II, Theaterstücke 21, Komtesse Mizzi oder: Der Familientag, Seite 66

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Ereignisse.
Uraufführung der „Kom¬
ng der „Liebelei“ im
g von „Anatols Hoch¬
=Theater. — Josef Kain¬
rgtheater, im Musikvereins¬
r als Simone in Wildes
ragödie“.)
lm v. Wymetal.
z verschiedenen Perioden
itzler im ersten Drit¬
begegnet.
n Johann Strauß=Thea¬
ind seinen vielgelesenen“,
diesen liebenswürdigen,
lebendig. Von den sieben
ligen Bühnen unzählige
edssouper“, weil die ur¬
stellerinnen des Drasti¬
bilden wird, wie sie bei¬
le Sandrock und Hansi
bhat in Wien auch zwei
lführen gewagt, die iro¬
vo einem sehr eifersüch¬
geboten ist, seine hypno¬
hm treu sei, und er diese
Episode“ in der Anatol,
innerungen auskramend,
rzählt, in denen er, wie
imer zermalmt hat, wor¬
Tür hereintritt, und wohl
Zermalmer Anatol wie¬
Jahren in diesen leicht¬
die vor einem halben
an denen heute nur
utet: das einleitende Ge¬
ls, das zu Schnitzlers
und das mit dem Dichter
nichts mehr zu schaffen
er,
Stücke,
d traurig,
nd Gestern,
rmel,
lder,
finden,
die Dramen Hofmanns¬
obwohl eine Anatolszene
ie“ heißt. Die „Agonie“
tnisses schildert und die
das Aufhören einer Lei¬

