II, Theaterstücke 21, Komtesse Mizzi oder: Der Familientag, Seite 87

box 26/1
27
∆S
21. Kon M1oderderFaniTientag
„UBSERVER
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Guslienangabe onne Gewähr).
Ausschnitt aus:
8 2. 10 Prager Abendblat
vom:
Theater und Kunst.
x. z. Deutsches Landestheater. Die beiden
ersten der gestern aufgeführten vier Einakterneuheiten
haben modern literarischen Urserung. „Der Traum
des Glücklichen“
so nenut Fulda seine
kleine „Phantasie“ — wird einem eben zur Erkenntnis
der Untreue seiner Frau gelangten Ebemann von
einem mitleldigen Freunde auf=hypnotisiert. In
der Hypnose glaubt nun der Betrogene wieder an
sein eheliches Glück. Das Stückchen ist minder dichte¬
risch als szeuisch wirkungsvoll, zumal wenn es mit
so viel Temperament auf Herrn Ounos und mil
so viel Tlugheit von Herrn Fabers Seite darge¬
stellt wird.
„Komtesse Mizzi“ die jüngste Schnitzler¬
dem die furchtbare Erkenntnis, daß er zu den Ge¬
Heldin, guckt mit sehr fröhlichen Angen in die Well.
Sie macht sich nicht die geringsten Gewissenssorgen!
hörnten gehört, einfach von einem Freunde weg¬
wegen ihrer vor 18 Jahren begangenen Jugend= oder
hypnotisiert wird. Schnitzler führt uns einen in
vielmehr Backfischsünde. Sie lebte und liebte damals
der Gesellschaft tadellos dastehenden Grafen vor, im
eben mit leichlem Biute, gerade so wie Papa, der
seinerseits mit „Frl. Lolo Langhuber“ auch so unge¬
schönsten Einvernehmen mit seiner früheren Mätresse,
fähr „angebandelt“ hatte. Nur war das Töchterlein
mit seiner Tochter, die ledigerweise einen Sohn hot,
scharfsichtiger wie der Vater; denn es wußte von
mit diesem Sohne selbst und mit dessen Vater; —
den väterlichen Seitensprüngen, während „Papa
er nennt das Ganze einen „Familientag“, wie der
Pazmandy“ die Kleine auf dem geraden Wege
strenger Moral in tugendsamem Wandel glaubte. So
zweite Titel der Komödie lautet. Fürth exempli¬
die Vergaugenheit der Beidev. In der Gegenwart
fiziert uns den Satz: wenn zwei Liebesleute nicht
trifft es sich, daß „Papa Pazmandy“ zum „zweiten
genügend Kleingeld haben, um standesgemäß heiraten
Male verwitwel“ da seine „Lolo“ sich mit
zu können, so leben sie einfach in wilder Ehe. Das
einem braven Fiakerbälter verheiratet, und doß
Komtesse Mizzi“ vom „Fürsten Ravenstein“, dem
französische Schlußstück ist so eine Art Purzelbaum
Freuude ihres Vaters und einstigen Helden
mit einem der ältesten Possenmotive: Der Titelheld
ühres vor achlzehn Jahren erfolgten Liebesabenteuers
legt sich als todt hin, erkennt in dieser Situation
ihren Sohn, der dem damaligen heimlichen Bünduts
entsprossen, als unumehrigen Maturanten vorgest lt
die ganze Gemeinheit seines Freundes, seiner
bekommt. Der Jüngling ahnt na ürlich nicht, daß die
Geliebten, seines Dieners — und pfeift auf alle drei.
sschöne Dame, die er sich gern zur Stiefmutter wünschte,
Die Aufführung der vier Einakter war sehr brav
jseine wirkliche Mutter sei; er glaubt nur „Papas“
vorbereitet und fand bei dem ausverkauften und
Meigung zu dieser Dame zu erraten. Und der geist¬
ssprühende Satyriker Schnitzler eröffnet die Per¬
gut gestimmten Hause eine glänzende Aufnahme.
