II, Theaterstücke 21, Komtesse Mizzi oder: Der Familientag, Seite 282

Ner von Schnihler. — „Das Beilchen¬
von Molzzar.
Zu den Toten des Weltkrieges gehört, wenn man den
Versicherungen deutscher Theaterdirtkktoren Glauben schenken
dorf, auch der Einakter. Diese drammtische Kunstferm hat sich
überlebt, heißt es, das Publikum mill nichts mehr von ihr
wissen, nur Mehrakter lohnen die Mühe ihrer Aufführung.
Lauter Behauptungen, die man als solche nicht ernster zu
nehmen braucht als andere dieses an unbewiesenen und schwer
zu beweisenden Behauptungen so überreichen Zeitalters. In
Wahrheit ist der Einakter die klassische und die ewige Form
des Dramas. Der „König Oedipus“ ist ein Einakter und —
um zweitausend Jahre zu über pringen — der „Zerbrochene
Krug“ ist es gleichfalls. Davon abgeschen, ist der Einakter
allen anderen Kunstformen durchaus abenbürtig, von denen
er sich oft nur durch eine größere Ehrlichkeit unterscheidet:
er mimmt für die Entfaltung eines Einfalles nicht mehr Zeil
und Raum in Auspruch, als der ihm innewohnenden Be¬
deutung zukommt. Tritt dazu eine besondere dichterische Ver¬
anlagung, derjenigen des Novellisten venvandt, so wäre es
mehr als unbillig, den Einakter aus dem Bereich des
praktischen Theaters zu verbannen, weil er „nur“ ein Einakter“
ist. In diesem Falle befindet sich Arthur Schnitzler dessen
„Letzte Masken“, „Literatur", „Große Szene", „Puppen¬
spieler“. — um nur einige seiner kurzen Diramen anzuführen
— wahre Meisterwerke sind, die in jedem Einn, auch im rein
dramatischen, zu den geglücktesten und schlakenlosesten dieses
Dichters zählen. Man kann Schnitzler, ohne seinen abend¬
füllenden Stücken im geringsten Abbruch zu tun, geradezu
einen Klaftter des Einaters nennen.
Ein solcher klassischer Einabter ist auch die „Kom¬
stesse Mitzi“,
deren heitere Unverwüstlichkeit die Auf¬
führung am Akademietheater neuerlich erhärtet. Das Wiener
Gesellschaftsbild, das der Wiener Dichter in diesem Stück
vor bald zwanzig Jahren entwarf, ist nicht nur kolorissisch,
auch gesellschaftlich seither bedeutend nachgedunkelt — Fürst
Ravenstein sitzt nicht mehr im Herrenhaus und Graf
Pazmandy fährt nicht mehr mit seiner Tochter nach Ostende
aber indem das Zuständliche etwas zurücktritt, tritt der
zeitlose Spott über alle Klassenvorurteile in Liebessachen nur
um so deutlicher hervor. Es ist ein Vorwurf, eines Komödien¬
dichters würdig, und er hat ihn im vorliegenden Fall ge¬
funden. Zu der Endgültigkeit dieses Eindrucks, die ein un¬
gewöhnlich starker äußerer Erfolg besiegelte, trug auch eine
liebevoll launige Darstellung bei, die dem liebenswürdigen
Meisterwerk nichts Wesentliches schuldig blieb. Es ist, was
die wenigsten von sich behaupten können, nicht ganz ver¬
geblich älter geiorden, denn zu Thaller, der den Grafen
Pazmandy schon vor achtzehn Jahren im Deutschen Volks¬
theater mit einleuchtender Echtheit verlebendigt hat, tritt nun,
ein mehr als ebenbürtiger Partner, Herr Devrient, dessen
Fürst Ravenstein einen Vorzugsplatz in der Galerie
älterer Lebemänner dieses Künstlers für sich in Anspruch
nehmen darf. Man weiß nicht, was man an diesem
in den muntersten Lustspielfarben gehaltenen Charakter¬
gemälde mehr bewundern soll:
die Vornehmheit
oder die Selbstverständlichkeit und Mühelosigkeit, mit der
diese Vornehmheit sich gibt. Sie nimmt keine Anläufe
und erreicht ihr Ziel, gleichsam ohne sich vom Fleck zu
rühren.... Auch Frau Retty als Komtesse Mitzi und der
ihr nahestehende junge Herr Albach als naseweises junges
Fürstchen geben gutes Burgtheater, dessen überkommene
Gesprächskunst sich an den im Bereiche dieser Komödie
gestellten Aufgaben neu entwickelt und bewährt. Frau
Medelsky als Lolo ist vielleicht um eine Limie zu derb
in ihrer Mundart, auch ein wenig geschmacklos in ihrem
Anzug. Trotzdem ist die kurze Szeue, in der sie der Gräsin
und diese ihr ihr Herz ausschüttet, eine von jenen, die in
ihrer scheinbaren Anspruchslosigkeit eindringlich fühlbar
machen, welche unzerstörbaren Werte das oft achtlos hin¬
geworfene Wort „Burgtheaterkultur“ noch immer und
immer wieder in sich schließt.
