box 25/1
20. Zuischensniel
hmähen natürlich solche im tiefsten Grund jden lasse. In der sehr fein gefehrten Szene stellt sich nun
heraus, daß der verehrte Kapellmeister überhaupt keinen Grund
ben einander denn auch ohneweiters frei.
zur Eifersucht hatte, daß Frau Cäcilie nach wie vor „rein“
geblieben ist. Herr Amadeus jubelt. Nun ist alles wieder gut,
eu erwachte Männlichkeit ganz von Philine
nun wird die Ehe erst in ihrer Totalität wieder ausgenommen.
kerkt nicht, daß Frau Cäcilie nur aus Stolz
Aber er hat die Rechnung ohne — Nora gemacht. Die neue
t unterdrückt, ja, daß sie der Verzweiflung
Frau hat zulange auf das Wunderbare gewartet; jetzt hat sie
gt ihr vor, daß alles beim Alten bleibe, der
die „Verheißungen“ kennengelernt — ein Kollege, der den
halt, das gemeinsame Musizieren, der ge¬
Onegin mit ihr gesungen hat, war „faszinierend“ — ihr Bub
in bezug auf das Uebrige erfahren wir ge¬
und der Mann, der wahrscheinlich bald wieder in einer Sym¬
klegenheit von der Frau, daß auch da alles
phonie versinken wird, genügen ihren neuen Ansprücken an das
könne, wie im ganzen letzten Jahr. ...
Leben nicht mehr; sie nimmt ein Engagement in Berlin an.
chimmer nicht, daß er eigentlich nur seine
Als Herr Amadeus die Unerschütterlichkeit ihres Entschlusses
t Philine nur ein kleines „Capriccio“ vorhat.
die gepackte Reisetasche stand
r bleibt den Edelgatten diesmal doch im
erkennt, räumt er das Feld,
schon während des ganzen Aktes auf dem Tische. Er verschwin¬
einer dem Bühnenmanuskript nachträglich
Frau Cäcilie macht eine Bewegung, ihm nachzueilen,
auseinandersetzung läßt der Autor Frau
det.
hält sich aber zurück und sinkt weinend am Klavier nieder.
mals nicht beide gelogen, sondern uns unsre
Sämtliche Familienväter und Mütter im Parkett zischen, und
Ludwig Hevesi meint schon, der Autor werde wegen des
ngen ins Gesicht geschrieen, wäre vielleicht
Schlusses noch mit sich reden lassen.
umen
Ich glaube das nicht. Schnitzlers betrübende Komödie ist
gende Wahrhaftigkeit wäre demnach das
von den kuriosen Voraussetzungen aus gradlinig geführt und
Edelehe gewesen? Möglich; aber Frau Cä¬
mußte zu dem tragischen Schlusse kommen. Die Ehe hat
sie schon ein ganzes Jahr hindurch geschwie¬
Herr Amadeus durch sein erstes Zwischenspiel mit Philine
hat, was in ihr vorging, und daß sie den
aufgehoben, die treue anspruchslose Kameradschaft hat er durch
oß mit unbewußter weiblicher List nur dazu
das zweite Zwischenspiel mit seiner eigenen Frau gebrochen.
nn wiederzuerobern. ... Die „Wahrheit in
Die neue Frau, für die Familie und Kind nichts sind, die sich
lso doch keine ganz sichere Basis für die
gleichfalls ausleben will, muß Gleiches mit Gleichem vergel¬
weil — die Wahrheitüber Menschen¬
ten „und was der ganzen Menschheit zugeteilt ist, in ihrem
geht.
