II, Theaterstücke 21, Komtesse Mizzi oder: Der Familientag, Seite 175

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ntesst
21 KHoder der Fani lientag
Tägsche Rundschau, Bert.
31 1. 1912
, Emeago, Cieveland, Chriatignle
Gonf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneagesa.
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Pes¬

us dem Kunstleben.
burg, Toronto.
(Osellenangabe ohns Gewähr.
Lessingtheater.
Ausschnitt aus Perliner ##g,
Arthur Schnitzler, dessen geistvolle Liebenswürdigkeit,
Berliu
sich manchesmal mit viel Ernst und wenig Glück am großenl
31 1 „#, Molgenausgabe.
Drama versuchte, bewältigt mit eleganter Sicherheit die Form
vom:
des Einakters, diese halt noch lyrische Keimform der Dramalik.
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We
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Das erwies er aufs neue in dieser kleinen wienerischen Ko¬
mödie „Komtesse Mizzi“. Es gelang ihm, so viel
in den einen Akt zu pressen, daß der Neben¬
Kunst und Wissenschaft.
titel „Familientag“ verhältnismäßig gründlich verwirklicht
— Das Lessing=Theater unternahm gestern den
werden konnte. Eine ungarische Komtesse, die neben der Mal¬
etwas gewagten Versuch, den feinsten und kultivier¬
kunst auch die Lebenskunst mit Ausdauer betreibt, sieht den
testen Planderer und den kräftigsten, mit bewußter
Sohn, den sie in aller Heimlichkeit geboren und gleich danach
Primitivität arbeitenden Dramatiker der heutigen
Bühne zusammenzuspannen: Schnitzler und Schön¬
fortgegeben hat, nach fast zwei Jahrzehnten wieder, ohne sich
herr. Von jenem führte es einen meines Wissens
als Mutter zu offenbaren. Doch wird sie den Fürsten, den
hier noch nicht gegebenen, aber schon vor einigen
Vater dieses Sohnes, nun doch wohl heiraten. Eine zweite
Jahren geschriebenen Einakter: „Komtesse Mizi“
Handlung, die mit der ersten nichts zu tun hat, verschlingt sich
oder: „Der Familientag“ auf, von diesem die
anmutig=boshaft mit ihr: der alternde Vater der
schon vom einstigen Hebbel=Theater her bekannte
Comtesse muß seiner langjährigen Freundin vom Theater Lebe¬
„Komödie des Lebens": Erde“
ohl sagen, da sie sich als Ehegattin eines Fiaker=Eigentümers
Daß sich aus dieser Paarung ein einheitlicher Ein¬
s Privatleben zurückzieht; und bei dieser ergreifenden Ge¬
druck ergeben hätte, dürfte kaum zu behaupten sein.
zenheit freundet sich die Komtesse mit der Matresse a. D. an.
Man tat Schnitzler unrecht, ihn durch Schönherrs kräftige
Dramatik totzuschlagen, und hätte auch diesem einen
Aber man tut dem Dichter unrecht, wenn man seine Tat¬
besseren Dienst erwiesen, wenn man ihn allein
sächlichkeiten im Gerippe wiedergibt und nicht hinzufügt, daß
hätte zu Worte kommen lassen. Dem Premieren¬
das blühende Fleisch des Werkes wiederum in den empfindsam¬
publikum schien die ironische Lebensglossierung des
frivolen Aussprachen zu finden ist und in der weichen Wiener
Wieners besser zu munden als die robuste Lebens¬
Plausch=, Zweifel= und Liebelei=Stimmung des ganzen. Es
bejahung des Tirolers, und man kann diesen Geschmack
ist, mit einem Wort, ein echter Schnitzler, ziemlich satirisch
auch vom literarischen Standpunkte aus begreifen; denn
und ziemlich gutmütig und durchweg gefällig. Irene Triesch
Schnitzlers Einakter mit seiner Ironisierung aller
traf den Schnitzler=Komtessenton, wie nicht anders zu erwarten
familienhaften Moralbegriffe, mit seiner starken, aus
den durchweg illegitimen Verhältnissen hergeleiteten
stand, ausgezeichnet. Heinz Monnard hatte als Fürst die
Satire auf das, was man unter „Familientag“ zu ver¬
bei Schnitzler gleichfalls nicht unbekannte Aufgabe, einen ge¬
stehen pflegt, ist eine der reifsten Blüten an dem liebevoll
setzten Liebhaber=Lebemann mehr zu repräsentieren, als zu
kultivierten Baume seiner dramatischen Feuillekonkunst
agieren; er ward ihr mit feiner Natürlichkeit gerecht.