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Renen.
59. Jahrgang.
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aufziehen lassen. Jahre sind vergangen. Es liegt im typischen
längst auf die Idee gekommen ist, vier oder fünf von diesen
Menschenschicksal, daß es mit den Jahren aus gesetzlosen
lose zusammenhängenden und von den verschiedenartigsten
wilden in (gesetzmäßige stille Bahnen einlenkt. Lolo Pallestri
Stimmungen erfüllten Einaktern an einem Theaterabend zu
will nicht mehr Pallestri, ja nicht einmal mit ihrem Mäd¬
vereinigen.
chennamen Langhuber genannt werden, sie will heiraten.
Eine einzige von den Anatolszenen, und zwar gerade die
Und weil ihr der Graf Pazmandy, der ihr seine Hand an¬
reizendste, ist nicht auf die Bühne zu bringen. Es ist der
bietet, zu alt ist, und weil sie sich auch nicht zur Gräfin
Dialog „Weihnachtseinkäufe“, der am Weihnachtsabend, so
geboren fühlt, beglückt sie den feschen Fiakereigentümer,
zwischen 6 und 7 Uhr, bei leichtem Schneefall in den Straßen
Hausbesitzer und Bürger von Wien Wasner mit ihrer Hand.
Wiens spielt. Anatol trifft Frau Gabriele, die Frau eines
Fürst Ravenstein hat seinem nunmehr 17jährigen Sohn das
anderen, die er geliebt hat, die aber nicht den Mut hatte,
Geheimnis seiner Herkunft väterlicherseits enthüllt und stellt
seine Liebe zu erwidern. Er erzählt ihr von dem süßen Vor¬
den liebenswürdig=unverschämten Burschen, der durch die
stadtmädel, das er jetzt liebt und von dem Milieu dieser
Gnade des Kaisers den fürstlichen Namen der Ravensteins
Liebe: „Also — denken Sie sich — ein kleines, dämmeriges
tragen wird, den Pazmandys vor. Er erneuert bei dieser
Zimmer — so klein,— mit gemalten Wänden — und noch
Gelegenheit der Komtesse gegenüber seinen Heirats¬
dazu etwas zu licht — ein paar alte, schlechte Kupferstiche
antrag. Es gibt noch ein kleines Geplänkel zwischen dem
mit verblaßten Aufschriften hängen da und dort. — Eine
Fürsten und der Komtesse, die einander mit spöttischer Bos¬
Hängelampelmit einem Schirm. — Vom Fenster aus, wenn
heit die vielen Liebesverhältnisse vorhalten, die jedes der
es Abend wird, die Aussicht auf die im Dunkel versinkenden
beiden in den letzten 10 Jahren gehabt hat. Aber trotzdem
Und — wenn der Frühling
Dächer und Rauchfänge!
werden der 55jährige Fürst Egon und die 37jährige Kom¬
kommt, da wird der Garten gegenüber blühn und duf¬
tesse Mizzi ein famoses Ehepaar abgeben und der freche
ten ..“
junge Ravenstein wird bald auch den Schleier seiner Abkunft
Dies ist der Schauplatz des klassischen Wiener Stückes,
mütterlicherseits gelüftet sehen; denn die Komtesse entläßt
das Schnitzler geschrieben und das vor einigen Tagen im
ihren letzten Liebhaber und Lehrer in der Malkunst, den
Deutschen Volkstheater eine Auferstehung voller Glanz und
Professor Windhofer, in Gnaden und entschließt sich, mit
Glorie gefeiert hat, der „Liebelei“ Aus Anatol ist hier
ihrem Vater den Sommer in Ostende zu. verbringen, wohin
Fritz Lobheimer geworden, Frau Gabriele spielt nur unsicht¬
auch Ravenstein Vater und Ravenstein Sohn reisen ....
bar mit, indem sich Anatol=Fritz von ihrem Mann im Duell
Das alles und noch viel mehr erfahren wir Schlag auf
erschießen läßt. Das süße Mädel aber, das sich hoch oben
Schlag in einem einzigen Akt, in dem die genannten Men¬
im dämmerigen Mansardenstübchen für die einzig Geliebte
schen im Schlosse des, Grafen Pazmandy vom Winde des Zu¬
Fritzens hielt, ist hier zu einer wundervollen Figur von er¬
falls an einem schönen Sommertag zusammengeweht wer¬
greifender, vielleicht unsterblicher Tragik geworden. Das
den. Der Graf und seine Tochter wohnen da draußen; der
Publikum des in allen Rängen ausverkauften Deutschen
mit der gräflichen Familie eng befreundete Fürst kommt
Volkstheaters lauschte mit einer Ehrfurcht und Spannung,
zu Besuch und fragt an, ob er seinen Sohn aufführen dürfe;
als ob nicht jeder dieser Premierenbesucher die „Liebelei“
dieser Sohn kommt dann in einem Fiaker nachgefahren, den
schon ein paarmal gelesen und im Burgtheater gesehen ge¬
natürlich der Wasner lenkt; und die Lolo ist zur größten
habt hätte. Tränen flossen, viele schamhaft verhehlte Tränen,
überraschung des Grafen schon etwas früher aufgetaucht,
und als der Vorhang zum dritten= und letztenmal nieder¬
weil ihr der Graf immer versprochen hat, sie dürfe vor ihrer
ging, da rief den Dichter einhelliger, überschwenglicher Jubel,
Hochzeit einmal sein Landschloß und den schönen Park sehen.
der ihm zeigte, wie sehr ihn Wien liebt, und der die Wiener
So ist also „der Familientag“ beisammen. Die Komtesse
Theaterdirektoren daran erinnern sollte, daß weder „der
versteht sich vortrefflich mit Lolo und erkläxt ihr, sie be¬
Schleier der Beatrice", noch „der Ruf des Lebens“ bisher
dauere, die langjährige Gefährtin ihres Vatèrs nicht früher
auf einer unserer Bühnen zu sehen waren. Die Christine
kennen gelernt und nicht zur Stiefmama erhalten zu haben.
spielte im Volkstheater, auf besonderen Wunsch Schnitzlers,
Ebensogut gefällt der Komtesse ihr kecker Sohn. Der alte
Käthe Hannemann. Sie befremdete anfangs durch ihr
Graf ist von den Sympathien Mizzis und Lolos ebenso
norddeutsches, unwienerisches Sprechen. Allein als sie im
entzückt, wie von dem vorlauten Jüngling; er wird in der
dritten Akt, ein Bild erschütternder Verzweiflung, allmensch¬
Ehe seiner Tochter und in der Heranbildung seines Entels
liches Leiden zu tragischer Größe hob, da begriff man den
in der edlen Liebeskunst Entschädigung für das verlorene
Wunsch des Dichters. Auch die anderen Darsteller, Herr
Familienleben an Lolos Seite finden. Der Urwiener=Fiaker
Kutschera als Vater des süßen Mädels, der talentvolle
Wasner gesällt allen. Und betrübt scheidet eigentlich nur
neue Mann des Volkstheaters Edthofer als Fritz, der
der zuletzt anrückende Professor, der erfährt, daß es „mit
vielseitige Kramer als sein flotter Freund Theodor und
den Malstunden“ aus ist, dem die Komtesse Mizzi aber:
Fräulein Waldow vom Intimen Theater als schneidiges
ein Witz, der im Buch noch nicht steht und der dem Dichter
Wiener Modistenmädel, gingen in ihren Rollen vollkom¬
offenbar erst bei den Proben eingefallen ist — herzliche
men auf.
Grüße an seine liebe Frau und seine lieben Kinder aufträgt.
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Dharha

Und dann kam das Ereignis die Novität, der jüngste
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