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Mi
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box 26/1
Ko.esst2z 1 „der der nflientag
Telephon 12.801.
Dt.
—
„UOSENVEN
l. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitunge-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Guellenangabe ehne Gewähr).
Ausschnitt aus: aue
gslauer Zeitung
9. 1
vom:
Breslauer Cheater.
II. II. Lobe=Theater. „Komtesse Mizzi“. — „Liebelei“.
Schnitzlers—neueste Komödie „Komtesse Mizzi“, der er den
P
zweiten Titel „Der Familientag“ gegeben hat, gehört in ihrer
=„USSEHVEN
Art, das Wiener Leben und die Wiener Lebewelt zu betrachten, etwa in
1 österr. behördl konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
die Kategorie seiner Anatol=Komödien. Freilich, die ganze liebens¬
würdige, lustige Frische des Humors, den ganzen selbstverständlichen
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Spott, die nie verletzende Ironie vermag er nicht mehr aufzubringen.
Vertretungen
Seine Lust an merkwürdigen Konstruktionen und Kombinationen kommt
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genk, Kopen¬
ihm dabei noch mehr in die Quere, als der Hang zu grüblerischer
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
Philosophie. Aber doch erkennt man auch in der neuesten Arbeit an der
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
Feinheit des Dialogs und an der überlegenen Sicherheit der Charakter¬
(Quellenangabe ohne Gewähr).
schilderung den alten Meister. Es ist eine kuriose Gesellschaft, die sich in
Ausschnitt aus:
dem Parke des Grafen Pazmandy zusammenfindet: d: Graf selbst, der
Breslauer mergen Zeitung,
betrübt ist, daß seine geliebte Lolo, die Balletteuse, sich ins Privatleben
vom:
-p. SEP 1909
zurückzieht und heiratet, der Fürst, der ihn besucht, um ihm
seinen soeben erst legitimierten achtzehnjährigen Sohn vorzu¬
Thrater.
stellen. Mizzi, die Tochter des Grafen und — durchaus heimliche
Lobetheatek. Sonngbend, 4. September. Komtesse Mizzi“
Mutter des jungen Fürsten, die sich inzwischen auch sonst ihres Lebens
und „Liebélei“. Von Arthur Schnitzler. Ein älterer und
gefreut hat, der junge Fürst selbst, dann die schöne Lolo, die einen feschen
ein neuer „Schnitzler, und während- gestern völlig
Fiaker heiratet (Fiaker sind immer fesch), der Fiaker selbst, und schließlich
gerecht würde, schien man dem Einakter nicht das rechte Wiener
der Malprofessor,der letzte Tröster von Komiesse Mizzi. Das alles.]
Schnitzler Blut einflößen zu können. Frl. Santen war keine
Kommt mit heiterster Unbefangenheit zusammen, lacht und plaudert —,
Komtesse Mizzi, von der der Vater, selbst nicht in der größten
Selbsttäuschung, von seinem Mäderl sprechen konnte, sie war viel zu
kaum daß einmal leichte Verlegenheitswölkchen über den heiteren Himmel!
schwer, als daß man ihr auch noch das allerletzte Techtelmechtel mit
dem Herrn Professor hätte zutrauen dürfen. Frl. Santen fehlt eben
huschen — und gehi auseinander; ohne Pathos und ohne Tragik und vor
dieser leise humoristische Unterton, ihr glaubte man aufs Wort, daß
allem ganz ohne Sentimentalität. Schnitzler verzichtet sogar auf den
sie heroisch mit ihrer Jugendleidenschaft gebrochen habe, aber ihr
sichersten aller Bühneneffekte; Mutter und Sohn sinken sich nicht gerührt
Umfall am Schluß kam aus der Feder des Autors, nicht aus der
Charakteristik der Darstellerin. Auch Herr Bauer, der ersichtlich mit
in die Arme, sondern der Sohn bleibt der Mutter fremd, wie von
dem Dialekt zu kämpfen hatte, fand nicht so den rechten Ton, alle
dem Moment an, da sie, die sich gern freudig zu ihm bekannt
spielten Tragödie aber nicht Komödie. Will man den richtigen Stil
hätte, das Kind sremden Leuten überlassen mußte. Gespielt
für diesen Einakter finden, so muß man sich den bittecsatirischen
Untertitel Der Familientag“ vor die Augen halten. Freilich ist die
wurde die Komödie recht gut; namentlich macht sich
Komtesse Mizzi“ bei weitem nicht so witzig und lustig, wie es der
Frau Santen in der recht schweren Rolle der Komtesse Mizzi,
Einakter=Schnitzler sonst zu sein pflegt, etwas hätte aber die Dar¬
die nie unsympathisch werden darf, verdient; neben ihr Herr Skoda,
stellung doch zur Belebung mehr tun können. Herr Skoda, der als
der den rechten Ton für die jugendlich=unbekümmerte Frechheit des
Philipp den richtigen Ton fand, fiel auf diese Weise fast aus dem
Rahmen heraus.
