II, Theaterstücke 21, Komtesse Mizzi oder: Der Familientag, Seite 292

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21. „ntesse 12z1 oder der Fanilientax
Wien, Donnerstag
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doch von zarter Menschlichkeit erfüllt. Die gleiche schwebende,
#mmbeg 32. Eigene Filialen in Wien, Graz, Linz, Innsbruck.
Die
leise bebende Empfindung webt auch in jener Szene, wo der
(Burgtheatergastspiel in Laxenburg.) Durch die ge¬
ute,
Vater der Komtesse, ein verwitweter ungarischer Graf, von
öffnete Flügeltüre strömt der Nachmittagssonnenschein ins edel¬
nen
seiner Geliebten, einer Ballettänzerin, mit der er zwanzig
patinierte Weiß und Gold des reichverzierten Saales und entzündet
ier¬
ein Lichtgefunkel auf der mattgetönten Köstlichkeit graziöser
Jahre glücklich gelebt, sich verabschiedet, weil sie heiratet. Einen
Deckengemälde und Schnitzereien. Aus dem Festsaal des Blauen
Wiener Fiaker heiratet, der zu den Patriziern seiner Gilde
Hofes tritt man ins Frühlingsfest des Laxenburger Parks hinaus,
zählt. Dieser Fiaker spricht kein Wort. Steht nur in stummer
der mit der sanften Ueberredungskunst seiner weiten, üppigen
Glückseligkeit da, in einer bei aller Intimität zwischen dem
Rasenflächen und dichtbelaubten, malerischen Baumgruppen
Grafen und ihm respektvollen Haltung. Spricht auch kein Wort
immer tiefer in seine grüne Herrlichkeit hineinlockt. Kann
beim Abschied, sondern grüßt bloß mit einer vornehmen,
man einen Zwischenakt, den Zwischenakt zwischen Arthur
rechtwinkligen Drahrerbewegung seines funkelnden Stößers.
Schnitzlers „Komtesse Mizzi“ und Franz Molnärs
„Das Veilchen“, reizvoller verbringen als in diesem Park,
Und dann ein besonderer Vorzug der Komödie: ein
der Vornehmlichkeit mit Volkstümlichkeit vereinigt und in
Dialog, ohne flimmernde Lichter, ohne Pointen und Witze,
raschem Wechsel von einsamen Alleen, heimlichen Seitenwegen,
ein schlichter Dialog, bei dem man es spürt, daß jedes Wort
kühngeschwungenen Brücken, abenteuerlichen Grotten und der
aus dem Herzen kommt.
heiteren Uferpromenade an dem von Kähnen anmutig belebten
Die Titelrolle gab Frau Retty mit ihrem unverwelk¬
See ein entzüchendes Spiel farbiger Ueberraschungen darbietet?
lichen Zauber. Frau Medelsky sowie die Herren Thalle’r
Es war ein hübscher und aparter Einfall, der Buratheater¬
und Devrient vertraten mit ebenbürtiger Kunst die andern
vorstellung zugunsten des Kriegsgeschädigtenfonds die Nachbar¬
schaft dieses Parks zu leihen. „Komtesse Mizzi“, Schnitzlers un¬
wesentlichen Rollen. — Der Abgesang des Abends bildete
verwelkliche, bezaubernde Komödie fügte sich mit wundervoller
ein langer, derber Faschingsspaß, „Veilchen“, von Franz
Selbstverständlichkeit in diesen landschaftlichen Rahmen und man
Molnar. Man hatte dabei das unerquickliche Gefühl, als
empfand die grünen Rasenflächen und Baumwipfel des Parks,
ob nach einer Symphonie, die andächtig stimmte, plötzlich eine
die man hinter der Bühne des Festsaales ahnte, sozusagen als den
M. B.
grelle Kirtagsmusik ans Ohr schlug.
natürlichen Hintergrund dieser Dialoge, in deren feine, geistreiche,
die
manchmal wohl aber auch ein wenig bittere und höhnische Skepsis
Auf
liebenswert und mit freundlichem Lächeln die österreichische
Neuinszenierung des „Othello“ im Fra
Landschaft hereinblüht. Man fühlt heute, da ein zarter Schleier
von Vergangenheit über diese Menschen und ihre Affärer ge¬
Burgtheater.
