fir Schnitler im ersten Drit¬
Buhnen begegnet.
vordia im Johann Strauß=Thea¬
mnitzler und seinen vielgelesenen“,
atol“, diesen liebenswürdigen,
wieder lebendig. Von den sieben
unzähligen Bühnen unzählige
„Abschiedssouper“, weil die ur¬
für Darstellerinnen des Drasti¬
ufgabe bilden wird, wie sie bei¬
r, Adele Sandrock und Hansi
Jarno hat in Wien auch zwei
naufzuführen gewagt, die iro¬
ksal“, wo einem sehr eifersüch¬
enheit geboten ist, seine hypno¬
b sie ihm treu sei, und er diese
die „Episode“, in der Anatol,
iebeserinnerungen auskramend,
nden erzählt, in denen er, wie
für immer zermalmt hat, wor¬
der Tür hereintritt, und wohl
ihren Zermalmer Anatol wie¬
langen Jahren in diesen leicht¬
schichten, die vor einem halben
d und an denen heute nur
t anmutet: das einleitende Ge¬
sthals, das zu Schnitzlers
paßte und das mit dem Dichter
nd gar nichts mehr zu schaffen
erse:
Theater,
jenen Stücke,
art und traurig,
heut' und Gestern,
che Formel,
hite Bilder,
Empfinden,
eren die Dramen Hofmanns¬
tlers, obwohl eine Anatolszene
„Agonie“ heißt. Die „Agonie",
verhältnisses schildert und die
hfalls das Aufhören einer Lei¬
d für die Bühne zu zart, zu
en schlägt der letzte Einakter
ster Aufführung hier zu berich¬
eitsmorgen“, einen kräf¬
an. Anatol sitzt melancholisch
beitszimmer: um zzwei Uhr soll
eden nicht in der Stimmung
absagen. Max, der Freund und
zu fragen, was für eine Toi¬
Dame, tragen wird, damit er
Farben bestellen könne. Plötzlich
rten Junggesellenschlafzimmer
!“ Max ist entrüstet. Anatol
bend war, wie es ihn nachher
ß die letzte Nacht der Freiheit
liege und wie er daher — auf
r Ilona, der er vor 6 Wochen,
tte, er müsse eine kleine Reise
Wiedersehen, und als Anatol
heimfuhr, schmiegt sich Ilona
nwir uns nie wieder trennen.“
fzimmer, begrüßt Max und in
ganz allmählich von den beiden
heiratet. Das gibt erst einen
etzt aber beruhigt sie sich mit
Rachegedanken, sie werde den
eder in ihr Netz und in diese
In. Kramer eignete sich mit
vortrefflich für den Anatol,
ie füße, demimondaine Ilona.
as Deutsche Volkstheater, das
nAnatolzyklus hat, nicht schon
itzler. Zehnte Auftage. S. Fi¬
stadtmädel, das er jetzt liebt und von dem Milieu dieser
Liebe: „Also — denken Sie sich — ein kleines, dämmeriges
Zimmer — so klein,— mit gemalten Wänden — und noch
dazu etwas zu licht — ein paar alte, schlechte Kupferstiche
mit verblaßten Aufschriften hängen da und dort. — Eine
Hängelampelmit einem Schirm. — Vom Fenster aus, wenn
es Abend wird, die Aussicht auf die im Dunkel versinkenden
Dächer und Rauchfänge! .. Und — wenn der Frühling
kommt, da wird der Garten gegenüber blühn und duf¬
ten
Dies ist der Schauplatz des klassischen Wiener Stückes,
das Schnitzler geschrieben und das vor einigen Tagen im
Deutschen Volkstheater eine Auferstehung voller Glanz und
Glorie gefeiert hat, der „Liebelei“. Aus Anatol ist hier
Fritz Lobheimer geworden, Frau Gabriele spielt nur unsicht¬
bar mit, indem sich Anatol=Fritz von ihrem Mann im Duell
erschießen läßt. Das süße Mädel aber, das sich hoch oben
im dämmerigen Mansardenstübchen für die einzig Geliebte
Fritzens hielt, ist hier zu einer wundervollen Figur von er¬
greifender, vielleicht unsterblicher Tragik geworden. Das
Publikum des in allen Rängen ausverkauften Deutschen