illegitimen Sprößlings aus fürstlich=gräflichem Geschlecht fand, und Herr
„Die Liebelei“ wird bei einer Darstellung, wie wir sie gestern
Bauer als alter Graf, dem nur der ungarische Dialekt Schwierigkeiten
sahen, niemals ihre Wirkung verlieren, mag auch inzwischen jene
machte, wenn er auch immer noch besser ungarisch sprach, als die meisten
Duelltragik etwas an ihrer frischen Sensation verloren haben. Aber
es steckt doch zuviel echtes Leben und volkstümliche Empfindung in
anderen wienerisch. Wozu erst die krampfhaften Andeutungen eines
diesem Werke, als daß es wirklich alt werden könnte. Wir können
Dialekts, wenn man auch nicht die leifeste Aehnlichkeit erzielt? Herr
uns kaum denken, daß man diese Tragödie besser darstellen könnte,
Müller als Durchlaucht, und Fräulein Decarli als theatermüde
wie gestern Abend. Zwei Künstler, die sich so trefflich ergänzen, wie
Herr Skoda und Herr Halpern, und wiederum zwei Dar¬
und heiratslustige Balletteuse in gesetzteren Jahren, spielten ihre Rollen
stellerinnen jugendlicher Nollen wie Frl. Jauck und Fr. von
verständig, wenn auch ohne sonderliche Charakterisierung. Der Beifall
Küstenfeld dürften sich nicht in jedem Ensemble finden. Herr
des sehr gut besetzten Hauses war nicht übermäßig laut, aber doch von
Müller stellte als alter Musikus Weiring in den letzten Szenen
eine runde Meisterleistung auf die Bretter, und Fr. von Küstenfeld
einer gewissen Herzlichkeit. Man freute sich, wie etwa bei dem Wieder¬
fand echte Herzenstöne bei aller Mäßigung im Geberdenspiel. Die
sehen mit einem alten Freunde. Und noch herzlicher wurde diese Freude
Art, wie sie die verhaltene Angst zur furchtbarenErkenntnis sich
und auch der Beifall — als dann Schnitzlers „Liebelei",
steigern läßt, ohne in Deklamation zu verfallen, ist durchaus künzt
diese echte, lebensvolle Tragödie, den Abend schloß. Hier war allerdings,
lerisch durchgeführt. Um die Darstellung machten sich ferner Fr.
Mäder=Stegemann und Herr Bauer verdfent.
unter Herrn Bonnos Regie, die Darstellung in ihrer Gesamtheit und
(
in ihren Einzelheiten so, wie man es nur wünschen konnte. Frau
v. Küstenfeld als Christine ganz „Zärtlichkeit ohne Pathos“, rührend
in ihrer anspruchslosen Hingebung und ergreifend in dem plötzlichen Ver¬
ständnis für die Tragik ihres Geschickes; Frl. Jauck als weltkluge,
lebensfrohe Schlager=Mizzi, Herr Skoda als Fritz in seiner nervösen
Unrast und in seiner ahnungsvollen Bedrücktheit, Herr Müller als
Musikus in der abgeklärten Güte des Alters, Herr Halpern als harm¬
los=vergnügter Lebenskünstler, endlich Frau Mäder=Stegemann
ols alte Klatschhase — das alles fügte sich zu einem ganz trefflichen
Ensemble zusammen. Da in dieser Saison die Theaterdirektoren voraus¬
sichtlich oft auf alte Bestände werden zurückgreifen müssen, wäre es
wünschenswert, wenn man dabei stets so guten Geschmack und gutes
Geschick wie bei der „Liebelei“ entwickeln würde.