breitet ist, den artistischen Reiz der Komödie um so stärker. Ganz
Direktor Herterich beabsichtigt, Ende Mai „Othello“#“#
unvermerkt, in scheinbar absichtslosem Hin und Her kleiner,
thec
glitzender Pointen, wird Starkstrom eingeschaltet, ein Paar
neu inszeniert herauszubringen. Die Hauptrolle des Mohren
den
plaudert von einer längst verklungenen Liebelei und das Gespräch
von Venedig wird Raul Aslan, die Desdemona Frau
Für
knistert von Spannung. Rosa Albach=Retty als Komtesse
Wohlgemuth, den Jago Herr Heine spielen, der auch die
won
Mizzi beschwor mit behutsamer Meisterschaft die Zeit herauf, in
Regie führt. Zuletzt svielte Herr Reimers den Mohren. Die
der es noch Komtessen gab, und sie kokettierte allerliebst mit ge¬
neuen Bühnenbilder werden nach Entwürfen des Architekten
wagten Ansichten, die reilich heutzutage durchaus nicht mehr ge¬
Enst
Harry Täubler hergestellt, der auch den „Spiegelmensch“
wagt wirken: Auss Zierlichste handhabte sie das Silberbesteck
von Werfel und „Wenn die Toten erwachen“ von Ibsen aus= ein
graziöser Ironie. In den Gesprächen mit dem Geliebten ihrer
Krä
in,
Jugend, aus dem Fred Hennings mit subtiler Kunst einen
gestattet hat.
„Zig
on
sympathischen, klug und liebenswürdig plaudernden, feudalen
Johann Strong=Theater. Direktor Müller scheint damit But
Durchschnittsmenschen machte, schien sie in den Herbst leiser
ren
Wehmut und Entsagung gehüllt. Der junge Wolf Albach ver¬
den
recht zu behalten, daß er der lustigen vor der sentimentalen zur
körperte auf lustige, frische Art, n.it drolligem, den Erwachsenen
licht
Operette den Vorzug gibt. Nach „Adieu Mimi!“ ist jetzt Aus
abgelauschtem Näseln und anderen Kavaliersallüren nicht
und
„Glück in der Liebe“ die zweite Probe auf das Exempel.
sparend, den siebzehnjährigen Buben, der die lebendige Er¬
Fre
und
Die amüsante musikalische Posse der Herren Horst und Herz,
innerung an Komtesse Mizzis verwehte und halbverschüttete
Va
der
deren Humor Michael Krausz durch Jazzbandklänge unter¬
Jugendliebe ist. Willi Thaller als Mizzis Vater war ein Graf
B. seln.
streicht, feierte vorgestern ihr erstes Jubiläum, den „Fünfund¬
von solcher Echtheit, daß man seinen ganzen Stammbaum vor
sich zu sehen glaubte, und erfüllte die Bühne mit einer Atmosphäre
zwanziger“ und es hat den Anschein, daß die Novität, durch Beg Ihr
Fral¬
von Ballettmädeln, Champagnergelagen, Praterfahrten und
die o#istische Komik einer Gisela Werbezirk, die rassige
fröhlichem Weidwerk. Gisela Wilke lieh seiner Freundin
weg
Tanziunst Gisa Kolbes und die flotten Vaudevillemanieren
wienerische Anmut. Die heimliche Melodie von Schnitzlers Werk
Motion
der Herren Imhoff und Brod unterstützt, auch in der
nahm wie immer gefangen. Molnars zielsicherer dramatischer
Rev ides
schönen Frühlingszeit, die ja im allgemeinen dem Theaterbesuch
Scherz „Das Veilchen“ verfehlte auch diesmal nicht seine lustige
rau
Wirkung. Den Operettendirektor, den die Zärtlichkeiten,
wenig günstig ist, Zulauf finden wird.
#uch
engagementlüsterner Choristinnen zur Raserei bringen, gab Fred
mitt die
Konzerte. Ein Josef Reiter=Konzert im Neuen
Suf
Hennings in einer hübschen Mischung aus bärbeißigem
Saale der Hofburg hatte die Volks= und Bürgerschule in der
Schhat
Grimm und weltmännischer Ueberlegenheit. Als Komponist, der
Schopenhauerstraße, deren Lehrerschaft und die Eltern der
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dem vielgeplagten Direktor diese erotischen Agenden fr eine
Schüler zu Initiatoren. Mit tatkräftigem Enthusiasmus
Weile abnimmt, war Wilhelm Heim sehr unterhaltend. Unter
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nahmen sie sich eines Komponisten an, dem die Gesangvereine
abe:
manchen wirkungssicheren, oft erprobten Chor danken, an
kasse
dessen sonstigem Schaffen aber der reguläre Konzertbetrieb
E
lässig vorbeigeht. Der 65. Geburtstag des Komponisten war
So
der Anlaß zu dem Konzert in der Burg. Es bot ein Pro¬
* —
gramm, das die Vielseitigkeit von Reiters Begabung betonte:
Kammermusik, Lieder, Balladen, Chöre. All diesen Arbeiten
ist eine Melodik gemeinsam, die in romantischem Land ihre
E
Quellen hat und gefällig und ungezwungen dahinfließt. Nicht
minder behagt die Wärme der Empfindung, die man in
allem, was Reiter schrieb, spürt. So wurde benn auch jede
Nummer des Programms mit freundlichstem Beifall auf¬ ##
genommen. Es galt auch den Mitwirkenden, dem Stein¬
S
en
zust durch die Vianistin (Fiz¬
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