Volkstheaters lauschte mit einer Ehrfurcht und Spannung,
als ob nicht jeder dieser Premierenbesucher die „Liebelei“
schon ein paarmal gelesen und im Burgtheater gesehen ge¬
habt hätte. Tränen flossen, viele schamhaft verhehlte Tränen,
und als der Vorhang zum dritten= und letztenmal nieder¬
ging, da rief den Dichter einhelliger, überschwenglicher Jubel,
der ihm zeigte, wie sehr ihn Wien liebt, und der die Wiener
Theaterdirektoren daran erinnern sollte, daß weder „der
Schleier der Beatrice“ noch „der Ruf des Lebens“ bisher
auf einer unserer Bühnen zu sehen waren. Die Christine
spielte im Volkstheater, auf besonderen Wunsch Schnitzlers,
Käthe Hannemann. Sie befremdete anfangs durch ihr
norddeutsches, unwienerisches Sprechen. Allein als sie im
dritten Akt, ein Bild erschütternder Verzweiflung, allmensch¬
liches Leiden zu tragischer Größe hob, da begriff man den
Wunsch des Dichters. Auch die anderen Darsteller, Herr
Kutschera als Vater des süßen Mädels, der talentvolle
neue Mann des Volkstheaters Edthofer als Fritz, der
vielseitige Kramer als sein flotter Freund Theodor und
Fräulein Waldow vom Intimen Theater als schneidiges
Wiener Modistenmädel, gingen in ihren Rollen vollkom¬
men auf.
Und dann kam das Ereignis, die Novität, der jüngste
Einakter des heutigen Schnitzler, die „Komtesse
Mizzi“*“ Wenn im Schaffen mancher Dichter Wellental
und Wellenberg wechseln, so ist die „Liebelei“ der Höhepunkt
einer Periode Schnitzlers, der „Weg ins Freie“ aber, obwohl
mit seinen zwanzig Auflagen das meistgekaufte Buch des
Dichters und auch der sehr verwickelte, sehr gekünstelte Ein¬
akter „Komtesse Mizzi“ sind gewiß nur Werke einer Über¬
gangszeit des Poeten auf dem Wege zu einer neuen Alters¬
und Arbeitsperiode. So kompliziert ist diese Komödie zu¬
sammengebaut, idaß man ihrem Inhalt erzählend kaum
folgen kann. Diese Komtesse Mizzi hat einen ganz netten,
leider seit 20 Jahren verwitweten Vater, den Grafen Arpad
Pazmandy. Daß sich der Graf nach dem Tod seiner Frau
als Mann in den besten Jahren bei der Ballettänzerin Lolo
Pallestri getröstet und mit ihr, die so ausgezeichnet kochen
konnte, achtzehn Jahre hindurch außerhalb seines Hauses
ein so schönes Familienleben geführt hat, das kann ihm
niemand übelnehmen. Dabei hat er freilich keine Zeit gehabt,
sich um sein verwaistes Töchterchen zu kümmern, und so hat
die Mizzi von ihres Vaters Freund, dem Fürsten Egon Ra¬
venstein, grad vor 18 Jahren ein Kind kriegen und es in
aller Stille und Gemütlichkeit in einem Försterhäuschen des
Fürsten zur Welt bringen können, während sie der Vater
in einem Ursulinerinnenkloster wähnte. Mizzi wäre damals
mit dem Fürsten, der mit einer kranken Frau verheiratet
war, gern nach Amerika durchgegangen. Der Fürst aber zog
es vor, den Tod seiner Frau abzuwarten und der Mizzi erst
dann einen Heiratsantrag zu machen. Die Komtesse lehnt
diesen Antrag, den ihr der Fürst erst sieben Jahre nach der
Geburt des Sohnes machen kann, aus Erbitterung darüber
ab, daß ihr der Fürst den acht Tage alten Sohn entrissen
und bei fremden Leuten als Kind verstorbener Eltern hat
** Komtesse Mizzi oder der Familientag. Komödie in einem
Akt .von Artur Schnitzler. S. Fischer, Verlag, Berlin, 1909.
