II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 90

20. Zwischenspiel box 25/1
#eren Ruchforschungen wurden gestern drei
Men
einen Typus von österreichischer Hochadeligkeit. Man hörte im
gegen das Machtgebot ihrer Instinkte anzukämpfen. Naturnothwendig
Publikum Namen nennen. Den Räsonneur spielte Herr Treßler,
treibt Falk den schwächeren Nebenbuhler Mikita in den Selbstmord.
ein stets Verläßlicher.
Dieser rächt sich aber in voraus an dem Glücklicheren, indem er
Der Räsonneur, der seines Zeichens dramatischer Dichter ist,
seine eigene Braut, Falk's zukünftige Frau, verführt. Isa (so heißt
sagt einmal über sein dramaturgisches Verfahren, sehr geistreich:
sie) kann sich ihm, durch ihr Schuldbewußtsein entkräftet, nicht
„Ich lasse den Vorhang aufgehen, wenn es anfängt interessant zu
versagen.
werden, und lasse ihn fallen in dem Augenblick, wo ich Recht behalten
Im zweiten Bande „Unterwegs“ ist Falk schon zu willensschwach, um,
habe.“ Schnitzler hat diese Methode nicht ganz befolgt und das ist der
wie er es selbst sehr gut weiß, rein thierisches Verlangen nach Marit
Fehler seines Stückes.
zu bemeistern. Auf das grade aus dem Kloster gekommene, naive
Spießbürgermädchen verfehlt seine Perversität und sein überlegener
Stanislaw Przybyßewski: Homo sapiens.
Geist nicht die Wirkung. Er isolirt sie systematisch von allen ihren
Diese bei uns bis jetzt wenig bekannt Novellentrilogie ist ein
bisherigen Ueberzeugungen, in denen sie Schutz vor ihm finden
kostbares Juwel in der reichen Schatzkammer der russischen Literatur.
könnte. Er macht ihr ihren Glauben unmöglich, und die Gesellschaft
Sein Held Erik Falk vereinigt in seiner Person inen hysterischen Kain
und Moral, in denen sie wurzelt, lächerlich. Mit unwillkürlichem
und einen modernen Faust. Die von allen Insektionsstoffen durch
Raffinement vereinigt er alle Fäden ihres Seelenlebens in seiner
und durch getränkte russische Gesellschaft verlangt immer krankhaft
Hand, um sie alle mit einem Rucke zerreißen zu können. Bei alldem
minutiösere Darstellungen überreizter Gemüthszustände. Und darin ist
verliert Erik Falk keine Minute das Bewußtsein, daß er auch in seine
Przybyßewski der würdige Schüler des dämonischen Dostojewskij.
Frau verliebt sei, und zwar in einer viel edleren, seelenvolleren Art. Mit
Ganz eindruckslos wird sein Werk an Niemandem vorbeirauschen,
gespannter Neugierde beobachtet er an sich diesen eigenartigen Fall
nicht einmal an dem von Sensationen übersättigtesten Menschen,
der Doppelliebe. Er verheimlicht seine Ehe vor Marit, belügt sie
wenn er einen kleinen Funken künstlerischen oder psychologischen Ver¬
schamlos, oft überflüssiger Weise. Wie er selbst sich sagt, „er habe
ständnisses in sich hat. Dieses Werk vergräbt man entweder entsetzt in
so viele Pläne geschmiedet, wie er sie erobern könnte, so viele Worte
den entlegensten Winkel der Bibliothek, oder es wird Einem zur
sich selber vorgesprochen, so viele Gefühle erdichtet und erlogen, daß er
Bibel, d. h. täglichen, unentbehrlichen Lektüre. Es enthält die Aesthetik
selbst nicht mehr unterscheiden könne, was echt daran — und was ihm,
des Häßlichen, die Poesie des Widerwärtigen.
ja wie sollte er es nennen — künstliches Wachsthum war“. Endlich
Es besteht aus drei von einander ganz unabhängigen Novellen,
erliegt sie ihm, ist aber zu sehr mit ihrer Gesellschaftsschichte ver¬
die nicht einmal der Reihenfolge nach erschienen sind. Zusammen
wachsen, um das zu überleben, und ertränkt sich. Falk verfällt in ein
bilden die drei Bändchen die mit erschütternder Meisterschaft analy¬
Nervenfieber. Als ec zu sich kommt, sitzt seine Frau vor dem Bett und
sirte Krankheitsgeschichte Falk's, des begabten jungen Schriftstellers.