innern Selbst genießen." Nur die wirkliche volle Ehe schützt
kt hat das Zwischenspiel mit Frau Philine
das Weib vor der Hetäre, die in jeder, zumal in der Künstlerin
Ende. Herr Amadeus erwartei mit Sehn¬
steckt. Der Mann, der ihr diesen Schutz nimmt, muß sie äußer¬
die in Berlin, begleitet von ihrem Schatten,
lich und innerlich verlieren. Eine Doppelmoral für Mann und
Enstein, ein dreiwöchentliches Gastspiel absol¬
Weib gibt es nicht. Das beste Glück blüht aber doch nur aus
mmt zurück, schöner als je, mit einem merk¬
der Treue. In der Grundidee seines Stückes stimmt
n den Augen. Die alte Kameradschaft war
Schnitzler mit dieser altmodischen Auffassung überein. Er ist
hm täglich acht bis zwölf Seiten lange Briefe
weit strenger und moralisch unerbittlicher als das menschen¬
über findet sie auch Worte, ihm zu sagen, daß
freundliche Publikum, das die Komödie gar so gerne mit einem
rwacht sei, daß so viele Verheißungen in der
wienerischen „San mer wieder gut!“ abgeschlossen hätte. Er
bin heute nicht mehr, die ich war ... oder
stellt sich auf die Seite der Frau, die auch von dem Manne
mmer dieselbe und habe es nur nicht gewußt;
ein ehrliches Einhalten des Paktes verlangt, und zeigt, daß
pas von mir abgefallen, das mich früher um¬
Mannesschwäche — in jedem Sinne — ebenso die Ehe zerstört,
, so muß es sein: denn jetzt fühle ich alle
wie weibliche Untreue.
er an mir herabgeglitten sind wie an einem
Die Mängel des Stückes liegen in der Konstruierung des
Panzer ... jetzt fühle ich sie über meinen
ganzen Falls und in der Blutleere der Gestalten, die nur
Seele gleiten, und sie machen mich beben und
Thesenträger, nur Marionetten sind. Es fehlt ihnen die Geste
scheint mir voll von Abenteuern, der Himmel
ihres Metiers. Wenn Herr Amadeus Advokat und Frau Cä¬
strahlend und mir ist als sähe ich mich selbst,
cilie Zahnärztin wäre, könnten sie genau das gleiche tun, er¬
ebreiteten Armen dastehe und warte.“ Das
leben, sagen wie dieses Künstlerpaar. Von den Musikanten —
n ihr. Der Reiz erwacht wieder, Herr Ama¬
zumal dreißigjährigen — ist auch schlechterdings nicht bekannt,
ütend an sich. Der Vorhang fällt schnell.“
daß eine einjährige Abstinenz für sie zu den Selbstverständlich¬
euen Zwischenspiel erträgt nun das wieder
keiten gehöre. Wenn es ein Metier gibt, das — sonstige Nor¬
eMännchen den Nebenbuhler nicht mehr. Er
malitäten vorausgesetzt — geradezu mit sexueller Hypertrophie
Fordern, ganz altmodisch fordern, weil von
belastet ist, so ist es das der musikalischen Emotionen. Auch
er von der Welt weg muß. Der Zufall aber
die Opernsängerinnen finden sich gemeiniglich recht schlecht in
st grade auf dem Wege zu ihm ist, um ihm
machen, daß er sich von seiner Frau schei¬ ein Nonnendasein. Ihsen hat da auf dem Wege zum Währinger
Cottage sein Lokalkolorit verloren und kein neues gewonnen.
Auch der Dialog mutet von der Bühne herab matt und lösch¬
papieren an. Das Stück hat das Verdienst, die Fragen der ehe¬
lichen Sexualethik neuerlich mit Ernst und Strenge in die
Diskussion geworfen zu haben, als Drama aber ist es arm und
— manchmal — langweilig.
Gespielt wurde mit Bravour. Herr Kainz gab den Ama¬
deus nervös, zerfahren, als echten Neurastheniker, Herr
Korff
den aristokratischen Biederjüngling mit herzlicher
Noblesse, Herr Treßler den Raisonneur Albertus mit einem
leisen Zug ins Parodistische. Frau Witt fiel ips Deklamie¬
ren, was freilich auch der Autor mit seiner stellenweise thea¬
tralischen Diktion auf dem Gewissen hat.
