II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 43

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20. Zuischensniel
Handelt ist, auf die es ankommt, die Frage, nebstbei doch wieder sehr zerbrechlich und durch eine
heängstigend und wie auf einer Goldwage
Lücke fallen wir dann rettungslos hindurch, ins leere
durch das Stück pendelt, wie delikat die
Nichts. Als eines der Rätsel und nicht als das
behandelt sind, wie nur der Wissende ver¬
kleinste wird vielen die Frau und ihre Tat erscheinen.
hier öfters mit halben Worten und er¬
Mit kaltem Räsonnement ist dieser Gestalt auch nicht
hfen gesagt und noch mehr, was verschwiegen
beizukommen, sondern nur mit den Imponderabilien
ganz eigentümlicher Reiz schwebt in dieser
des Gefühls. Dann aber wohl ganz. Nach allem,
die geschaffen scheint, nicht zu reden, sondern
was vorging und was er hörte, mußte ihr Mann
keiern. Aber das Grundproblem ist klar:
glauben, tdaß sie gefehlt habe. Daß er sie trotzdem
die sich einbilden, ohne Liebe, in sogenannter
in Leidenschaft an sich gezogen hat, verwundet ihr
aft leben zu können, und, wie sie meinen,
weibliches Gefühl. Sie fühlt sich tief erniedrigt. Sie er¬
kleinigkeit auswärts suchen wollen, die ihnen
scheint vor sich selbst als Mittel zum Zweck. Sie verachtet
schen sich Und weil bei Schnitzlers Gestalten
jetzt in Adams den Mann und kann so neben ihm nicht
hhmen, wenn man will, seine Konstruktionen,
leben. Darum bleibt sie mit dem Kinde lieber allein. Mit
und ihm nie der Mut gefehlt hat, aus
dieser Zartheit und Vertiefung hat Schnitzler noch
kraussetzungen auch seine Schlüsse zu ziehen,
keines seiner psychischen Probleme gefaßt. Von allen
die Handlung zu dem Ende, das sie im
Blüten, die er bisher im Liebesgarten brach und
umt. Nach ihm ist es deshalb unmoralisch,
uns reichte, leuchtet und duftet diese zumeist. Niemals
te, die innerlich nicht mehr zusammenge¬
gab er sich noch so vornehm und empfindlich zugleich.
tzdem beisammen bleiben, aus Gründen
Schnitzler erinnert hier mehr als an Ibsen, an Hebbel
chkeit oder der Bequemlichkeit.
und seine Cäcilie an die Gestalt der Rhodope, die
haben freilich schon andere vor Schnitzler
durch die Ehe mit Gyges in ihrem verletzten Scham¬
lichter und Philosophen. Darin liegt auch
gefühl scheinbar entfühnt, sich trotzdem selbst zum
Bedeutung des Stückes. Nicht um den Satz
Opfer bringt.
sich, sondern um seine Begründung durch
Darin allein, in dieser Vertiefung eines seelischen
kr. Es gibt kaum eine einfachere und schmuck¬
Vorwurfes, erscheint das Stück für Schnitzler und
rache, als die des Zwischenspiels“. Und
seine Zukunft bedeutungsvoll. Hierin liegt ein un¬
den gar viele das Deutsch nicht verstehen,
geahnter Fortschritt seiner Kunst. Aber nicht seiner
gesprochen wird. Sie werden davor zu¬
dramatischen. Denn die Handlung dieses Werkes ist
klos bleiben, wie vor einem Buche mit sieben
sehr dünn. Sie ist ebenso geradlinig geführt, wie in
Denn um den Kern des Werkes schlingt
seinen übrigen Dramen, ohne eigentliche Verwicklung
rkbar ein straffes, logisches Maschennetz,
und ohne Gegenspiel. Im wesentlichen handelt es
man nicht täppisch hindurchgreifen kann,
sich auch nur um zwei Personen, um den Kapell¬
vielmehr versuchen muß recht behutsam zu
meister und seine Frau; die anderen stehen weit zurück.
d trotz seiner inneren Festigkeit ist es! Die Spannung, die ja nicht ganz fehlt, ist doch mehr
eine äußerliche Neugier, wie die Geschichte eigentlich
enden wird, da man das Ende so wenig erraten kann
und auf den ersten Blick auch nicht versteht. Man
kann sich ganz gut vorstellen, daß die Wirkung des
Stoffes in erzählender Form ebenso, wenn nicht stärker
zur Geltung kommt. Auf der Schneide zwischen No¬
velle und Drama, an der auch manches andere Werk
Schnitzlers anläuft, um nicht zu sagen, scheitert,
schwebt denn auch dieses Stück. Dazu kommt ein
Anstrich von Komik, der dem ernsten Werke Gefahr
bringt. Diese Komik liegt in der Gestalt des Fürsten.
Denn ein Mann, der die kochenden Instinkte eines
Eifersüchtigen durch einen wohlgesetzten, akademischen
Speech zu beschwören sucht, noch dazu indem er in
aller Seelenruhe vor unseren Augen ein verkapptes
Dreieck konstruiert, stimmt wirklich heiter. Hinter den
Kulissen mag ja manches geschehen, aber man spricht
doch am hellen Tage nicht laut davon. Durch diese
Szene allein wird der ganze dritte Akt aus dem Gleich¬
gewichte gehoben und schlägt fast um.
Für Kenner Schnitzlers wird das Interesse an
seinem neuen Werke noch durch einen anderen Grund
etwas geschwächt. Manche seiner Gestalten führen ein
eigenartiges Doppelleben, eines in der Vergangenheit
und eines in der Gegenwart. Und ihre Rolle in der
Gegenwart erinnert sie an die der Vergangenheit
(Die Frau mit dem Dolche). Es ist eine Art litera¬
rischer Seelenwanderung und die Gestalten verflüch¬
tigen sich dadurch fast zu symbolischem Wert. In ähn¬
licher Weise treten in Schnitzlers ganzem Schaffen
dieselben Figuren immer wieder in seinen Gesichts¬
kreis ein und in seinen Dramen auf. Einzelne Si¬
tuationen früherer Werke wiederholen sich in späteren.
Hie und da entwickelt sich sogar, wenn auch immer
in interessanter künstlerischer Wendung und Verkürzung