II, Theaterstücke 21, Komtesse Mizzi oder: Der Familientag, Seite 258

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Komt
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S#Z1oder der Tanilientag
„Ouelienangabe W
Neue Badische Landes Zeitung
Ausschnitt aus:
1½ Mannheire
vom:
Hof= und Nationaltheater
J.Der verwandelte Komödiant“ von Stefan Zweig.
j„ Komtesse Mizzi“ von Arthur Schnitzler. — „Der Arzt
seiner Ehre von Püik Mängre.
(Erstaufführung.)
Das Plandern auf der Bühne hat auch seine Technik.
Es braucht, wie das plätschernde Bächlein, mit dem es
1der Feuilletonist so gerne vergleicht, die Kieselsteine, die
Pointen, um nicht seicht zu werden. Darum sollt ihr die
Bühnenplandereien an den Pointen erkennen!
Drei Plauderakte waren in der gestrigen Premiere
mit guter Einsicht für das Wesen der Stücke aneinander¬
gereiht. Keiner der drei Einakter ist auf ein primäres
Erlehnis des Dichters oder auf ein sekundäres des Ge¬
nießers gestellt. Alle drei balancieren von intelleituellen
Voraussetzungen aus auf intellekiuelle Erkenntnisse zu, deren
Wesen sich darin erschöpft, daß #e künstlerische Vertiefung
und Verklärung nicht nur nicht erheischen, sondern sogar
ausschließen. Hier ist Gefühl nichts, Verständnis alles!
Stefan Zweig kommt mit der höchsten Prätention:
er plandert seinen Einakter über eine gedankliche Pointe
hinweg, die sich den Anschein gibt, mehr als eine Pointe,
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zeichnet gespielt. Frl. Bla
mämlich eine erlebie felische Ruane zu sein. Schnitzler
steine hineinwerfen, um ihm das so beliebte „Murmeln“.
Titelrolle eine diskrete
zu entlocken.
nimmt mit dem extremsten Gegenteil vorlieb: mit der
war als Lolo von frischer,
Stefan Zweig vollends möchte das Murmeln seines
Pointe der Handlung und Situation. Und zwischen beiden
Das Publikum nahm die
steht Mongré, der der Pointe seines Stückes das gefügigste
ZPlauderbächleins durch hallende Rhetorik, die er über
Beifall auf.
und darum kunstgerechteste Material gesucht und gefunden
den Wassern ertönen läßt, in das Brausen eines Stromes
hat: das Wort und seine witzige Bedeutung.
umfälschen. Das mißlingt natürlich. Das Rokoko, die
Die heutige Festauffühl
Komödiantenwelt und Kontrastierung von Spiel und Wirk¬
Mongrés Einakter ist aus diesem Grunde der sym¬
lichkeit in der Handlung und in der Seele der Handelnden] Ifolde“ beginnt um 5
pathischeste und wirksamste. Mit einem Minimum von szeni¬
Mottl=Faßbender, die
schen und anderem Aufwand wird durch die scharf for¬
schafft zwar einen scheinbar bedeutenden Untergrund: aber
Münchener Hofoper als Mit
mulierten Pointen des Dialogs ein Maximum von Anteil¬
was sich auf diesem Fundament entwickelt, wird Pointe
hört in Brüssel, London,
nahme und Wirkung erzwungen. Zwei Duellgegner, deren
und nicht Gefühl. Der Schausvieler, der Shakespeare dekla¬
gefeiertsten Gästen in diese
einer sein Weib verloren und deren anderer es genommen
mieren muß um einen zudringlichen Freund einer Favoritin
Kammersängers Jaques Ur
hat, treffen sich in einer Dorfkneipe mit ihren Sekun¬
der Aufmerksamkeit und Rache des Fürsten zu entziehen,
früheren Gastspielen her bei
ganten. Der eine ist Rationalist, der andere Schwärmer.
nachdem er eben noch ein abgekanzelter Bittsteller war, wird
in der letzten Saison an der
/Die Sekundanten huldigen teils dem Rationalismus, teils
gleich darauf der stolze Mann gegenüber dem feigen Anbeter
york mit außergewöhnlichem
und der liebende gegenüber der Favoritin. Wie sich Wirklich¬
dem Alkohol. Nur ein Bierbrauereibesitzer schließt sich von
Im Rosengarten findet
keit und Spiel in seinem Schicksal und in seiner Seele ver¬
beidem und somit auch von der (durch Rationalismus und
sviels „Im wunderschö
Alkohol erzeugten) Fidelität aus. Das Ende vom Lied ist
kettet, ist die Pointe. Aber sie erscheint selbst gespielt und
Am Montag wird anste
Verbrüderung und die Nachricht, daß das Weib, um das
ertüftelt, weil Zweig um sie herum tragische Kulissen auf¬
der Wibbel“ als 11. V#
gekämpft werden soll, mit einem Unparteiischen, der nicht
baut. Daß er Shakespeare zu einer Nuance seines Spiels
Am Dienstag endlich I
erschienen war, durchgegangen ist. Vom schwülen Anfang
macht, macht es nicht gerade sympathischer. Zweig ist dem
des Rings der Nibelun
bis zu diesem heitern Ende wird in der witzigsten Art von
Stoff deshalb nicht gewachsen, weil er ihn künstlich über sich
kys Leitung und der Mitwir
der Ehre, der Liebe und vom durch beide meist bedingten
selbst hinauswachsen läßt. Darunter leidet die Kompaktheit
Kurt vom Deutschen Opernh
der Erfindung und das Niveau der Empfindung. Zweig
Duell geplaudert. Es ist eine Lust zuzuhören.
