II, Theaterstücke 21, Komtesse Mizzi oder: Der Familientag, Seite 126


e Gemahlin,
box 26/2
21. Konlesse Mizz1oder der Fanilientag
ihren Haß
J h die nonge Schaife im Ausdruck Mit
dem syrischen Hauptmann hatte sich Herr Marholm abzufinden,
mit dem Pagen der Herodias Frl. Risa Reval. Einige Heiter¬
keit rief einmal de Ungeschicklichkeit hervor, mit welcher der
Leichnam des durch Selbstmord geendeten syrischen Hauptmannes
auf Besehl des Herodes von der Bühne weggeschafft wurde,
sowie das waschechte Mauscheln der vier Juden. — In der
gleichfalls hier zum ersten Mal aufgeführten Komödie Kom¬
tesse Mizzi“ zeigt sich Schnitzler als lachender Gesellschafts¬
satyriker. Liebenswürdig, ganz ohne beißende Schärfe enthüllt
er in einer „feinen Familie“ vor unseren belustigten Blicken
deren tiefste Intimitäten. Wie alle diese fürstlichen und gräf¬
lichen Herrschaften, die wir nebst einigen Bürgerlichen im Park
des Grafen Arpad Pazmandy treffen, bekannt, verwandt und
verschwägert sind, das hier auseinanderzusetzen würde zu weit
führen, und dem Zuschauer bei einer Wiederholung, welche ja
bevorsteht, den Reiz der amusanten Ueberraschung nehmen. Es
sind jedenfalls, alles kurz gesagt, sehr vorurteilsfreie Leutchen,
die da mit einer Gelassenheit, die ihresgleichen sucht, ihre
Schicksale ausbreiten. Und was dabei das Merkwürdigste ist:
hier stirbt keiner an gebrochenem Herzen, man trennt sich mit
dem tröstlichen Ausblick auf eine allseits befriedigende Zukunft.
Das lustige, nur hie und da noch etwasg zu lang ausge¬
sponnene Stückchen wurde vom Publikum mit fröhlichem Bei¬
fall und verständnisvollem Augenzwinkern aufgenommen Die
vorurteilslose Komtesse Mizzi, die von einer Wiener Sensation
nur den Namen hat, denn sie endet nicht wie jene durch
Selbstmord, fand in Frl. Steiger eine Vertreterin, die zwar
nicht alles aus der Rolle herausholte, aber im ganzen recht
brav war. Frl. Landschütz als solid gewordene Balleteuse
spielte ganz charmant, während die beiden adeligen Väter durch
Telephos 12.801.
Herrn Prell und Herrn Wonger schauspielerisch ganz gut ver¬

treten waren. Herr Marholm bot als Philipp eine zufrieden¬
stellende Leistung. Der Pazmandy'sche Gärtner sollte sich auf
„OBSERVER“
seine Teerosen wohl ein Patent nehmen. Wie sich die Spiel¬
F. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitunge-Ausschaltte
leitung doch nur so lächerlich machen konnte! — Sonntag den
Wien, I., Concordiaplatz 4.
13. März: „Rosenmontag“, eine Offizierstragödie in
Vertretungen
5 Akten von Otto Erich Hartleben. Die Aufführung dieses
im Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiani.),
Werkes, dem noch immer etwas von der alten Zugkraft inne¬
Oenf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolls,
wohnt, fand vor einem sehr gut besuchten Hause statt, das den
Nes-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockheim, St. Petere¬
Vorgängen auf der Bühne mit lebhaftim Interesse folgte. Die
burg, Toronto.
Gertrude Reimann gab Frl. Hubicki mit guter Charakterisierung;
(Ouellenengabe ehme Gewähr.
diese Rolle entspricht ganz ihrer persönlichen Veranlagung, die
Ausschnitt aus:
Auf das Tragische hinneigt. Unbegreiflich und direkt lächerlich
Nisbauer Tagblatt
wirkte ihr sackähnlicher Anzug im dritten Akte, und konnte sich
vom: 14 3 1910
auch das Publikum trotz des Ernstes des Stückes des Lachens
Zicht enthalten. Wir hätten Frl. Hubicki doch etwas mehr
S

Geschmack zugetraut. Den Rudorff spielte Herr Marholm mit
schöner und scharfer Gliederung der Affekte. Im dritten Akte
Tages=Chronik.
allerdlugs hätte er etwas mehr Register geben können. Herr
Karlsbad, am 14 März 1910.
Kirsch fand für den Harald richtige Töne, ebenso Herr Wonger
für den Grobitzsch. Eine drollige Gesalt bot Herr Alpassy
—(—Stadttheater. Samstag den 12. März:
als Offiziersbursche Nettelbusch. Auch die übrigen noch Mit¬
[ Salome“, Drama sin einem Aufzug von Oskar Wilde,
wirkenden waren nach Kräften bestrebt sich im Rahmen des
und „Komtesse Mizzi“ oder „Der Familientag“
Ensembles zu halten und bemühten sich nicht vergebens Herr
Komödie in einem Akt von Arthur Schnitzler. Neben den
Marholm erhielt nach dem dritten Akte Blumen und Kränze
Dramen, welche ihren Stoff a# Schichten
wie eine Primadonna. Diese Huldigung, für deren Grunk
der Gesellschaft, Berufsstände usw. holen, bürgert sich in der
man sich im Zuschauerraum vergeblich den Kopf zerbrach, hatt
Neuzzit eine andeie Gattung ein, welche ihre Vorwürfe in
einen starken Beigeschmack nach etwas mit Haaren Herbeige
biblischen Geschehnissen sucht. Man denke da nur an Maeter¬
zerrtem, und dies ruft immer die entgegengesetzte Wirkung
liccks „Maria von Magdala“, an E. Bernhards „Der Brief
hervor.
des Uria“ (hier noch nicht gegeben) und betrachte Oskar
NOa
Wilde's einaktiges Drama „Salome“, welches Samstag zum
ersten Mal hier zur Aufführung gelangte, welches ebenfalls
aus der Bibel schöpft und einen Stoff behandelt, der übrigens
auch bereits musikalisch verwertet worden ist. Wilde hat ihn
für seine Zwecke geschickt zugerichtet, hat Ursache und Wirkung,
wie sie in der Legende zutage treten, wirksam vertauscht, und
führt den Dialog interessant und fließend. Und doch läßt das
Werk ein richtiges Behagen nicht aufkommen. Ist es das
Schauerliche, welches ihm auf Schritt und Tritt folgt, od—
eine gewisse Pietät, die uns aus unserer Jugend her für den
„Rufer in der Wüste“ noch anhaftet, die uns über die Tat¬
sache, ihn als eine Art Schaustück auf der Bühne zu sehen,
nicht gut hinwegkommen läßt? Wir wollen da nicht entscheiden,
aber sicher ist, daß das Stück jene angenehme Wärme nich
auszuströmen vermag, die beseeligt und erquickt zugleich. Die
u Wan L.anst .