Auf Schnitzlers Komödie folgte, in lustigster Laune
gespielt und aufgerommen, das „Veilchen“ von Molnar,
über das anläßlich der Faschingsvorstellung des Burg¬
theaters bereits ausführlich berichtet wurde. Frau Seidler
ist in der Rolle des so bescheidenen und in seiner Be¬
scheidenheit so hintergründigen Veilchens von bezaubernder
Drolligkeit. Die übrige Darstellung — Herr Höbling,
Heim und Arndt, ist vergnügt genug, nur vielleicht
für einen so leichten Schwank zu gründlich. Die exakte
Regie des Herrn Brahm läßt nichts vermissen als ein
paar wohlungebrachte Striche.
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Schnitzler-Premieren.—Derneue Oester-
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Komödie in Budapest — Urberall Hane
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Moser — Der voreilige Vorhang zu spiel
Frau Warren. — Die zu gut waltierte Theat
Première
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Unlängst war im Burgtheater und im
zu re.
Akadem.etheater Schnitzler-Abend. Im Burg¬
einem
theater spielte man in Neubesetzung „Komödie
an- 1
der Verführung“
im Akademietheater die
einen
„Komtesse Mizzi“, Arthur Sehnitzler konntelangen
natürlich nicht bei beiden Neuinszeuierungeniter in
anwesend sein und da die „Komödie der Ver¬
dann
führung“ eines der Stücke ist, die ihm am
männ
meisten ans Herz gewachsen sind, saß er am
von
Abend natürlich bei der „Komödie der Ver¬
recht
führung“ und in „Komtesse Mizzi“, hatte der
nach
diensthabende Regisseur die Ehre, den Dank
nach
Arthur Schnitzlers auszusprechen. In der
„Komödie der Verführung“ sind so viele Mit¬
Im
glieder des Burgtheaters beschäftigt, daß man
neuli.
für diesen Abend eine Autoverbindung Burg-] Male
theater—Akademietheater herstellen mußte Wunk
und die Pause vom Molnar- zum Schnitzler¬
aser
Stück so lange Zeit dauerte, weil Herr Höbling
und Fräulein Wilke am Ring des 12. November
kaum abgeschminkt waren und schon in der
Lothringerstraße hätten spielen sollen. „Kom¬

tesse Mizzi“ wurde im Akademietheater,
welcher Wandel der Zeiten! ohne Striche ge¬
spielt. Man hörte alle die kleinen Sticheleien
gegen die Herrenhausmitglieder und ein nicht
besonders kluger Mensch darf es heute in
nationalen Theater Österreichs schon bis zum
B
Minister für Ackerbau bringen. Im alten
Österreich wurßtenoch an dieser Stelle aus dem
zukünftigen Minister einer für Okonoruie ge¬
macht werden. Was hätte der selige Zense“
des Hofburgtheaters, der Baron Jettel, ge#st He
In Berlin ist heute eine Prewisge, deren