und ein das Typische dieser gepflegten Dichternatur
Emanuel Reicher, der im Einakter den Grafen köstlich
—charakterisch widerspiegelndes Erzeugnis. In gleichem
madjarisch durchführte, spielte in Kaxl Schönherrs
„Erde“, die danach gegeben wurde, den alten Grutz, die
Sinne ist gewiß auch Schönherrs Lebenskomödie zu
Gestalt, um derentwillen diese „Komödie des Lebens“ entstand.
begreifen. Aber hier stört doch die tendenzhafte
(Das Werk wurde schon vor mehreren Jahren in Berlin, ai
programmatische Betonung des Wurzelnwollens auf
eigenem Boden, die diese Bauernnaturen nur fühlen,
Hebbel=Theater, gegeben; vergleichen kann ich nicht, da ich die
nicht aber so bewußt aussprechen dürften, stört auch :
frühere Darstellung nicht kenne.) Reichers Verkörperung
die allzu klare Einsicht, die der alte lebenszähe
des lebenszähen Alten fesselte beständig und hatte große Augen¬
Bauer selbstbewußt von der Tragik hat, die sein
blicke; aber das Elementar=Bauernhafte fehlte doch. Im
Nichtsterbenwollen für die anderen, vor allem für ##
übrigen war die Aufführung wohl des Lessing=Theaters würdig,
den in Unmündigkeit gehaltenen Sohn in sich birgt. Es
doch nicht gerade ein Glanzpunkt der Spielzeit. Die Geschlossen¬
ist Schönherr hier zu wenig gelungen, das bäuerische
heit eines Organismus wurde nicht erreicht; nebenbei störten
Empfinden durch sich selbst glaubhaft zu machen. Sieht
man schärfer zu, so wird man inne, daß sich seine;
hier, im Gegensatz zur Mizzi=Komödie, die Mundart=Schwierig¬
Bauern über ihre eigene Wesenheit ebenso klar sind;
keiten. Else Lehmann, von packenden Augenblicken ab¬
wie die Schnitzlerschen Aristokraten. Und das beein¬
gesehen, gab diesmal keine unausgesetzt lebensvoll anmutende
trächtigt die Naivität seiner Holzschnittkunst.
Die Aufführung fühlte sich in beiden Sphären heimisch.
Gestalt; daß sie die erdgierige Mena mit mehr als durch¬
Zum Teil mit denselben Darstellern. Reicher als resig¬
schnittsmäßiger Kraft des Ernstes und der Heiterkeit gab,
nierender Aristokrat und ganz und gar nicht resig¬
braucht ja nicht betont zu werden. Sehr innerlich, weit besser
nierender Bauer bewies aufs neue den weiten Umfang
seiner Charakterisierungskunst, und Frl. Sussin war
als den jungen Liebhaber in Schnitzlers „Weitem Land“, gab
als endlich sich in die Ehe rettende alternde
Kurt Stieler den alten Sohn des ganz alten Grutz.
Theaterdame ebenso echt wie als verhärmte,
Mathilde Sussin zeigte sich mit gutem Erfolg in zwei sehr
vergeblich die Ehe ersehnende Magd. Ihre Kon¬
unterschiedlichen Rollen: im Einakter als elegantes Theater¬
kurrentin im Schönherrschen Stück, die mit Gewalt
damchen, bei Schönherr als schlicht=herbe Magd.
und ohne Skrupel einen Platz auf eigenem Grund und
Als Episodenspieler in der „Erde“ prägten sich ein: Forest
Boden sich erkämpfende Wirtschafterin, gab Else*
(Eisbäuerlein), Margarete Albrecht (Totenweibele), Bruno
Lehmann mit der ganzen Kraft ihrer starken Mittel.
Ziener (als urwuchsiger Meisterfresser). Schönherrs Ko¬
Bei Schnitzler hatten Frau Triesch und die Herren
Monuard und Walter noch starken Anteil am Erfolge,
mödie schien durch die Breite der Anekdote und durch vereinzelte
bei Schönherr die Herren Stieler und Forest und
forcierte Effekte zu verstimmen, im wesentlichen aber durch
Nicht zu vergessen übrigens Herr
Frau Albrecht.
ihr Bodenständiges und ihren Erd=Humor wieder stark zu
Roßknecht Erstaunliches im Knödel¬
wirken.
Ziener, der als
Willy Rath..
essen leistete.
Kp.