den liebenswürdig=unverschämten Burschen, der durch die
Gnade des Kaisers den fürstlichen Namen der Ravensteins
tragen wird, den Pazmandys vor. Er erneuert bei dieser
Gelegenheit der Komtesse gegenüber seinen Heirats¬
antrag. Es gibt noch ein kleines Geplänkel zwischen dem
Fürsten und der Komtesse, die einander mit spöttischer Bos¬
heit die vielen Liebesverhältnisse vorhalten, die jedes der
beiden in den letzten 10 Jahren gehabt hat. Aber trotzdem
werden der 55jährige Fürst Egon und die 37jährige Kom¬
tesse Mizzi ein samoses Ehepaar abgeben und der freche
junge Ravenstein wird bald auch den Schleier seiner Abkunft
mütt clicherseits gelüftet sehen; denn die Komtesse entläßt
ihren letzten Liebhaber und Lehrer in der Malkunst, den
Professor Windhofer, in Gnaden und entschließt sich, mit
ihrem Vater den Sommer in Ostende zu verbringen, wohin
auch Ravenstein Vater und Ravenstein Sohn reisen ....
Das alles und noch viel mehr erfahren wir Schlagauf
Schlag in einem einzigen Akt, in dem die genannten Men¬
schen im Schlosse des Grafen Pazmandy vom Winde des Zu¬
falls an einem schönen Sommertag zusammengeweht wer¬
den. Der Graf und seine Tochter wohnen da draußen; der
mit der gräflichen Familie eng befreundete Fürst kommt
zu Besuch und fragt an, ob er seinen Sohn aufführen dürfe;
dieser Sohn kommt dann in einem Fiaker nachgefahren, den
natürlich der Wasner lenkt; und die Lolo ist zur größten
überraschung des Grafen schon etwas früher aufgetaucht,
weil ihr der Graf immer versprochen hat, sie dürfe vor ihrer
Hochzeit einmal sein Landschloß und den schönen Park sehen.
So ist also „der Familientag“ beisammen. Die Komtesse
versteht sich vortrefflich mit Lolo und erkläpt ihr, sie be¬
dauere, die langjährige Gefährtin ihres Vatérs nicht früher
kennen gelernt und nicht zur Stiefmama erhalten zu haben.
Ebensogut gefällt der Komtesse ihr kecker Sohn. Der alte
Graf ist von den Sympathien Mizzis und Lolos ebenso
entzückt, wie von dem vorlauten Jüngling; er wird in der
Ehe seiner Tochter und in der Heranbildung seines Enkels
in der edlen Liebeskunst Entschädigung für das verlorene
Familienleben an Lolos Seite finden. Der Urwiener=Fiaker
Wasner gefällt allen. Und betrübt scheidet eigentlich nur
der zuletzt anrückende Professor, der erfährt, daß es „mit
den Malstunden“ aus ist, dem die Komtesse Mizzi aber —
ein Witz, der im Buch noch nicht steht und der dem Dichter
offenbar erst bei den Proben eingefallen ist — herzliche
Grüße an seine liebe Frau und seine lieben Kinder aufträgt.
