II, Theaterstücke 20, Zwischenspiel. Komödie in drei Akten (Neue Ehe, Das leichte Leben, Cäcilie Adams, „Nicht mehr zu dir zu gehn …“, Adagio), Seite 89

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box 25/1
Zuischensniel
—.— Unt
waten 5to.io Rald
nk=Aktien 780.50, Angloban:
Mann noch immer so viel übrig, daß sie, von einem Berliner Gast¬
ie kommen aus dem Erfahrungs¬
1 Fürsten fordern läßt und sein Freund Albertus ihm sagt, das sei
spiel heimgekehrt, sich von seinem plötzlichen Aufwallen überrumpeln
lächerlich. Einen Mann zu fordern wegen etwas, das man ihm
rs, der seinen Sätzen auch den
und ein letztes Mal erobern läßt. Das ist die schöne Hauptszene am
15.
eigens erlaubt hat. Eher, sagt er, könnte der Fürst den Gatten for¬
zweiten Aktschluß, von Kainz unübertrefflich gespielt. Sie war
der Texidichter des Ehemannes,
dern, weil nicht er diesen, sondern dieser ihn hintergangen habe. Von
auch der Gipfel des Erfolges, mit vielen Hervorrufen des Dichters.
girt, spricht einmal sehr richtig
solchen Bemerkungen wimmelt das Stück, und so manches Wort
Leider geht im dritten Alt die Dialektik ihren künstlich gewundenen
r leben. „Wo Verwicklungen, die
schlug förmlich ein. Neben dem sachlichen Hergang kommt
ar nicht existiren werden, tragisch
Gang. Cäcilie gibt ein förmliches Konzert im Differenziren ihrer
dann aber noch das artistische Moment in Betracht. Der
Empfindungen. Das unvorhergesehene „letzte Abenteuer“ mit ihrem
nständiger Mensch hineingeräth.“
Dichter treibt, in moderner Laune, mit seinem eigenen Ernst ein muth¬
Gatten erscheint ihr nun in ganz bengalischen Beleuchtungen. Sie
ten am besten das neue Werk
williges Spiel. Daher auch eigens „Komödie“, nicht Lustspiel, nicht
glaubt es vor sich selbst nur verantworten zu können, wenn sie nun
Schauspiel. Es wird ein Eheprogramm aufgestellt, wie es zur Zeit der be¬
uelle Frage“ lesen, wo die Fol¬
auf Amadeus verzichtet. Und indem sie gehen will, geht er und sie
kannten „sittlichen Forderungen“ das Ergebniß all der Tendenzmühen
gezogen werden. Forel will den
sein sollte. Und diese Programmehe läßt der Dichter scheitern, an
bleibt in Thränen zurück. Das Publikum hatte diesmal Recht, wenn
Ehe und Ehegesetzgebung aus¬
es dies für keinen Schluß hielt.
ihrer eigenen Ausgeklügeltheit. Seine Satire siegt und zugleich thut
mehr oder weniger Lüge, der
es ihm halbwegs leid, daß sie gesiegt hat. Das Menschliche hat über
Enmal ein bigamisch=polygamisch
Das schlußlose Stück ist nun freilich schon fast ein Geure für
das vorgefaßt Systematische triumphirt, aber zwei Menschen sind
ganzen Rattenkönig jetziger

sich, namentlich in Deutschland. wo Einfälle seltener sind und die
dadurch nicht glücklicher geworden. Diese romantische Tändelstimmung
nen, müßte die „Gruppenehe“
Schlußpointen nicht auf der flachen Hand wachsen. Aber auch in
hat etwas Analoges mit etwa Donnay's „Les romanesques“. Nür
sei etwas ganz Natür¬

