruck hat, denn „Hochmut“ is
en wur¬
kann, 4
stilisiert sein Motiv nur mit Beleuchtung, malt
zu gutmütig und zahm. „Orgeuille“ würde
es
g erkannt
Meldurk
nur mit dem Apparat. Auch Kertesz tut nichts
kam mit
der Franzose nennen. Sie wird eine sehr gute
weiter. Aber seine Bilder sind eine bewegte
es davon,
Filmschauspielerin werden. Béla Baläzs.
deutschen
Monate
Bildergalerie: jede Momentaufnahme in sich
teile in
Heller ist vollendet, schreit nach einem Rahmen. Napoleons
ziemlich ##
Kriegsrat in Schönbrunn, Marschall Lannes mit
s wie Ta¬
Verhälti
New York bei Nacht.
inbescholten
seinem Generalstab vor der sinkenden Sonne,
Stimmn
Befremden
Hier schlägt die amerikanische Originalität ein= aber gas
Helene von Valois in ihrem Zimmer, das nächt¬
on der be¬
Die in
mal das umgekehrte Verfahren ein: statt eines
liche Duell beim Fackelschein und andere, und
uch gemacht
heit und
Films in zahllosen Episoden — zwei Episoden
andere. Sie wirken alle wie schöne Reproduk¬
Spekula
tigkeits¬
in einem Film. Es ist wünschenswert, daß dies
tionen von unbekannten Meisterwerken der histo¬
rischen Malerei.
nicht wie das andere Schule mache. Die Folgen
gestern
der „Überbietung“ wären hier noch grotesker.
Kertesz erweist sich in diesem Film überdies
Geldfiu
s der große Meister der Massenstenen. Wir
Eigentlich sind es zwei in sich geschlossene langem