Von guten Witzen ist der ganze Einakter überhaupt auf
jeder Seite voll. Diese Witze, Pointen, Bomben, verbreiten
eine Stimmung behaglichster Fröhlichkeit und lassen wäh¬
rend der Aufführung keinerlei Bedenken gegen die Ver¬
zwicktheit des Familientages aufkommen. Wenn der Graf
zum Telephon gerufen wird und die Komtesse den Fürsten
mit dem sie allein zurückbleibt, fragt: „Warum sind Sie
heute so schweigsam? Erzählen Sie doch was! Gibt's gar
nichts Neues in der Welt?“; wenn der Fürst dann antwor¬
tet: „Unser Sohn hat maturiert“; und wenn die Komtesse
hernach erklärt: „Ich hoffe, Sie haben auch interessantere
Neuigkeiten im Vorrat? Oder wenigstens Neuigkeiten, die
mich persönlich mehr angehen, als der Lebenslauf eines mir
unbekannten jungen Herrn“, so platzt bei den Zuschauern,
die von der Mutterschaft der Komtesse noch keine Ahnung
haben, die erste Bombe. Und das geht den ganzen Einakter
so fort, Ulk reiht sich an Ulk, und man kommt aus dem
Lachen überhaupt nicht heraus, gar wenn der Scherz so
virtuos gebracht wird, wie es im Volkstheater der Fall war,
wo Thaller mit dem ungarisch=deutschen Grafen, Kra¬
mer mit dem deutsch=französelnden Fürsten, Edthofer
mit dem fürwitzigen Maturanten, Lackner mit dem Fiaker
und die Damen Galafrés und Glöckner mit den
Rollen der Mizzi nud Lolo schier verwachsen waren. Einen
besseren Dialog hat Schnitzler nie geschrieben, als in der
„Komtesse Mizzi“. Den Erfolg hätte er sich auch nicht besser
wünschen können. Bessere Stücke aber — nörgeln hinterher
die Bedenken — als dieses intermezzo giocoso wird er
uns zweifellos noch viele schenken.
Neben der Uraufführung eines neuen Dramas von
Artur Schnitzler kann nur ein Ereignis der jüngsten Wiener
Theatertage erwähnt werden, und das ist der Abschied, den
Josef Kainz zwei Wochen lang fast jeden zweiten Tag
(für drei lange Monate!) vom Burgtheater gefeiert hatt,
Wie um uns den Abschied recht ichwer zu machen, spielte
S
Buhnen begegnet.
vordia im Johann Strauß=Thea¬
mnitzler und seinen vielgelesenen“,
atol“, diesen liebenswürdigen,
wieder lebendig. Von den sieben
unzähligen Bühnen unzählige
„Abschiedssouper“, weil die ur¬
für Darstellerinnen des Drasti¬
ufgabe bilden wird, wie sie bei¬
r, Adele Sandrock und Hansi
Jarno hat in Wien auch zwei
naufzuführen gewagt, die iro¬
ksal“, wo einem sehr eifersüch¬
enheit geboten ist, seine hypno¬
b sie ihm treu sei, und er diese
die „Episode“, in der Anatol,
iebeserinnerungen auskramend,
nden erzählt, in denen er, wie
für immer zermalmt hat, wor¬
der Tür hereintritt, und wohl
ihren Zermalmer Anatol wie¬
langen Jahren in diesen leicht¬
schichten, die vor einem halben
d und an denen heute nur
t anmutet: das einleitende Ge¬
sthals, das zu Schnitzlers
paßte und das mit dem Dichter
nd gar nichts mehr zu schaffen
erse:
Theater,
jenen Stücke,
art und traurig,
heut' und Gestern,
che Formel,
hite Bilder,
Empfinden,
eren die Dramen Hofmanns¬
tlers, obwohl eine Anatolszene
„Agonie“ heißt. Die „Agonie",
verhältnisses schildert und die
hfalls das Aufhören einer Lei¬
d für die Bühne zu zart, zu
en schlägt der letzte Einakter
ster Aufführung hier zu berich¬
eitsmorgen“, einen kräf¬
an. Anatol sitzt melancholisch
beitszimmer: um zzwei Uhr soll
eden nicht in der Stimmung
absagen. Max, der Freund und
zu fragen, was für eine Toi¬
Dame, tragen wird, damit er
Farben bestellen könne. Plötzlich
rten Junggesellenschlafzimmer
!“ Max ist entrüstet. Anatol
bend war, wie es ihn nachher
ß die letzte Nacht der Freiheit
liege und wie er daher — auf
r Ilona, der er vor 6 Wochen,
tte, er müsse eine kleine Reise
Wiedersehen, und als Anatol
heimfuhr, schmiegt sich Ilona
nwir uns nie wieder trennen.“
fzimmer, begrüßt Max und in
ganz allmählich von den beiden
heiratet. Das gibt erst einen
etzt aber beruhigt sie sich mit
Rachegedanken, sie werde den
eder in ihr Netz und in diese
In. Kramer eignete sich mit
vortrefflich für den Anatol,
ie füße, demimondaine Ilona.