Frankreich kommt es in dem Tendenzstück, z. B. als Dumas für die
ist bei Schnitzler der empfindsame Dichter stärker, als bei dem kalt
frivolen, zuchtlosen Gründen
Ehescheidung kämpfte, selten zu einem befriedigenden, d. h. positiven
sunkelnden Franzosen. Das ganze Gemengsel ist, wie man sieht, für
Fall auf das jeweilig vorhandene
Abschluß. Ebenso wenig als bei Ibsen in seinen Fragezeichenstücken.
ein großes Publikum nicht so leicht zu fassen, als das Moussirende
Esthelische oder sonstige Bedürfniß
Da werden Probleme erörtert, die vielleicht in hundert Jahren lösbar
1 der Art und Weise voraussetzen ließe. In der That dürften die meisten
kein Viereck würde oder gar ins
sein werden. Der Dichter müßte ein Prophet sein, um schon jetzt dar¬
Anwesenden eine Prüfung aus dem „Zwischenspiel“ schlecht genug
n die ernste, also sittliche Grund¬
auf zu verfallen. Oder ein Mohammed, um eine neue Art Ehe zu
bestehen. Die Motivirung bleibt vielfach unklar, trotz derg orientirenden
als eine lügenhafte Monogamie,
erfinden und den Millionen einzutrichtern. Die Kampfstücke können
Lichter, welche die Schauspieler an gewissen Punkten aufsetzen, gleich
oder sonstwie festgelegter Kreuz¬
immer nur die Richtung sehen (daher „Tendenz“, irgendwohin „ten¬
Laternen, die eine schwierige Terrainstufe beleuchten sollen.
Ezt und hat bekanntlich eine große
diren"), nicht aber das Ziel. Sonst könnten ihre Verfasser lieber gleich
auches mittelst Suggestion. Unter
Staatengründer oder Religionsstifter werden, was auch Tantiemen abwirft.
Wenn man Herrn Kainz spielen sah, gab es freilich kein
Untreue. Er empfiehlt, mitunter
Schnitzler eröffnet eine lebhafte Debatte über das Thema der
Mißverstehen. Er bewegt sich im Zwielicht der Gefühle und Anwand.
estion, indem man den Lebens¬
lungen mit einer minutiösen Sichereit, als gäbe es einen Fingersatz
beiderseitigen Unabhängigkeit in der Ehe und die häuslichen Möglich¬
rzügen des unrechtmäßig ersehnten
keiten, die sie etwa gestatten möchte. Sein Räsonneur ist nicht für die
(Zehensatz) auch für die Füße. Er ist den ganzen Abend auf der Bühne
ft, daß es gar nicht undurchführbar
und immer absoluter Herr der Situation. Die besondere Sorte von
1 bedingungslose Mittheilsamkeit der Eheleute. Er hält „Freundschaft“
verweist er auf Goethe's „Wahl¬
Eifersucht, die er darzustellen at, mit ihrem Firniß von weltläufiger
unter Personen verschiedenen Geschlechts sogar für gefährlich. Die
ssische Beispiel dafür findet.
Gleichgiltigkeit und all dem per ohlenen Geflacker unter dieser Kruste,
Streitreden darüber funkeln und blitzen von feinen, wahren oder
ist für ihn ein Fest, eine „Schule der Geläufigkeit“, ein Turnier. Und
amüsanten Sätzen. Auch von seltsam intimen, psychologisch subtilen
edoch ist nicht so belesen und hat
Aeußerungen. Zum Beispiel, wenn der Räsonneur meint, der Künstler
kein todter Punkt den ganzen Abend. Ein perpetuum mobile von
Stunde“ kommt, gestehen sie es
könne alle Abenteuer auch mit seiner eigenen Frau erleben, wenn er
interessantem Existiren, als ob gar Niemand zusähe. Die Damenwelt
cheidung, sondern ein reinliches
war entzückt von der Szene, wo er seine Frau zärtlich überrumpelt.
die Kraft der Illusion besitze, sie mit den Eigenschaften dazu zu
nein, Amadens will nicht einsehen,
Die Leidenschaft, die Begierde fand da halb verhaltene und doch un¬
bekleiden. (S. oben Goethe=Forel.) Darauf antwortet Amadens: ob
ichten und doch so mit einander
widerstehlich andringende Nüancen, wie man sie noch von keinem
man denn das Recht habe, einem Wesen, das Einem werth ist, eine
kihres häuslichen Behagens, ihrer
solche Rolle zuzumuthen? Das ist von einer sublimirten Noblesse, wie
Schauspieler gehört hat. Vielleicht von der Duse. Frl. Witt
den Kunst und ihres Söhnleins.
spielte die Cäcilie. Sie sah sehr gut aus und spielte
man sie heutzutage hat, wo der Witz Alles schärft, sogar die Nüancen
r, es ließen sich sofort Fälle an¬
I des Gefühls. Wir haben ein reich facellirtes Gewissen und ein somnam¬
sehr gewandt, hie und da auch mit einer Nüance, wie
ufen ist. Aber Cäcilie genirt sich
büles Ehrgefühl, neben allen den Unumwundenheiten und Skrupel¬
sie nicht gleich Jede hat. Dennoch blieb sie, neben einem
tsie, irgendwie. Sie ist ein Weib
losigkeiten, in denen wir erzogen und zu denen wir trainirt sind.
solchen Intimen, mehr äußerlich. Das Burgtheater hat jetzt keine
noch, auch wenn wir längst ent¬
Dame für eine solche Rolle. Vortrefflich spielte Frau Kallina die
t sie ihren Mann weit mehr,
Sachlich genommen ist das Stück ein Eifersuchtsdrama, mo¬
blos im ersten Akt auftretende Gräfin Friederike, genannt „Philine",
u sehr der Mann seiner Sym¬
derner Observanz. Geführt in den wohlerzogenen Formen von heute,
was schon ihre verführerische Aufgabe kennzeichnet. Die selbstsichere
Cäcilie ist so anständig, daß
mit den mondänen Allüren einer Skepsis, die vorgibt, nicht an un¬
Welidame mit dilettantischen Velleitäten, die grande élégante, die nach
ört hat, obgleich alle Welt,
überwindliche Gefühle zu glauben. Das Ehepaar schwört gleichsam
Beute auslugt, fand in der Künstlerin eine brillante Verkörperung.
lbstverständlich voraussetzt. Ihr
vor dem Altar die Eifersucht ab und stellt einander die eben er¬
Sehr gefallen hat Herr Korff als junger Fürst Sigismund. Der
Khaltend, aber für ihn war langten Rechte freiwillig zur Verfügung. Es ist köstlich, als später,
ängst vorbei. Cöcilie hat für ihren im dritten Akt, der bereits sinnlich aufgewiegelte Amadeus den Künstler machte aus ihm in Maske, Haltung, Geberde, Sprechweise