II, Theaterstücke 21, Komtesse Mizzi oder: Der Familientag, Seite 59

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21. Kontesse Mizzi oder der Fanilientag
Heft 10
„Wiener Mode“ XXII.
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Humorist, namens Karl Adolph, mit einem einaktigen Possenspiel.
„Comtesse Mizzi", Lustspiel in einem Akt, der neueste.
betitelt „Am ersten Mai“ vor und fand Beifall. Wenig Handlung.
Schnitzler, ist eine angenehme, graziöse Dreistigkeit, eine liebenswürdige,
Situationskomik. Drastische Gestalten. Alles lebt. Faule, unpünktliche
charmante Frechheit voll beweglichsten Witzes. Ein bißchen unwahr¬
Arbeiter — also lautet das Thema. Sie treiben die Kundschaft bis zur
scheinlich immerhin, aber man amüsiert sich so glänzend, daß man
hellen Verzweiflung. Herr Ralph war als Maurer, urwüchsig, drastisch,
ganz vergißt, daß es doch eigentlich so was — vermutlich — wahr¬
echt bis zum weißen Kalkspritzer im weingeröteten Gesicht. Herr Ralph,
hoffentlich! — gar nicht gibt, nicht geben kann. Com¬
scheinlich
bisher einer der besten Paul Wertheimer=Spieler, hat sich um eine
tesse Mizzi hat nämlich — — nein, nein, zum Nacherzählen ist das
tüchtige Staffel in der allgemeinen Wertschätzung hinaufgearbeitet. Man
nichts! Fräulein Galafrés spielte mit exquisiter Noblesse die Mizzi.
wird ihn im Auge behalten müssen, als einen glänzenden Chargen¬
Im Ton, Gebärde, Haltung vollendet aristokratisch, die geborene Vor¬
spieler des derben, urwüchsigen Wienertums von den untersten Gründen.
nehmheit. Die Herren Thaller, Kramer, Edthofer, Klitsch und
Auch Herr Richard Oswald entwickelte sehr drollige Verzweiflungs¬
Frau Glöckner bildeten ein
und Verlegenheitskomik.
prächtig zusammgestimmtes En¬
In Nestr. 3 „Schlimmen Buben“ spielie Herr Morgan,
semble. Typen — keine Kari¬
ein noch blutjunger Komikus von entschiedenem Talent, den Willi¬
katuren. Die Darsteller gaben —
bald“ und Herr Walter sehr ergötzlich den „Qua“=Schulgehilfen.
für ein paar Augenblicke — der
In einer Concordia=Matinee errang Josef Kainz einen sogar
kühnsten Satire volle Lebens¬
für ihn unerhörten Triumph in Oskar Wildes „Florentinischer
möglichkeit. Die kunstvollen Ver¬
Tragödie“. Er übertraf sich selbst und sein Bestes. Seine Rede
schlingungen der Komposition,
loderte und brannte hell¬
der geistreiche Witz der Kontraste
auf. Dabei knüpfte er ge¬
wurden elegant herausgearbeitet.
tragenen Stil und ur¬
Zurallgemeinen Zufriedenheit des
menschliches Empfinden in
höchlich erlustigten Publikums.
eins unlöslich zusammen.
Im Lustspieltheater
Vom Stück und seiner
wurde ein sehr feines, franzö¬
Vorführung wird noch zu
sisches Lustspielchen „Schwa¬
sprechen Zeit sein, wenn
nengesang" von Georges
wir ihnen im Burgtheater
Duval und Xavier Roux ge¬
wiederbegegnen werden.
geben. In der pikanten Art fein.
Für jetzt sei nur noch rasch
Keine Zotenfarce, keine Ver¬
angemerkt, wie groß, stolz
wechslungsraserei=Requisiten¬
und schön es war und
posse, keine Ehebruchs= und
wie reich uns der ver¬
Kokotten=Schwankmotive. Da ist
schwenderischeste Meister
ein Graukopf von Marquis,
wieder beschenkt hat.
galanter Edelmann der alten
Schule, Charmeur und Viveur,
Paul Morgan (Theater in der Josefstadt).
Eine reizende Epi¬
der sich für seinen Schwieger¬
sode im Wiener Theater¬
sohn aufopfert. Er befreit ihn nämlich dadurch aus den Banden
leben war das Gastspiel
einer ihn gefährlich umgarnenden Circe, daß er einen Ersatzmann
einer französischen Ge¬
stellt — sich selbst. Es ist zugleich sein Schwanengesang der Liebe.
sellschaft, als deren Star
Die Dame ist ein Wissenschaftsweibchen, eine groteske Parodie
Mme. Cora Laparcerie

auf die pfeudo=gelehrten Damen von heute. Hübsch ist im Stück das

glänzte, ein Star, dessen
in den famosen Herrn Papa verliebte Töchterchen, der in seiner
mildes Licht auch die
Brillanz und Eleganz den etwas dürftigen Schwiegersohn aussticht
Mme. Cora Laparcerie.
Herren Luguet und
und überstrahlt. Jarno spielte den Marquis siegreich auf allen Linien,
Gray zur Geltung kom¬
bezaubernd liebenswürdig, ohne die geringste sich selbst kokett bespiegelnde
men läßt. Die Truppe spielte auf einer improvisierten Bühne im
Affektation; dabei schneidiger Losgeher. Neben diesem Künstler sich auf
Saal Ehrbar; die ganze Dekoration waren ein paar spanische Wände.
gleicher Linie erfolgreich zu behaupten, ist keine leichte Aufgabe. Sie
Aber trotz oder vielleicht infolge dieses Mangels aller Bühnenreize kam
war Fräulein Clemens zugefallen. Manches, sogar das meiste glückte
die feine, echt pariserische Kunst des Sprechens und der Bewegung
ihr, kam recht hübsch, wirklich lieb, zärtlich und zierlich beraus. In der
zur vollen Geltung. Das Gastspiel zeigte, was eine bis in die letzten
großen Eroberungsszene des zweiten Aktes spielte sich Fraulein Ciemens
Nervenfasern verfeinerte Kultur vermag: es war der glänzende Triumph
bis zur Höhe ihres Partners hinauf. Sie brachte die ihr anvertrauten
einer Tradition von zweihundertfünfzig Jahren, das treffendste Argument
Pointen ganz charmant zur Geltung.
für die geistreiche Plauderei, mit der der Dichter Jacques Richepin die
In einer Sonntag=Nachmittagsvorstellung der Freien Volks¬
dritte und letzte Vorstellung einleitete. Die wirklich reizvolle Darbietung
bühne, die Stefan Großmann mit unermüdlicher Tatkraft und
wird bei einem zweiten Besuche ohne Zweifel starken Zuspruch finden.
gediegenem Verstänonis künstlerisch fördert, stellte sich ein neuer Wiener
ehördl. autor. Kunststickereischule
und Ateller Holono Rrück AWITREHTMITTZ Luchhaftans