as Deutsche Volkstheater, das
nAnatolzyklus hat, nicht schon
itzler. Zehnte Auftage. S. Fi¬
stadtmädel, das er jetzt liebt und von dem Milieu dieser
Liebe: „Also — denken Sie sich — ein kleines, dämmeriges
Zimmer — so klein,— mit gemalten Wänden — und noch
dazu etwas zu licht — ein paar alte, schlechte Kupferstiche
mit verblaßten Aufschriften hängen da und dort. — Eine
Hängelampelmit einem Schirm. — Vom Fenster aus, wenn
es Abend wird, die Aussicht auf die im Dunkel versinkenden
Dächer und Rauchfänge! .. Und — wenn der Frühling
kommt, da wird der Garten gegenüber blühn und duf¬
ten
Dies ist der Schauplatz des klassischen Wiener Stückes,
das Schnitzler geschrieben und das vor einigen Tagen im
Deutschen Volkstheater eine Auferstehung voller Glanz und
Glorie gefeiert hat, der „Liebelei“. Aus Anatol ist hier
Fritz Lobheimer geworden, Frau Gabriele spielt nur unsicht¬
bar mit, indem sich Anatol=Fritz von ihrem Mann im Duell
erschießen läßt. Das süße Mädel aber, das sich hoch oben
im dämmerigen Mansardenstübchen für die einzig Geliebte
Fritzens hielt, ist hier zu einer wundervollen Figur von er¬
greifender, vielleicht unsterblicher Tragik geworden. Das
Publikum des in allen Rängen ausverkauften Deutschen
Volkstheaters lauschte mit einer Ehrfurcht und Spannung,
als ob nicht jeder dieser Premierenbesucher die „Liebelei“
schon ein paarmal gelesen und im Burgtheater gesehen ge¬
habt hätte. Tränen flossen, viele schamhaft verhehlte Tränen,
und als der Vorhang zum dritten= und letztenmal nieder¬
ging, da rief den Dichter einhelliger, überschwenglicher Jubel,
der ihm zeigte, wie sehr ihn Wien liebt, und der die Wiener
Theaterdirektoren daran erinnern sollte, daß weder „der
Schleier der Beatrice“ noch „der Ruf des Lebens“ bisher
auf einer unserer Bühnen zu sehen waren. Die Christine
spielte im Volkstheater, auf besonderen Wunsch Schnitzlers,
Käthe Hannemann. Sie befremdete anfangs durch ihr
norddeutsches, unwienerisches Sprechen. Allein als sie im
dritten Akt, ein Bild erschütternder Verzweiflung, allmensch¬
liches Leiden zu tragischer Größe hob, da begriff man den
Wunsch des Dichters. Auch die anderen Darsteller, Herr
Kutschera als Vater des süßen Mädels, der talentvolle
neue Mann des Volkstheaters Edthofer als Fritz, der
vielseitige Kramer als sein flotter Freund Theodor und
Fräulein Waldow vom Intimen Theater als schneidiges
Wiener Modistenmädel, gingen in ihren Rollen vollkom¬
men auf.
