20. Zuischenspiel
bux 25/1
Telephon 12
„OBSERVER“
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeilungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen.
London, Madrid. Mailand, Minneapolis, New-York, Paris, Rom.
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Ouellenangebe ehus Gewahr.)
Ausschnitt aus
—
= 40%
AD
Arthur Schnitzlers „Zwischenspiel“.
" (Von unserem Korrespondenten.)
* Wien, II. Oktober.
* Arthur Schnitzlers dreiaktige Komödie „Zwischenspiel“, die morgen
im Buegtheater in Szene geht, ist eine gar feine Seelenstudie — so
fein, daß es fraglich erscheint, ob sie im Theater, wo man die derber
gesponnenen Faben liebt, auf ein volles Erfassen zählen kann. Das;
Stück entrollt ein sellsames Spiel mit den tiefsten Gefühlen, die das
Herz bewegen. Wird man alles verstehen, was der Dichter wollte?
Ist es ihm gelungen, sich ganz verständlich zu machen?
Es ist der merkwürdige Roman eines Künstlerpaares. Er, der
Kapellmeister Amadens Adams, ist ein genialer Komponist, sie eine
gottbegnadete Sängerin. Sie wirken an demselben Theater, sind seit
sieben Jahren vermählt, waren bis zur Stunde ein Herz und eine
künstlerische Seele. Aber nach den sieben mageren Ehejahren lechzt der
Mann nach Freiheit — er verli“, sich in eine andere Opernsängerin.
Er weiß, daß ihn unr die Schönge# dieser anderen bezaubert, daß es ein
Rausch der Sinne ist, nach demer kra,zt, aber er kann dem fatalen Zauber
nicht widerstehen. Da auch seine Gattin mit einem jungen Fürsten
flirtet, so benutzt er den Anlaß, um eine Auseinandersetzung herbei¬
zuführen. Die Liebe ist zu Ende, so soll denn mit diesem Kapitel
abgeschlossen sein. Da er aber die Gattin künstlerisch nicht entbehren
kann, st sollen sie beisammen bleiben, als Freunde und Kunstgefährten,
gute Kameraden — es ist ja auch ein Kind da, das allein genügt,
um ein jahes Abreißen aller Beziehungen zu hindern. Die Frau,
die den Gatten liebt, ist zu stolz, um auf ihren vollen Rechten zu
bestehen. In schmerzlicher Bewegung erhärt sie sich mit allem ein¬
verstanden.
Aber der neue Roman des Mannes wührt nicht lange. Er ist nur
ein Sommernachtstraum, und an einem trüben Herbsttage ###artet
der Gatte im alten Heim mit den allen zärtlichen Gefühlen die
Gattin, die von einem sehr eifolgreichen Gastspiel in Berlin zurück¬
kehrt. Seine Liebe wird zur Leidenschaft entfacht, da er erfährt, daß
seine Frau viel #n worben ist, daß ihr kleiner Fürst sie heiralen
möchte, und daß chr Blut beim Auslick eines gewissen Opernsängers
in Wallung geriet. Er reißt die Frau mieder an sich— aber nürfür
kurze Stunden eines Wonnerausches. Sie ist eine andere geworden in
der herben Zeit der Prüfung, da ihr Gatte in den Armen einer anderen
lag. Wünsche und Begierden, die sie nie gekannt, sind in ihr er¬
wacht. Sie könnte wohl mit einer banalen Verzeihung das alte
Glück wieder anzuspinnen suchen. Aber sie wurde nicht bloß in einer
zarten, heiligen Empfindung schwer gekränkt. Sie fühlt sich auch außer¬
stande, die alte Rolle als getreue, gefügige Ehefrau voll Lieb' und
Güte wieder aufzunehmen. Und vor dem heißen Werben des
Mannes legt sie ein aufrichtiges Geständnis ihrer Wandlung ab.
1Nach der flüchtigen Trennung muß der Abschied kommen. Sie will
ins Engagement nach Berlin gehen. Er soll seine Konzerktournee
machen, die ein Jahr umfassen wird. Die Betenerungen!
neuer Liebe haben keine Wirkung, auch die Eifersucht des Gatten, der
den Fürsten herausfordern will, vermag den Sinn der Frau nicht
zu ändern. Vielleicht kommt einmal — das Wunderbare. Aber bis
dahin — ade! Der Mann begreift nur mit Mühe, fügt sich aber
schließlich ingrimmig dem Gebot. Er geht von dannen, nachdem er
auf das Klavier eine seiner Kompositionen gelegt, ein Zwischenspiel,
Capriccio doloroso. Die Frau blickt ihm nach und beweint mit
einer heißen Träue das zertrümmerte Eheglück
+ Ueber die Aufführung von Schnitzlers „Zwischenspiel“
im Burgtheater berichtet ein Telegramm unseres Korrespondenten:
Die Erstaufführung von Schnitzlers „Zwischenspiel“
versammelte im Burgtheater ein glänzendes Publikum. Die Zuhörer¬
schaft stand schon in den ersten Szenen im Banne des Dichters, folgte
der dramatischen Studie mit Interesse und spendete nach dem ersten
Akte lebhaften, nach dem zweiten stürmischen Beifall. Nach diesem
Akte mußtg Schnitzler sechsmal erscheinen. Die schließliche Lösung
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Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen.
