II, Theaterstücke 21, Komtesse Mizzi oder: Der Familientag, Seite 9

„Aomiesse unzzi“ odel „Der Jamaientag .
Komödie von Arthur Schultler
(Erstaufführung im Deutschen Vol Khrater am 5. Januar.)
L. K. Wien. (Tel.-Ber.)
Graf Arpad Pazmandy, Kavallerie-Offizier
1. R., wohnt mit seiner Tochter Mizzi außerhalb
Wiens, dort, wo noch alte, dichte, waldartige Gärten
ein kleines aristokratisches Schlößchen verbergen,
in der Nähe von Lainz, dem kaiserlichen Jagdgebiet.
Dem alten Lebemanne fehlt die Residenz durchaus
nicht. Er fährt alltäglich mit seinen raschen Gäulen
dahin und kuamt meist erst in später Nachtstunde
heim. Anders sein Töchterchen Mizzi. Sie liebt die
Einsamkeit und Stille und malt mit Passion die
Blumen des Gartens. Pazmandy ist der Typus des
gutmütigen Wiener Aristokraten, der die Dinge
nimmt, wie sie sind, und sich über den Lauf der
Welt nicht den Kopf zerbricht. Er steht am Anfange
der Sechzig, sieht noch sehr gut aus, hat auch ein
braves ruhiges Leben geführt und soll nun plötzlich (
Liebes, Altgewohntes aufgeben.
Wiederum präsentiert uns Artur Schnitzler
vertraute Persönlichkeiten, deren nahe Verwandte er
uns im „Abschiedssouper“ vorgestellt hat. Nur sind
sie älter geworden. Der jugendliche Anatol ist eine
gesetzter Herr und die übermütige Annie ist eine
überlegene, ruhige Dame geworden. Graf Paz¬
mandy hat frühzeitig seine Gattin verloren. Der
junge lebenslustige Offizier begann bald mit der
gefeierten Ballerine Lolo Pallestri eine Liaison.
— sogt Pazmandy — „war mein
„Die Lolo“
Schicksal, Geliebte und Hausfrau zugleich. Weil's
nämlich auch so großartig hat kochen können. Und
die Behaglichkeit bei ihr. Und immer gut aufgelegt
und nie ein böses Wort“ ....... Und nun tritt
im Leben des Grafen ein ernster Augenblick ein.
„Keine Kleinigkeit“ — lamentiert er — „wenn
man so beinahe zwanzig Jahre mit einem Wesen
quasi gelebt hat, die besten Jahre mit ihr verbracht,
wirklich Freud und Leid geteilt mit ihr.... man
hat schon überhaupt nicht mehr gedacht, es könnt'
jemals aufhören ... und da kommt sie eines schönen
Tages und sagt: B’hüt di' Gott, mein Lieber, näch¬
stens ist Hochzeit... Das ist schon eine verfluchte
G'schicht.“
Lolo ist nicht mehr die Jüngste; 38 Jahre
hat es bei ihr geschlagen. Sie hat ihrem Berufe
Valet gesagt und aus der Pallestri ist wieder die
einfache bürgerliche Lolo Langhuber geworden. So¬
lange sie einen Beruf gehabt hat, hat sie es sich
erlauben können, „freieren Anschauungen zu huldi¬
gen". Es hat gewissermaßen zu ihrer „Stellung“
gehört. Jetzt aber, wo sie sich ins Privatleben zu¬
rückgezogen hat, will sie in „geordnete Verhältnisse“
kommen. Der Graf hat sie wohl zu seiner Gattin
machen wollen, aber die kluge Lolo hat Nein gesagt.
„Es hätt' kein Gut getan. Und da sie sich über
Hals und Kopf in den Fiaker=Eigentümer und
Hausbesitzer Nasner verliebt hat und ihn auch
heiraten will, hat sie mit dem Grafen gebrochen.
Pazmandy hat es ihr versprochen, daß sie ihn
vorher einmal auf seinem Landsitze besuchen, den
schönen Garten und das Schloß besichtigen dürfe.
Und so ist sie mit einem Male unverhofft da. Der
Graf ist bestürzt und vor seiner Tochter Mizzi ver¬
legen. Doch Mizzi kennt die Geschichte und durch¬
schaut die Situation. Sie nimmt Lolo, die ihr n
Vater so lange Zeit eine brave, treue Gefährtin
gewesen ist, herzlich und lieb auf. Da sind nun
Papa, Tochter und die illegale „Stiefmama“ bei¬
sammen. Aber noch andere Gäste sind anwesend:
Fürst Egon Ravenstein, gleichfalls ein älterer
Aristokrat, streng fendal, von weniger sympathi¬
scher Art wie Pazmandy, und ein siebzehnjähriger
Jüngling, Baron Philipp Radeiner. Dieses junge
Herrchen wird aber in wenigen Tagen gleich¬
falls das Ravensteinsche Adelsprädikat führen, denn
es ist der natürliche Sohn des Fürsten Egon, der
ihn jetzt nach der Matura adoptiert hat. Und seine
Mutter ist — Komtesse Mizzi, die 37jährige, die
nrch hübsch und jugendlich aussieht. Gerade als der
Vater mit Lolo seine Beziehungen anknüpfte, ver¬
liebte sie sich leidenschaftlich in Ravenstein und gab
sich ihm hin. Der Vater war mit Lolo so be¬
schäftigt, daß er sich um sein junges Töchterchen
nicht viel kümmerte und es ihm sehr bequem war,
als es für mehrere Monate verreiste. So blieb der
Graf in völliger Unkenntnis dessen, was und wie
es sein Töchterchen trieb. Ravenstein war damals
verheiratet, er versteckte seine Geliebte und nähm
ihr trotz allen Sträubens das Knäblein acht Thge