Und dann kam das Ereignis, die Novität, der jüngste
Einakter des heutigen Schnitzler, die „Komtesse
Mizzi“*“ Wenn im Schaffen mancher Dichter Wellental
und Wellenberg wechseln, so ist die „Liebelei“ der Höhepunkt
einer Periode Schnitzlers, der „Weg ins Freie“ aber, obwohl
mit seinen zwanzig Auflagen das meistgekaufte Buch des
Dichters und auch der sehr verwickelte, sehr gekünstelte Ein¬
akter „Komtesse Mizzi“ sind gewiß nur Werke einer Über¬
gangszeit des Poeten auf dem Wege zu einer neuen Alters¬
und Arbeitsperiode. So kompliziert ist diese Komödie zu¬
sammengebaut, idaß man ihrem Inhalt erzählend kaum
folgen kann. Diese Komtesse Mizzi hat einen ganz netten,
leider seit 20 Jahren verwitweten Vater, den Grafen Arpad
Pazmandy. Daß sich der Graf nach dem Tod seiner Frau
als Mann in den besten Jahren bei der Ballettänzerin Lolo
Pallestri getröstet und mit ihr, die so ausgezeichnet kochen
konnte, achtzehn Jahre hindurch außerhalb seines Hauses
ein so schönes Familienleben geführt hat, das kann ihm
niemand übelnehmen. Dabei hat er freilich keine Zeit gehabt,
sich um sein verwaistes Töchterchen zu kümmern, und so hat
die Mizzi von ihres Vaters Freund, dem Fürsten Egon Ra¬
venstein, grad vor 18 Jahren ein Kind kriegen und es in
aller Stille und Gemütlichkeit in einem Försterhäuschen des
Fürsten zur Welt bringen können, während sie der Vater
in einem Ursulinerinnenkloster wähnte. Mizzi wäre damals
mit dem Fürsten, der mit einer kranken Frau verheiratet
war, gern nach Amerika durchgegangen. Der Fürst aber zog
es vor, den Tod seiner Frau abzuwarten und der Mizzi erst
dann einen Heiratsantrag zu machen. Die Komtesse lehnt
diesen Antrag, den ihr der Fürst erst sieben Jahre nach der
Geburt des Sohnes machen kann, aus Erbitterung darüber
ab, daß ihr der Fürst den acht Tage alten Sohn entrissen
und bei fremden Leuten als Kind verstorbener Eltern hat
** Komtesse Mizzi oder der Familientag. Komödie in einem
Akt .von Artur Schnitzler. S. Fischer, Verlag, Berlin, 1909.
den liebenswürdig=unverschämten Burschen, der durch die
Gnade des Kaisers den fürstlichen Namen der Ravensteins
tragen wird, den Pazmandys vor. Er erneuert bei dieser
Gelegenheit der Komtesse gegenüber seinen Heirats¬
antrag. Es gibt noch ein kleines Geplänkel zwischen dem
Fürsten und der Komtesse, die einander mit spöttischer Bos¬
heit die vielen Liebesverhältnisse vorhalten, die jedes der
beiden in den letzten 10 Jahren gehabt hat. Aber trotzdem
werden der 55jährige Fürst Egon und die 37jährige Kom¬
tesse Mizzi ein samoses Ehepaar abgeben und der freche
junge Ravenstein wird bald auch den Schleier seiner Abkunft
mütt clicherseits gelüftet sehen; denn die Komtesse entläßt
ihren letzten Liebhaber und Lehrer in der Malkunst, den
Professor Windhofer, in Gnaden und entschließt sich, mit
ihrem Vater den Sommer in Ostende zu verbringen, wohin
auch Ravenstein Vater und Ravenstein Sohn reisen ....
Das alles und noch viel mehr erfahren wir Schlagauf
Schlag in einem einzigen Akt, in dem die genannten Men¬
schen im Schlosse des Grafen Pazmandy vom Winde des Zu¬
falls an einem schönen Sommertag zusammengeweht wer¬
den. Der Graf und seine Tochter wohnen da draußen; der
mit der gräflichen Familie eng befreundete Fürst kommt
zu Besuch und fragt an, ob er seinen Sohn aufführen dürfe;
dieser Sohn kommt dann in einem Fiaker nachgefahren, den
natürlich der Wasner lenkt; und die Lolo ist zur größten
überraschung des Grafen schon etwas früher aufgetaucht,
weil ihr der Graf immer versprochen hat, sie dürfe vor ihrer
Hochzeit einmal sein Landschloß und den schönen Park sehen.