Zpektive auf eine endliche legtlime Vereinigung des
Besonders gut gefiel „Komtesse Mizzi“, die von dem
jglücklichen Elternpaares; „Komtesse Mizzi“ dürfte
Dramaturgen Dr. Eger inszeniert, die feine Eigen¬
(dem Vater ihres Sohnes einen vierten Korb unn
nicht mehr verabreichen; wenigstens scheint sie sich
art Schnitzlers vortrefflich zum Ausdruck brachte.
ldoch vollends zur Ehe zu präparieren, da sie in
Frl. v. Helling war eine brillante Mizzi — ent¬
(Guaden ihren letzten Liebhaber, den Malprofessor,
zückend und Schnitzlerisch kühl wie ein Hunde¬
tentläßt. Der famose Schnitzler sei im Repertoire
schnäuzchen; die Herren Rittig, Löwe und
zwillkommen. Die Derren Löwe und Rittig stellen
tdarin liebenswürdig vornehme Tyven aus der „Ari¬
Balder, sowie Frl. Klein bildeten mit ihr ein
istokratie“ auf die Szene. Herr Löwe ist feindiskret
sicher abgetöntes Ensemble. Fürth's „Wilde Ehe“
##in seinem zagen Verlegenheitston und Herr Rittig
wurde von den Herren Rittig und Viktora,
zeigt sich von einer neuen Seite einfach eleganter Aus¬
### Kgl. Deutsches Landes=Theateris#,
drucksweise. Herr Balder hat den jungen Vorwitz
sowie von Frl. Niedt in den Hauptrollen zu starker
Volkstümliche Vorstellung¼ )
des lebensfreudigen Studiosus, Frl. v. Helling die
3b
Bühnenwirkung herausgearbeitet. Glücklich trafen
Aberlegene Sicherheit der liebes= und weltgewandten
„Der Traum des Glücklichen.“ Von Ludwig
die Herren Viktora, Paul Schütz und Hofer,
„Mizzi“. Frl. Klein und Herr Fischer schließen
Fulda. — „Komtesse Mizzi. Von Arthur
die Reihe trefflicher Figuren.
sowie Frl. Erna Fels den grotesken Grundton des
„Wilde Ehe.“ Von Jakob
Schnitzler.
„seligen Oktave“. Zum Schlusse dürfen wir auch
Fürth. — „Der selige Oetave.“ Von Mi¬
die Herren Onno und Faber nicht vergessen, die
rande und Geraula. Deutsch von Hansen.
Das um solgende Stack des Prager Autors I.
sich mit dem Fulda'schen Einakter die redliche Mühe
(Vier Einakter — Zum ersten Male.)
[Fürlh sticht gegen Schnitzler ab. Es ist lang¬
gaben. Die Vorstellung dauerte weit über vier
almig gearbeitet und sein Inhalt kann nicht den Ge¬
Wenn man in diesen vier Novitäten eine gemein¬
Stunden — für einen normalen Theaterabend mehr
fallen jedes Hörers erwecken. „Die wilde Ehe“
same Idee sucht, so könnte es nur ein Motiv sein:
die ein junges Paar miteinander eingehen „muß“,
P.R.
als genug.
die Ausschaltung unserer sozialen Ehrbegrisse über
weil der leichtsinnige Bruder der Braut jene Summe
Klotilde Kleeberg, die auch in Prag hekannte
verspekuliert, welchemit die Kaution bilden sollte bei ihrer
das Verhalten der Geschlechter zu einander — die
Heirat mit dem Offizier, mag ja vielleicht hinter
Klaviervirtuosin, ist im Alter von 42 Jahren
traditionelle Note unserer Moderne. Fulda zeigt
den Kulissen ganz glücklich ausfallen Was sich
uns in seinem Stückchen einen betrogenen Ehemann, I gestorben.
indes vor den Kulissen abspielt, ist nicht gauz ge¬
glückt, besonders nicht das Plaidieren für die Not¬
wendigkeit der „wilden Ehe“ im Olfizierstande, wenns
denn nicht anders sein kann! Für die Darsteller: die
Damen Niedt, Baumgart, die Herren Rittig
und Victora, mig das Spielen dieses Einalters
nicht schmockhafter gewesen sein als einem Wild¬
gerüchen abholden Publikum das Genießen.
Um die elste Stunde lachte man noch über eine
Komödie „Der selige Octave“ und über die
Mitwirkenden Frl. Fels, die Herren Victora,
Hofer, Schütz.