hild), Kammersänger Fritz F
Weniger fesselnd ist Schnitzlers schwitzendes Bemühen,
überplaudert sich, wenn auch in klingenden Versen und mit
eine aus verschiedenen illegitimen Liebesverbindungen resul¬
farbigem Faltenwurf.
Hofoper (Wotan) und Heinri
tierende Handlung so auslaufen und sich zuspitzen zu lassen,
in Hamburg (Siegfried).
Die Rolle, deretwegen das Stück geschrieben wurde, ist
daß an die Stelle der legitimen Befriedigung über den Aus¬
der Komödiant. Wir haben für sie keinen Darsteller. Der
Frau Mottl=Faßb
gang ein ironisches Schmunzeln tritt. Komtesse Mizzi hat
Schauspieler, dem man sie aufgebürdet hatte, spielte sie zu
zur selben Zeit, wo ihr verwitweter Vater eine dauerhafte
Tode. Wozu also eine Kritik über die Aufführung schreiben?! sänger Uxlus sind bereit
Sie war künstlerisch überhaupt nicht vorhanden, wenn auch [Paukhötel abgestiegen.
Liaison mit einer ebenfalls dauerhaften Tänzerin einging,
die übrigen Mitwirkenden ihre Schuldigkeit taten.
in aller Heimlichkeit vor dem Vater und der Welt einen
Sohn geboren, dessen Erzeuger der Freund ihres Vaters
Mongrés Stück „Der Arzt seiner Ehre“ war von
Herrn Dr. Krüger in der hier üblichen kaum auf Steige¬
ist. Die Handlung setzt nun da ein, wo dieser Erzeuger
den 17jährigen Sohn vor Mizzis Vater und der Welt als
rung und Nuancierung bedachten Art inszeniert. Man über¬
sein Kind legitimiert und wo die Tänzerin Lolo dem Grafen
ließ es dem Sütck, durch sich selbst zu wirken. Und es
wirkte. Die Herren Köhler, Kökert, Godeck, Schrei¬
den Laufpaß gibt und fhren Abschiedsbesuch macht, um
ner, Tautz und Neumann=Hoditz füllten ihre dank¬
einen ehrbaren Mann zu ehelichen. Komtesse Mizzi wagt
baren Rollen gut aus.
es noch nicht, ihren Sohn in die mütterliche Arme zu
schließen; aber es besteht begründete Aussicht, daß sie den
„Komtesse Mizzi“ spielte einmal wieder in einer De¬
Erzeuger heiratet. So geht aus diesen illegitimen Liaisons
koration, die unseres Theaters unwürdig ist, woran aber,
das Legitimitätsprinzip als Sieger und Alleinherrscher
wie ich zu konstatieren nicht müde werde, nicht der Fundus,
hervor.
sondern der schlechte Geschmack des Regisseurs schuld ist.
Herr Reiter tat auch sonst nichts, um die Längen des
Aber wieviel Voraussetzungen wirft der Autor zu¬
Stückes mit darstellerischem Schmiß zu
erfüllen, trotz¬
sammen, um dieses Ziel zu erreichen! Die Voraussetzungen
dem die Einzeldarsteller durch das
Niveau ihrer
erdrücken das Ziel. Man merkt die Technik (zu deutlich)
Leistungen dies ermöglicht hätten. Der (wenig
und man ist verstimmt. Die Plauderei schielt zu sehr nach
beschäftigte)
Herr Kupfer
dem Effekt, um seiner sicher zu sein. Darum ist die Wir¬
fiel in
der Rolle
kung dünn und läßt kein Behagen aufkommen. Es steckt
des unehelichen Sohnes durch eine treffsichere Charakterisie¬
zuviel Fleiß und zu wenig Selbstverständlichkeit in der
rung sehr vorteilhaft auf. Die beiden alternden Freunde
Arbeit. Man kann nicht in ein seichtes Wässerlein Kiesel= 1 wurden von den Herren Kolmar und Godeck ausge¬