F
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0 C
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box 26/1
Ko.esst2z 1 „der der nflientag
Telephon 12.801.
Dt.
—
„UOSENVEN
l. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitunge-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Guellenangabe ehne Gewähr).
Ausschnitt aus: aue
gslauer Zeitung
9. 1
vom:
Breslauer Cheater.
II. II. Lobe=Theater. „Komtesse Mizzi“. — „Liebelei“.
Schnitzlers—neueste Komödie „Komtesse Mizzi“, der er den
P
zweiten Titel „Der Familientag“ gegeben hat, gehört in ihrer
=„USSEHVEN
Art, das Wiener Leben und die Wiener Lebewelt zu betrachten, etwa in
1 österr. behördl konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
die Kategorie seiner Anatol=Komödien. Freilich, die ganze liebens¬
würdige, lustige Frische des Humors, den ganzen selbstverständlichen
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Spott, die nie verletzende Ironie vermag er nicht mehr aufzubringen.
Vertretungen
Seine Lust an merkwürdigen Konstruktionen und Kombinationen kommt
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genk, Kopen¬
ihm dabei noch mehr in die Quere, als der Hang zu grüblerischer
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
Philosophie. Aber doch erkennt man auch in der neuesten Arbeit an der
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
Feinheit des Dialogs und an der überlegenen Sicherheit der Charakter¬
(Quellenangabe ohne Gewähr).
schilderung den alten Meister. Es ist eine kuriose Gesellschaft, die sich in
Ausschnitt aus:
dem Parke des Grafen Pazmandy zusammenfindet: d: Graf selbst, der
Breslauer mergen Zeitung,
betrübt ist, daß seine geliebte Lolo, die Balletteuse, sich ins Privatleben
vom:
-p. SEP 1909
zurückzieht und heiratet, der Fürst, der ihn besucht, um ihm
seinen soeben erst legitimierten achtzehnjährigen Sohn vorzu¬
Thrater.
stellen. Mizzi, die Tochter des Grafen und — durchaus heimliche
Lobetheatek. Sonngbend, 4. September. Komtesse Mizzi“
Mutter des jungen Fürsten, die sich inzwischen auch sonst ihres Lebens
und „Liebélei“. Von Arthur Schnitzler. Ein älterer und
gefreut hat, der junge Fürst selbst, dann die schöne Lolo, die einen feschen
ein neuer „Schnitzler, und während- gestern völlig
Fiaker heiratet (Fiaker sind immer fesch), der Fiaker selbst, und schließlich
gerecht würde, schien man dem Einakter nicht das rechte Wiener
der Malprofessor,der letzte Tröster von Komiesse Mizzi. Das alles.]
Schnitzler Blut einflößen zu können. Frl. Santen war keine
Kommt mit heiterster Unbefangenheit zusammen, lacht und plaudert —,
Komtesse Mizzi, von der der Vater, selbst nicht in der größten
Selbsttäuschung, von seinem Mäderl sprechen konnte, sie war viel zu
kaum daß einmal leichte Verlegenheitswölkchen über den heiteren Himmel!
schwer, als daß man ihr auch noch das allerletzte Techtelmechtel mit
dem Herrn Professor hätte zutrauen dürfen. Frl. Santen fehlt eben
huschen — und gehi auseinander; ohne Pathos und ohne Tragik und vor
dieser leise humoristische Unterton, ihr glaubte man aufs Wort, daß
allem ganz ohne Sentimentalität. Schnitzler verzichtet sogar auf den
sie heroisch mit ihrer Jugendleidenschaft gebrochen habe, aber ihr
sichersten aller Bühneneffekte; Mutter und Sohn sinken sich nicht gerührt
Umfall am Schluß kam aus der Feder des Autors, nicht aus der
Charakteristik der Darstellerin. Auch Herr Bauer, der ersichtlich mit
in die Arme, sondern der Sohn bleibt der Mutter fremd, wie von
dem Dialekt zu kämpfen hatte, fand nicht so den rechten Ton, alle
dem Moment an, da sie, die sich gern freudig zu ihm bekannt
spielten Tragödie aber nicht Komödie. Will man den richtigen Stil
hätte, das Kind sremden Leuten überlassen mußte. Gespielt
für diesen Einakter finden, so muß man sich den bittecsatirischen
Untertitel Der Familientag“ vor die Augen halten. Freilich ist die
wurde die Komödie recht gut; namentlich macht sich
Komtesse Mizzi“ bei weitem nicht so witzig und lustig, wie es der
Frau Santen in der recht schweren Rolle der Komtesse Mizzi,
Einakter=Schnitzler sonst zu sein pflegt, etwas hätte aber die Dar¬
die nie unsympathisch werden darf, verdient; neben ihr Herr Skoda,
stellung doch zur Belebung mehr tun können. Herr Skoda, der als
der den rechten Ton für die jugendlich=unbekümmerte Frechheit des
Philipp den richtigen Ton fand, fiel auf diese Weise fast aus dem
Rahmen heraus.