20. Zuischensniel
hmähen natürlich solche im tiefsten Grund jden lasse. In der sehr fein gefehrten Szene stellt sich nun
heraus, daß der verehrte Kapellmeister überhaupt keinen Grund
ben einander denn auch ohneweiters frei.
zur Eifersucht hatte, daß Frau Cäcilie nach wie vor „rein“
geblieben ist. Herr Amadeus jubelt. Nun ist alles wieder gut,
eu erwachte Männlichkeit ganz von Philine
nun wird die Ehe erst in ihrer Totalität wieder ausgenommen.
kerkt nicht, daß Frau Cäcilie nur aus Stolz
Aber er hat die Rechnung ohne — Nora gemacht. Die neue
t unterdrückt, ja, daß sie der Verzweiflung
Frau hat zulange auf das Wunderbare gewartet; jetzt hat sie
gt ihr vor, daß alles beim Alten bleibe, der
die „Verheißungen“ kennengelernt — ein Kollege, der den
halt, das gemeinsame Musizieren, der ge¬
Onegin mit ihr gesungen hat, war „faszinierend“ — ihr Bub
in bezug auf das Uebrige erfahren wir ge¬
und der Mann, der wahrscheinlich bald wieder in einer Sym¬
klegenheit von der Frau, daß auch da alles
phonie versinken wird, genügen ihren neuen Ansprücken an das
könne, wie im ganzen letzten Jahr. ...
Leben nicht mehr; sie nimmt ein Engagement in Berlin an.
chimmer nicht, daß er eigentlich nur seine
Als Herr Amadeus die Unerschütterlichkeit ihres Entschlusses
t Philine nur ein kleines „Capriccio“ vorhat.
die gepackte Reisetasche stand
r bleibt den Edelgatten diesmal doch im
erkennt, räumt er das Feld,
schon während des ganzen Aktes auf dem Tische. Er verschwin¬
einer dem Bühnenmanuskript nachträglich
Frau Cäcilie macht eine Bewegung, ihm nachzueilen,
auseinandersetzung läßt der Autor Frau
det.
hält sich aber zurück und sinkt weinend am Klavier nieder.
mals nicht beide gelogen, sondern uns unsre
Sämtliche Familienväter und Mütter im Parkett zischen, und
Ludwig Hevesi meint schon, der Autor werde wegen des
ngen ins Gesicht geschrieen, wäre vielleicht
Schlusses noch mit sich reden lassen.
umen
Ich glaube das nicht. Schnitzlers betrübende Komödie ist
gende Wahrhaftigkeit wäre demnach das
von den kuriosen Voraussetzungen aus gradlinig geführt und
Edelehe gewesen? Möglich; aber Frau Cä¬
mußte zu dem tragischen Schlusse kommen. Die Ehe hat
sie schon ein ganzes Jahr hindurch geschwie¬
Herr Amadeus durch sein erstes Zwischenspiel mit Philine
hat, was in ihr vorging, und daß sie den
aufgehoben, die treue anspruchslose Kameradschaft hat er durch
oß mit unbewußter weiblicher List nur dazu
das zweite Zwischenspiel mit seiner eigenen Frau gebrochen.
nn wiederzuerobern. ... Die „Wahrheit in
Die neue Frau, für die Familie und Kind nichts sind, die sich
lso doch keine ganz sichere Basis für die
gleichfalls ausleben will, muß Gleiches mit Gleichem vergel¬
weil — die Wahrheitüber Menschen¬
ten „und was der ganzen Menschheit zugeteilt ist, in ihrem
geht.