London, Madrid. Mailand, Minneapolis, New-York, Paris, Rom.
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Ouellenangebe ehus Gewahr.)
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—
= 40%
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Arthur Schnitzlers „Zwischenspiel“.
" (Von unserem Korrespondenten.)
* Wien, II. Oktober.
* Arthur Schnitzlers dreiaktige Komödie „Zwischenspiel“, die morgen
im Buegtheater in Szene geht, ist eine gar feine Seelenstudie — so
fein, daß es fraglich erscheint, ob sie im Theater, wo man die derber
gesponnenen Faben liebt, auf ein volles Erfassen zählen kann. Das;
Stück entrollt ein sellsames Spiel mit den tiefsten Gefühlen, die das
Herz bewegen. Wird man alles verstehen, was der Dichter wollte?
Ist es ihm gelungen, sich ganz verständlich zu machen?
Es ist der merkwürdige Roman eines Künstlerpaares. Er, der
Kapellmeister Amadens Adams, ist ein genialer Komponist, sie eine
gottbegnadete Sängerin. Sie wirken an demselben Theater, sind seit
sieben Jahren vermählt, waren bis zur Stunde ein Herz und eine
künstlerische Seele. Aber nach den sieben mageren Ehejahren lechzt der
Mann nach Freiheit — er verli“, sich in eine andere Opernsängerin.
Er weiß, daß ihn unr die Schönge# dieser anderen bezaubert, daß es ein
Rausch der Sinne ist, nach demer kra,zt, aber er kann dem fatalen Zauber
nicht widerstehen. Da auch seine Gattin mit einem jungen Fürsten
flirtet, so benutzt er den Anlaß, um eine Auseinandersetzung herbei¬
zuführen. Die Liebe ist zu Ende, so soll denn mit diesem Kapitel
abgeschlossen sein. Da er aber die Gattin künstlerisch nicht entbehren
kann, st sollen sie beisammen bleiben, als Freunde und Kunstgefährten,
gute Kameraden — es ist ja auch ein Kind da, das allein genügt,
um ein jahes Abreißen aller Beziehungen zu hindern. Die Frau,
die den Gatten liebt, ist zu stolz, um auf ihren vollen Rechten zu
bestehen. In schmerzlicher Bewegung erhärt sie sich mit allem ein¬
verstanden.
Aber der neue Roman des Mannes wührt nicht lange. Er ist nur
ein Sommernachtstraum, und an einem trüben Herbsttage ###artet
der Gatte im alten Heim mit den allen zärtlichen Gefühlen die
Gattin, die von einem sehr eifolgreichen Gastspiel in Berlin zurück¬
kehrt. Seine Liebe wird zur Leidenschaft entfacht, da er erfährt, daß
seine Frau viel #n worben ist, daß ihr kleiner Fürst sie heiralen
möchte, und daß chr Blut beim Auslick eines gewissen Opernsängers
in Wallung geriet. Er reißt die Frau mieder an sich— aber nürfür
kurze Stunden eines Wonnerausches. Sie ist eine andere geworden in
der herben Zeit der Prüfung, da ihr Gatte in den Armen einer anderen
lag. Wünsche und Begierden, die sie nie gekannt, sind in ihr er¬
wacht. Sie könnte wohl mit einer banalen Verzeihung das alte
Glück wieder anzuspinnen suchen. Aber sie wurde nicht bloß in einer
zarten, heiligen Empfindung schwer gekränkt. Sie fühlt sich auch außer¬
stande, die alte Rolle als getreue, gefügige Ehefrau voll Lieb' und
Güte wieder aufzunehmen. Und vor dem heißen Werben des
Mannes legt sie ein aufrichtiges Geständnis ihrer Wandlung ab.
1Nach der flüchtigen Trennung muß der Abschied kommen. Sie will
ins Engagement nach Berlin gehen. Er soll seine Konzerktournee
machen, die ein Jahr umfassen wird. Die Betenerungen!
neuer Liebe haben keine Wirkung, auch die Eifersucht des Gatten, der
den Fürsten herausfordern will, vermag den Sinn der Frau nicht
zu ändern. Vielleicht kommt einmal — das Wunderbare. Aber bis
dahin — ade! Der Mann begreift nur mit Mühe, fügt sich aber
schließlich ingrimmig dem Gebot. Er geht von dannen, nachdem er
auf das Klavier eine seiner Kompositionen gelegt, ein Zwischenspiel,
Capriccio doloroso. Die Frau blickt ihm nach und beweint mit
einer heißen Träue das zertrümmerte Eheglück
+ Ueber die Aufführung von Schnitzlers „Zwischenspiel“
im Burgtheater berichtet ein Telegramm unseres Korrespondenten:
Die Erstaufführung von Schnitzlers „Zwischenspiel“
versammelte im Burgtheater ein glänzendes Publikum. Die Zuhörer¬
schaft stand schon in den ersten Szenen im Banne des Dichters, folgte
der dramatischen Studie mit Interesse und spendete nach dem ersten
Akte lebhaften, nach dem zweiten stürmischen Beifall. Nach diesem
Akte mußtg Schnitzler sechsmal erscheinen. Die schließliche Lösung