II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 19

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20. Zuischensniel


sdie Gedanken. Beide Gatten führen ein rein geistiges Eheleben, Schnitzlerischen Menschen aber sprechen, ist oft sehr graziös und
sie vertrauen sich ihre geheimen Gedanken, tauschen die Phanta=geistreich, immer sehr elegant und nicht ohne weltmännische Ironie.
Pir.—
sien ihrer Sinne, die sie aus der ehelichen Gemeinschaft fort= Keines ihrer Worte aber klingt bedeutend oder tief, keines wirkt
führen, aus, ihre Ehe ist auf vollkommene Aufrichtigkeit ge= durch Kraft und Masse des Gedankenstoffes. Weder Amadeus
Aten von Artur Schnitzler. gründet. Allmählich haben sie sich ganz von einander gelöst ohne noch Cäcilie sind charakteristisch genug gestaltet, um sie als Aus¬
Kampf, ohne Szenen, ohne Feindseligkeit. Das abstrakte Rechen= nahmsmenschen gelten zu lassen, aber nicht jedem komponierenden
tober 1905.)
t Arthur Schnitzler wieder exempel: eine Seele plus einer zweiten Seele minus zwei Körper Kapellmeister und nicht jeder Primadonna traut man Ausnahms¬
spielt im Ehebett und in geht fast ganz rein und ohne Rest auf. Die Mathematiker nennen schicksale zu.
In der Exposition schon ist der ganze Boden schwankend
so etwas eine elegante Lösung.
aufgedeckt. Im Notfalle
Der Zuschauer findet sich in dieser psychologischen Seelen= und nur mit den seltsamsten Körperverdrehungen erhält sich der
den eine Platane be¬
mathematik weniger zurecht. Er kennt gewiß Verhältnisse dieser Dichter weiter in der Balance.... Amadeus und Cäcilie haben
Echseln ihre Plätze wie bei
Art. Aber er weiß auch, daß ohne große Erschütterungen diese einander Kameradschaft gelobt; Wahrheit, rückhaltslose Wahrheit ist
e vertauscht; der Ehemann
Courmacher hält beim Trennung zweier Menschen nicht vor sich geht. Es fehlen nicht ihre Parole. Ihre unbeschäftigten Körper, welche die theoretischen
„Bitte, sprechen Sie mit die Stunden der Verzweiflung, des Rüttelns an den Banden Zwiegespräche der Seelen vermutlich recht langweilig finden, gehen
ariante der alten Formel: gemeinschaftlicher Erlebnisse, es sehlen nicht die Explosionen auf=getrennt auf Abenteuer aus. Amadeus genießt bei der pikanten
Wie man sieht, gehäufter Feindseligkeit, es fehlen nicht alle Krisen des Abschied= Sängerin Gräfin Friederike Moosheim Liebesstunden, Liebeswochen,
ngefüllt mit Lustspiel- nehmens. Stärker als die Gedanken, die sich doch vom Blute und und Cäcilie läßt sich auf ihrer Gastspieltournée nach Berlin vom
Männlein und Weiblein, der Leidenschaft der Menschen nähren, binden die Körper an=jungen Fürsten Sigismund begleiten. Wohl schreckt sie als Frau
wischenspiele, führen die einander, und wenn die Gedanken schon bereit sind, zu gehen, vor dem letzten Schritte zurück, aber das Leben lockt sie, ihr Leib
en französischen Conteurs, halten noch immer die in den Körperzellen aufbewahrten Er= erglüht und aus der stillen, gütigen Frau von einst ist ein ver¬
innerungen an Zärtlichkeiten zurück. Tiefsinnig gebraucht die Bibel langendes Weib geworden. So kehrt sie nach mehrmonatlicher
, von diesen zu — Artur
für das Ineinanderwachsen der Körper das Wort: erkennen, weil Abwesenheit in das Haus ihres Gatten zurück, dieselbe und doch
Flicherweise hat Schnitzler
psychologisch zerzupft und die letzte Erkenntnis zweier Menschen durch die Körper und nicht eine andere. Amadeus fühlt sich von der Hitze, die von ihr
#fhörlich in ihr Inneres, durch die Seelen vermittelt wird und weil es seelische Geheimnisse ausgeht, entzündet, er will nicht mehr nur der Kamerad unde
sche Scheinwerfer sind in gibt, zu denen nur in Liebesnächten die Türen offen stehen. „Wir geistige Freund seiner Frau sein, aus dem Gatten wird ein Lieb¬
entsteht eine verwirrende gehören doch schließlich immer zusammen (meint Amadeus), auch haber, der um die Geliebte wirbt und sie verführt, gewinnt.
und einem Ibsen=Stück, wenn von hundert Fäden, die uns verknüpfen, einer gerissen ist.“ Diese Liebesszene, welche wie alle Dialogszenen zwischen Amadeus
wird geschildert. Amadeuser ist in dieser Ehe wirklich nur ein Faden gerissen, ist und Cäcilie mit großer Kunst geführt ist, ist dramatisch der
Gegenwärtig ist er damit# nicht ein ganzes Fadenbündel und ein mächtiges noch dazu? . .. kräftigste Moment des Theaterabends und eigentlich der einzige
omponieren, eine modernef Vielleicht wäre der Zuschauer bereit, auf diese Voraussetzungen dramatische Moment desselben. Bis zu diesem Augenblicke hate
essen Choralmelodie einer einzugehen, wenn die beiden Menschen groß, eigentümlich dastehen psychologisches Klügeln und dialektisches Reden Blut, Leben,
ranstimme ist die Stimme und mit dem Haupte, etwa wie die Ibsenschen Menschen, in Leidenschaft unterdrückt. Diese Menschen, Künstlermenschen noch
hrer Stimme tönt ihm bei kühlere, geistigere Regionen reichen würden. Dazu genügt nicht dazu, schienen menschlichen Affekten nicht unterworfen, alle Em¬
ihn zu seiner Frau zieht, daß sie voneinander versichern, sie seien besondere Menschen und pfindungen wurden psychologisch zersetzt, und wo andere Menschen:
r verehrt in ihr die große über das Alltagsgetriebe erhoben, oder daß von ihnen gesagt gerast, getobt, geweint, gefiebert hätten, gaben sie fein zu¬
und künstlerischen Ge= wird, sie seien feine Menschen. Das geistige Gewicht beider müßte geschliffene Aperaus von sich. Wenn man einen Naturschrei
diese beiden Menschen auch der Zuschauer spüren, es müßte auf ihren Worten lasten, der Leidenschaft erwartete, boten sie einem spöttisch oder überlegen
der auch ein Kind ent= auf ihrem Reden und auf ihrem Schweigen, wie bei der Gestalt lächelnd eine kunstvoll geflochteae Sentenz. Jetzt endlich weicht
fehr zu sagen, desto mehr eines Rosmer oder Solneß oder Allmers. Was die beiden für kurze Zeit die Psychologie der Physiologie. Das Blut rührt