innern Selbst genießen." Nur die wirkliche volle Ehe schützt
kt hat das Zwischenspiel mit Frau Philine
das Weib vor der Hetäre, die in jeder, zumal in der Künstlerin
Ende. Herr Amadeus erwartei mit Sehn¬
steckt. Der Mann, der ihr diesen Schutz nimmt, muß sie äußer¬
die in Berlin, begleitet von ihrem Schatten,
lich und innerlich verlieren. Eine Doppelmoral für Mann und
Enstein, ein dreiwöchentliches Gastspiel absol¬
Weib gibt es nicht. Das beste Glück blüht aber doch nur aus
mmt zurück, schöner als je, mit einem merk¬
der Treue. In der Grundidee seines Stückes stimmt
n den Augen. Die alte Kameradschaft war
Schnitzler mit dieser altmodischen Auffassung überein. Er ist
hm täglich acht bis zwölf Seiten lange Briefe
weit strenger und moralisch unerbittlicher als das menschen¬
über findet sie auch Worte, ihm zu sagen, daß
freundliche Publikum, das die Komödie gar so gerne mit einem
rwacht sei, daß so viele Verheißungen in der
wienerischen „San mer wieder gut!“ abgeschlossen hätte. Er
bin heute nicht mehr, die ich war ... oder
stellt sich auf die Seite der Frau, die auch von dem Manne
mmer dieselbe und habe es nur nicht gewußt;
ein ehrliches Einhalten des Paktes verlangt, und zeigt, daß
pas von mir abgefallen, das mich früher um¬
Mannesschwäche — in jedem Sinne — ebenso die Ehe zerstört,
, so muß es sein: denn jetzt fühle ich alle
wie weibliche Untreue.
er an mir herabgeglitten sind wie an einem
Die Mängel des Stückes liegen in der Konstruierung des
Panzer ... jetzt fühle ich sie über meinen
ganzen Falls und in der Blutleere der Gestalten, die nur
Seele gleiten, und sie machen mich beben und
Thesenträger, nur Marionetten sind. Es fehlt ihnen die Geste
scheint mir voll von Abenteuern, der Himmel
ihres Metiers. Wenn Herr Amadeus Advokat und Frau Cä¬
strahlend und mir ist als sähe ich mich selbst,
cilie Zahnärztin wäre, könnten sie genau das gleiche tun, er¬
ebreiteten Armen dastehe und warte.“ Das
leben, sagen wie dieses Künstlerpaar. Von den Musikanten —
n ihr. Der Reiz erwacht wieder, Herr Ama¬
zumal dreißigjährigen — ist auch schlechterdings nicht bekannt,
ütend an sich. Der Vorhang fällt schnell.“
daß eine einjährige Abstinenz für sie zu den Selbstverständlich¬
euen Zwischenspiel erträgt nun das wieder
keiten gehöre. Wenn es ein Metier gibt, das — sonstige Nor¬
eMännchen den Nebenbuhler nicht mehr. Er
malitäten vorausgesetzt — geradezu mit sexueller Hypertrophie
Fordern, ganz altmodisch fordern, weil von
belastet ist, so ist es das der musikalischen Emotionen. Auch
er von der Welt weg muß. Der Zufall aber
die Opernsängerinnen finden sich gemeiniglich recht schlecht in
st grade auf dem Wege zu ihm ist, um ihm
machen, daß er sich von seiner Frau schei¬ ein Nonnendasein. Ihsen hat da auf dem Wege zum Währinger
Cottage sein Lokalkolorit verloren und kein neues gewonnen.
Auch der Dialog mutet von der Bühne herab matt und lösch¬
papieren an. Das Stück hat das Verdienst, die Fragen der ehe¬
lichen Sexualethik neuerlich mit Ernst und Strenge in die
Diskussion geworfen zu haben, als Drama aber ist es arm und
— manchmal — langweilig.
Gespielt wurde mit Bravour. Herr Kainz gab den Ama¬
deus nervös, zerfahren, als echten Neurastheniker, Herr
Korff
den aristokratischen Biederjüngling mit herzlicher
Noblesse, Herr Treßler den Raisonneur Albertus mit einem
leisen Zug ins Parodistische. Frau Witt fiel ips Deklamie¬
ren, was freilich auch der Autor mit seiner stellenweise thea¬
tralischen Diktion auf dem Gewissen hat.