So ist also „der Familientag“ beisammen. Die Komtesse
versteht sich vortrefflich mit Lolo und erkläpt ihr, sie be¬
dauere, die langjährige Gefährtin ihres Vatérs nicht früher
kennen gelernt und nicht zur Stiefmama erhalten zu haben.
Ebensogut gefällt der Komtesse ihr kecker Sohn. Der alte
Graf ist von den Sympathien Mizzis und Lolos ebenso
entzückt, wie von dem vorlauten Jüngling; er wird in der
Ehe seiner Tochter und in der Heranbildung seines Enkels
in der edlen Liebeskunst Entschädigung für das verlorene
Familienleben an Lolos Seite finden. Der Urwiener=Fiaker
Wasner gefällt allen. Und betrübt scheidet eigentlich nur
der zuletzt anrückende Professor, der erfährt, daß es „mit
den Malstunden“ aus ist, dem die Komtesse Mizzi aber —
ein Witz, der im Buch noch nicht steht und der dem Dichter
offenbar erst bei den Proben eingefallen ist — herzliche
Grüße an seine liebe Frau und seine lieben Kinder aufträgt.
Von guten Witzen ist der ganze Einakter überhaupt auf
jeder Seite voll. Diese Witze, Pointen, Bomben, verbreiten
eine Stimmung behaglichster Fröhlichkeit und lassen wäh¬
rend der Aufführung keinerlei Bedenken gegen die Ver¬
zwicktheit des Familientages aufkommen. Wenn der Graf
zum Telephon gerufen wird und die Komtesse den Fürsten
mit dem sie allein zurückbleibt, fragt: „Warum sind Sie
heute so schweigsam? Erzählen Sie doch was! Gibt's gar
nichts Neues in der Welt?“; wenn der Fürst dann antwor¬
tet: „Unser Sohn hat maturiert“; und wenn die Komtesse
hernach erklärt: „Ich hoffe, Sie haben auch interessantere
Neuigkeiten im Vorrat? Oder wenigstens Neuigkeiten, die
mich persönlich mehr angehen, als der Lebenslauf eines mir
unbekannten jungen Herrn“, so platzt bei den Zuschauern,
die von der Mutterschaft der Komtesse noch keine Ahnung
haben, die erste Bombe. Und das geht den ganzen Einakter
so fort, Ulk reiht sich an Ulk, und man kommt aus dem
Lachen überhaupt nicht heraus, gar wenn der Scherz so
virtuos gebracht wird, wie es im Volkstheater der Fall war,
wo Thaller mit dem ungarisch=deutschen Grafen, Kra¬
mer mit dem deutsch=französelnden Fürsten, Edthofer
mit dem fürwitzigen Maturanten, Lackner mit dem Fiaker
und die Damen Galafrés und Glöckner mit den
Rollen der Mizzi nud Lolo schier verwachsen waren. Einen
besseren Dialog hat Schnitzler nie geschrieben, als in der
„Komtesse Mizzi“. Den Erfolg hätte er sich auch nicht besser
wünschen können. Bessere Stücke aber — nörgeln hinterher
die Bedenken — als dieses intermezzo giocoso wird er
uns zweifellos noch viele schenken.
Neben der Uraufführung eines neuen Dramas von
Artur Schnitzler kann nur ein Ereignis der jüngsten Wiener
Theatertage erwähnt werden, und das ist der Abschied, den
Josef Kainz zwei Wochen lang fast jeden zweiten Tag
(für drei lange Monate!) vom Burgtheater gefeiert hatt,
Wie um uns den Abschied recht ichwer zu machen, spielte
S