schläft. „Er war gar nicht erstannt. Er sank in die Kissen zurück und
Er beobachtet an sich mit wahnwitziger Genauigkeit, wie sich aus dem
schloß die Augen. Nun war Alles gut. Marit war wohl todt. Er
schlief wieder ein.“
übersensiblen Nervenzustand des modernen Künstlers ein pathologischer
Fall entwickelt. Er gibt sich von jeder Phase der Krankheit peinlich
Seine quälenden Gewissensbisse betäubt er mit einer festen
ausführlich Rechenschaft. Wir leben uns in sein komplizirtes Innen¬
Idee. „Ich bin Natur und zerstöre und gebe Leben. Ich schreite über
leben hinein und grübeln gleichsam aus ihm heraus. Subtile Verfalls¬
tausend Leichen, weil ich muß! Und ich zeuge Leben über Leben, weil
merkmale, die nur dem scharfsinnigsten Selbstbeobachter zum Bewußt¬
ich muß.“ „Weil ich ein Nicht=Ich bin, ein Uebermensch. Braucht man
sein kommen können, werden vor uns sezirt; kränklich künstlerische
sich darum zu quälen?“ Die gewitterschwüle, entnervende Stimmung
Nervenekstasen werden mikroskopisch untersucht. Unerreichbar ist
charakterisirt er: „Es war zwischen ihnen eine Atmosphäre, die zu
Przybyßewski, wenn er mit knappen grandiosen Worten
leben schien.“ „Nun waren sie wirklich allein in der Welt. Der Regen,
die Blitze umzitterten sie.“
die abstraktesten Stimmungen in plastische Formen zwängt.
Zum Beispiel: „Ihn überkam ein Gefühl, als hätte er eine
Der dritte Band „Im Malstrom“ ermangelt schon beinahe
große glatte Spiegelfläche um sich,“ „Schleier in den Augen. Ein
der Handlung. Eigentlich besteht er aus lose aneinandergeknüpften
Schimmer wie von einem intensiven Lichte, das sich erst durch
pathologischen Szenen. Die flüchtige Drohung Czersky's, daß er
schwere Nebel Bahn brechen mußte“, „Er sprach absichtlich mit einer
Falk's Verhältniß mit Sannina seiner Frau entdeckt, raubt dem
Nuance von Unwillkürlichkeit", „Er war ihr schönstes Erlebniß“,
zerrütteten Nervensystem des Schriftstellers den letzten Halt. Ueber
„Jedes Geräusch kroch lähmend durch seine Glieder" u. s. w. Diese
Sannina, mit der er ein Kind hat, macht er sich gar keine
Beispiele sind aufs Gerathewohl von den ersten Seiten der gro߬
Gedanken mehr. Aber wenn es Isa erfährt, geht sie weg von ihm,
artigen deutschen Uebersetzung herausgeschrieben, um eine annähernde
und er kann ohne sie nicht leben. Alle seine Ausschweifungen hat
Idee von Przybyßewski's sprachlicher Gewalt zu geben. Der erste
er ja nur aus rasender, nachträglicher Eisersucht begangen. Weil
Band heißt „Ueber Bord“. Falk und die Braut seines Freundes
sie ein Anderer (Mikita) schon vor ihm besessen hatte. Dieses
Mikita verlieben sich in einander. Vergebens versuchen sie, redlich psychologisch tief begründete Motiv befremdet uns hier. Weil es
dürften. Die nächste
große Herbst=Steeple
zu spät gebracht n
Przybyßewski vergiß
unbedingt vorgesagt
quälte. Da er
Charakterzug als feig
späteten Rechtfertig
berührt nur darum
fein abgetönte Fa#
zerstören muß, finde
sich. Er provozirt zu
Zufall bleibt er aber
Zwangsidee Kunickik
genommen hat, in
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der gedrängten, sich
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Helden zur Verachtun
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