II, Theaterstücke 22, Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 697

22. henjunge-Medandus
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Die Fledermane, Wien
vom: 3 1. AUG. 1935

gkenlfers A.
K
Von..
Das bedeutete eigentlich die Erfüllung eines
die Gelegenheit gegeben, sich vorzustellen wehte auch immer Georg Reimers wunder¬
seit frühester Jugend heimlich gehegten
und — um ein Autogramm zu bit¬
vollen Ibsen=Gestalten, den Johann Tönnesen,
Wunschtraumes — Georg Reimers einmal,
ten. Was Arthur Schnitzler betraf, wurde ein
den Volksfeind.
losgelöst von Rolle und Bühne, außerhalb
anderes Projekt erwogen; er war ja Arzt und
des Dunstkreises des Theaters zu begegnen,
somit war es die einfachste Sache von der
den einmaligen Wohlklang dieser Stimme, den
Welt, unter dem Vorwand irgend einer Krank¬
„Haus Reimers“ auf Föhr
undefinierbaren Zauber der gesamten Rei¬
heit ihn aufzusuchen. Aber umsonst studierten
mers=Erscheinung, nicht mit so vielen anderen
Und dann, Jahre später, lander
wir die „Offenen Stellen“ — dieser Weg schien
teilen zu müssen. Er war der strahlende Held
man selber auf der Nordseeinsel,
aussichtslos zu sein.
unserer Backsischträume — aber niemals wag¬
deren Atmosphäre einem durch die Romane
Da ereignete sich einmal Ende August etwas
ten wir es, den angebeteten Idealen anders
von Gustav Frensen irgenwie vertraut und
Aufregendes! Wir saßen gerade bei Tisch, als
denn in der Phantasic zu nahen, nie hätten
bekannt ist. Da ist die Hilligenlei=Hallig und
mein Vater (er war Arzt) zum Burg¬
wir den Mut gehabt, jemanden beim Bühnen¬
die Hilligenlei=Werft; die kleinen, mit Reth
theaterdirektor Baron Berger ge¬
türl anzusprechen (oder auch nur zu warten);
(Schilf) gedeckten Häuschen sehen wie aus
rusen wurde. Eine neue glänzende Welt schien
wir konnten uns Jason und Medea, Wallen¬
einem Bilderbuch aus, die Windmühlen er¬
sich aufzutun: denn daß ich im Herbst nicht
stein und die Gräfin Terzky, den großen Kean
höhen das Unwirkliche, Verzauberte der gan¬
mehr in die verhaßte Schule müßte, stand fest:
oder den in goldener Rüstung schimmernden
zen Gegend. Und da ist die Romantik der
wozu denn hat man heimlich unter Bank
Sigismund („Das Leben ein Traum“ von
Marschlandschaft, die mit ihren rotblühenden
Rautendelein und Hannele, Ottegebe, die
Calderon) nicht im Wort und im Kleid des
Eriken wie ein in leuchtenden Farben gestickter
Jungfrau von Orleans, die Hilde Wangel und
Alltags vorstellen.
Riesenteppich aussteht. Die Friesinnen in ihrer
„Wildfeuer“ studiert — sicher, daß Baron
Bis der große unvergeßliche Abend kam, an
reichen silberverzierten Tracht und dem hohen
Berger, wenn er erst einmal das Glück meiner
dem sie alle in unserer Sprache zu uns re¬
Kopfputz fügen sich malerisch dem Gesamtbild
persönlichen Bekanntschaft hatte, mit beiden
deten, sich in einer uns vertrauten Atmosphäre
ein; die eigentliche Sehenswürdigkeit der In¬
Händen zugreifen würde. Um so mehr, da die
bewegsen: „Der junge Medardus“ von
sel aber ist das „Haus Reimers“.
Hohenfels für gewisse Rollen doch wirklich
Arthur Schnitzler, in Hugo Thimigs
Die Balkone sind von wildem Wein über¬
nicht mehr jung genug war.
glanzvoller Inszenierung, zum zauberhaften
wuchert, in grünen Holzkübeln stehen riesige
Theatererlebnis gesteigert. Da war also wieder
Aber, leider! Beim Theater kommt immer
Oleanderbäume, allerorts gibt es Vasen mit
die Freitreppe des Schönbrunner Schlosse“
alles anders: wenige Tage später
blühenden Gladiolen und die Ampeln mit den
an der wir täglich, unsere Schulaufgaben me¬
stand ich in der Bergerschen Villa
bunten Begonien erinnern beinahe an die hän¬
morierend, achtlos vorbeiliefen — aber wie
im schwarzverhängten Salon
genden Gärten der Semiramis. Und Georg
anders sah das auf einmal alles aus, seit sich
bei der Totenfeier. Immerhin — man
Reimers liebt leidenschaftlich seinen Garten,
hier der General Rapp in hinreißender Vor¬
war mitten im Burgtheater; es waren zwar
in dem es aber außer der Blumenpracht —
nehmheit präsentiert hatte, seit wir hier im
infolge der Ferien nicht alle Künstler anwe¬
am schönsten sind ja die Rosenstöcke — auch
Schloßhof erschüttert der Erzählung der Frau
send (ein Teil hatte sich auch erst auf dem
besonders schöne Ananaserdbeeren, saftige
Klähr gelauscht hatten. An diesem Abend
Friedhof eingefunden), aber, unbeschreibliches
Birnen, Pflaumen, alles mögliche Gemüse
wußten wir es: irgend etwas mußte ge¬
Entzücken, neben mir standen, leibhaftig, zum
und Kartoffeln gibt. Im Haus Reimers geht
schehen!
Greisen nahe, Egmont und Alba im Gespräch!
es immer ziemlich lebendig zu — ein inter¬
Und es geschah: Sonntag für Sonntag stu¬
Das heißt Georg Reimers und Max De¬
essantes Gästebuch legt davon Zeugnis ab.
dierten wir hingebungsvoll den Inseratenteil
prient; ersterer hatte seinen Sommersitz in
So verbrachte einmal die Familie Thimig
der Tageszeitungen, Rubrik „Offene Stel¬
Wyk auf Föhr vorzeitig verlassen, um dem
einen ganzen Sommer in Wyk auf
len, Hauspersonal“: denn 's war ja
Direktor die letzte Ehre zu erweisen. Die
Föhr, Albert Heine, der den Sommer über
immerhin möglich (so dachten wir uns), daß
Ueberfahrt war stürmisch: „Wir fuhren in
in Westerland residiert, hat sich wiederholt
bei Reimers oder der Bleibtreu ein Stuben¬
einer kleinen Barkasse übers Meer, bei sehr
eingesunden; der Schriftsteller Otto Erust;
mädchen vakant sel; und damit wäre einem“ hohem Wellengang“. Frische Meeresbrise um
auch der berühmte Flieger Christiansen,
der in Wyk geboren ist, ist einer der Stamm¬
gäste gewesen und einmal ist Hofrat Reimers
*
auch mit ihm über das Meer geflogen.
In der „Frielenltube“
Die Schisser der Insel sind gut Freund mit
Georg Reimers, dessen Verbundenheit mit
dem Meer wohl am besten in der „Friesen¬