illegitimen Sprößlings aus fürstlich=gräflichem Geschlecht fand, und Herr
„Die Liebelei“ wird bei einer Darstellung, wie wir sie gestern
Bauer als alter Graf, dem nur der ungarische Dialekt Schwierigkeiten
sahen, niemals ihre Wirkung verlieren, mag auch inzwischen jene
machte, wenn er auch immer noch besser ungarisch sprach, als die meisten
Duelltragik etwas an ihrer frischen Sensation verloren haben. Aber
es steckt doch zuviel echtes Leben und volkstümliche Empfindung in
anderen wienerisch. Wozu erst die krampfhaften Andeutungen eines
diesem Werke, als daß es wirklich alt werden könnte. Wir können
Dialekts, wenn man auch nicht die leifeste Aehnlichkeit erzielt? Herr
uns kaum denken, daß man diese Tragödie besser darstellen könnte,
Müller als Durchlaucht, und Fräulein Decarli als theatermüde
wie gestern Abend. Zwei Künstler, die sich so trefflich ergänzen, wie
Herr Skoda und Herr Halpern, und wiederum zwei Dar¬
und heiratslustige Balletteuse in gesetzteren Jahren, spielten ihre Rollen
stellerinnen jugendlicher Nollen wie Frl. Jauck und Fr. von
verständig, wenn auch ohne sonderliche Charakterisierung. Der Beifall
Küstenfeld dürften sich nicht in jedem Ensemble finden. Herr
des sehr gut besetzten Hauses war nicht übermäßig laut, aber doch von
Müller stellte als alter Musikus Weiring in den letzten Szenen
eine runde Meisterleistung auf die Bretter, und Fr. von Küstenfeld
einer gewissen Herzlichkeit. Man freute sich, wie etwa bei dem Wieder¬
fand echte Herzenstöne bei aller Mäßigung im Geberdenspiel. Die
sehen mit einem alten Freunde. Und noch herzlicher wurde diese Freude
Art, wie sie die verhaltene Angst zur furchtbarenErkenntnis sich
und auch der Beifall — als dann Schnitzlers „Liebelei",
steigern läßt, ohne in Deklamation zu verfallen, ist durchaus künzt
diese echte, lebensvolle Tragödie, den Abend schloß. Hier war allerdings,
lerisch durchgeführt. Um die Darstellung machten sich ferner Fr.
Mäder=Stegemann und Herr Bauer verdfent.
unter Herrn Bonnos Regie, die Darstellung in ihrer Gesamtheit und
(
in ihren Einzelheiten so, wie man es nur wünschen konnte. Frau
v. Küstenfeld als Christine ganz „Zärtlichkeit ohne Pathos“, rührend
in ihrer anspruchslosen Hingebung und ergreifend in dem plötzlichen Ver¬
ständnis für die Tragik ihres Geschickes; Frl. Jauck als weltkluge,
lebensfrohe Schlager=Mizzi, Herr Skoda als Fritz in seiner nervösen
Unrast und in seiner ahnungsvollen Bedrücktheit, Herr Müller als
Musikus in der abgeklärten Güte des Alters, Herr Halpern als harm¬
los=vergnügter Lebenskünstler, endlich Frau Mäder=Stegemann
ols alte Klatschhase — das alles fügte sich zu einem ganz trefflichen
Ensemble zusammen. Da in dieser Saison die Theaterdirektoren voraus¬
sichtlich oft auf alte Bestände werden zurückgreifen müssen, wäre es
wünschenswert, wenn man dabei stets so guten Geschmack und gutes
Geschick wie bei der „Liebelei“ entwickeln würde.